Europäischer Tag gegen die Todesstrafe

"Wenn der Staat tötet …"

Warum der Glaube an die Todesstrafe weltweit noch immer lebendig ist – und der Kampf dagegen nötiger denn je ist. Ein Plädoyer zum heutigen "Europäische Tag gegen die Todesstrafe".

Hinrichtungen sind immer grausam, ganz gleich, wie ein Verurteilter stirbt. Trotzdem werden im 21. Jahrhundert noch immer Menschen gehängt, erschossen, enthauptet, in den Tod gespritzt. Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurden 2018 mindestens 690 Menschen in 20 Ländern hingerichtet, 2.531 neue Todesurteile in 54 Ländern gefällt. Iran, Saudi-Arabien, Vietnam und der Irak sind zusammen verantwortlich für 78 Prozent der dokumentierten Exekutionen. Daneben schätzt Amnesty International, dass in China wieder Tausende hingerichtet wurden, mehr als im Rest der Welt zusammen.

Immerhin: Zwei Drittel aller Staaten haben die Todesstrafe entweder per Gesetz abgeschafft oder verhängen sie in der Praxis nicht mehr. Der Rückgang der weltweit dokumentierten Hinrichtungen gibt die Richtung vor: 142 Staaten wenden die Todesstrafe heute nicht mehr an, 1987 waren es nur 69 – das ist eine wichtige Entwicklung zu einer Welt ohne Hinrichtungen.

Tatsache aber ist: Die Todesstrafe ist willkürlich, unwirksam, anachronistisch und menschenverachtend. Drei zentrale Argumente, die für deren Abschaffung sprechen: Erstens: Die Hinrichtung ist es eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Form der Bestrafung. Zweitens: Die Wirksamkeit der Abschreckung ist nicht nachgewiesen. Und Drittens: Die Todesstrafe wird von fehlbaren Menschen verhängt, unschuldige Menschen werden hingerichtet.

Fazit: Eine deutliche Mehrheit aller Staaten verzichtet auf die Anwendung der Todesstrafe – das ist ein Sieg der Humanität. Gleichwohl ist der entscheidende Durchbruch auf dem Weg zur weltweiten Ächtung und Abschaffung der Todesstrafe noch nicht gelungen. Über 19.000 Menschen befinden sich derzeit weltweit in Todeszellen und warten auf ihre Exekution.

Es braucht einen langen Atem auf dem Weg von der Kultur der Vergeltung hin zu einer rationalen und humanen Strafrechtspraxis. Der "Europäische Tag gegen die Todesstrafe", der jährlich am 10. Oktober stattfindet, will daran erinnern.

Der Autor ist Verfasser des Buches "Wenn der Staat tötet. Eine Geschichte der Todesstrafe".