Homöopathie und Horoskope – Unsinn zum Quadrat

Die Zeitschrift Brigitte hat in einem Artikel die "beste Homöopathie für euer Sternzeichen" vorgestellt. Warum das in gleich mehrerlei Hinsicht zum Haare raufen ist, erläutert Constantin Huber in einer kritischen Betrachtung der dort aufgeworfenen Thesen. Auch die allgemeine Handhabung von Homöopathie in Deutschland wird im Vergleich zu den USA und Russland beleuchtet und eine Empfehlung an die Redaktionen von Zeitschriften und die Bundespolitik ausgesprochen.

Für Skeptiker*innen und Wissenschaftler*innen wohl ein alter Hut, doch für alle anderen sei Ockhams Rasiermesser, auch Sparsamkeitsprinzip genannt, noch einmal erläutert: Hinter dem Begriff steht kurz gesagt die Ansicht, dass es sinnvoll ist, für die Erklärung eines Phänomens oder Umstands so wenig Annahmen wie möglich aufzustellen und die einfachste Theorie allen anderen vorzuziehen ist. Dies wird insbesondere deshalb als notwendig angesehen, da jede zusätzliche Variable oder Hypothese nur unnötig zu Fehlern führen kann.

Dieses in der Wissenschaftstheorie geläufige Prinzip wird von Verschwörungstheoretikern und Esoterikern regelmäßig missachtet. In einem Artikel von Brigitte aus dem Jahr 2018 sogar in erstaunlicher Art und Weise: dort wird nämlich nicht lediglich die Scheinbehandlungsmethode Homöopathie als wirksam angepriesen, sondern für diese wird auch noch eine besondere Effizienz heraufbeschworen, wenn sie als vom Sternzeichen abhängig betrachtet wird. Soll heißen: ein Mensch, der etwa vom 21. März bis 20. April geboren, also ein sogenannter "Widder" ist, bei dem wirkt angeblich ein homöopathisches Präparat mit Beladonna (Tollkirsche) bei Fieber und Erkältung besser als bei anderen. Wer zwischen dem 21. Januar und 19. Februar geboren, also ein sogenannter "Wassermann" ist, dem wird die Substanz "Tuberculinum Bovinum" in homöopathischer Dosis empfohlen.

Dass es sich bei der ursprünglichen Substanz um organische Materie handelt, die von Tuberkulose befallen ist – wie etwa die Lymphknoten eines notgeschlachteten Rindes – wird im Artikel seltsamerweise unterschlagen. Eines der für den Menschen giftigsten Elemente, nämlich Arsen, hilft in homöopathischer Form angeblich besonders den "Steinböcken", also allen Menschen, die im Zeitraum vom 22. Dezember bis zum 20. Januar geboren sind. Und so geht es munter weiter mit den Empfehlungen – immer in homöopathischer Form: Phosphor bei "Schützen", Buschmeisterschlange bei "Skorpionen", Quecksilber bei "Zwillingen" und so fort.

Es wird also im Grunde Esoterik mit Esoterik vermischt. Dabei werden so viele zusätzliche und unnötige Annahmen als wahr vorausgesetzt, dass einem Laien womöglich nicht auf Anhieb klar ist, weshalb und an welcher Stelle besagter Artikel die Leser*innen hinters Licht führt. Um das zu erklären, ist es sinnvoll, die beiden Bereiche, die wissenschaftlich gerechtfertigterweise als widerlegt angesehen werden können, zunächst getrennt voneinander zu betrachten.

Zunächst zur Homöopathie

Diese kann gar nicht wirken, da die beiden postulierten, vermeintlichen Wirkmechanismen im Widerspruch zu so ziemlich allem stehen, was wir diesbezüglich mittlerweile durch die Physik, Chemie, Biologie und Medizin wissen. Nun ist es zwar prinzipiell möglich, dass bestimmte Theorien und Grundannahmen in den besagten Wissenschaftsdisziplinen aufgrund neuer Erkenntnisse ersetzt oder modifiziert werden, doch im Falle der Homöopathie müssten so große Abschnitte in den Lehrbüchern neu geschrieben werden, dass dieses Unterfangen äußerst unwahrscheinlich erscheint – insbesondere im Hinblick auf die Studienlage. Diese zeigt sehr eindeutig, dass die Homöopathie nicht über dem Placeboeffekt hinaus wirkt.

Die beiden Mechanismen sind die folgenden: Zum einen ist das die Annahme, dass Gleiches mit Gleichem geheilt werden könne. Gemeint ist nach diesem sogenannten "Simile-Prinzip", dass Krankheiten durch Stoffe geheilt werden könnten, wenn diese bei einem gesunden Menschen die gleichen Symptome wie die der Krankheit hervorrufen. Zum anderen ist das die Annahme, dass sich die Wirksamkeit durch Verdünnen (das sogenannte "Potenzieren") erhöhen würde. Beide Mechanismen konnten seit ihrer Erfindung wissenschaftlich nicht bestätigt werden.

Im Gegenteil: Jede Meta-Studie zum Thema belegt, dass am Grundsatz "nichts drin, nichts dran" festgehalten werden kann. Auch die von Homöopathie-Befürwortern gerne hochgehaltenen Phrase "wer heilt, hat recht" kann bleiben. Denn ausschließlich die (nachweislich) wirksame Medizin heilt Menschen. Pseudomedizin wie Homöopathie kann hingegen zur Angst vor tatsächlich wirksamer, also evidenzbasierter Medizin verleiten und war noch nie die Ursache einer Genesung.

Eine ähnlich schlechte Beweislage weist die Astrologie auf

Bei dieser wird angenommen, dass Positionen und Konstellationen von bestimmten Himmelskörpern wie Planeten oder Sternbildern einen Einfluss auf den Menschen hätten. Über ein sogenanntes Horoskop wird von einigen Esoterikern in unseren Breitengraden ein Zusammenhang zwischen den Charaktereigenschaften eines Menschen und der Position von besagten Himmelskörpern bei der Geburt hergestellt. Außerdem sollen Tierkreiszeichen und die Winkel zwischen den Himmelskörpern eine Rolle spielen. Dass sich keine einzige der verschiedenen Lehren (zum Beispiel unterschiedliche, herangezogene Planeten) innerhalb dieser esoterischen Denkweise als wissenschaftlich korrekt herausgestellt hat, dürfte nicht weiter verwunderlich sein.

Umso erstaunlicher ist allerdings die Tatsache, dass eine Zeitschrift, und sei es auch nur ein Boulevardblatt, allen Ernstes behauptet, dass Homöopathie nicht nur wirksam, sondern auch noch auf menschliche Eigenschaften zurückzuführen sei, welche wiederum über den Tag der Geburt festgelegt wären. Dabei wäre Einsicht und breitere Aufklärung – und ja: die ist bis zu einem gewissen Grade auch in solchen Zeitschriften möglich – so dringend notwendig. Dass es dafür aktuell jedoch wenig Anreize gibt, ist eine traurige Tatsache.

"Hört bitte auf, esoterischen Quacksalbern unnötigerweise ein Forum zu liefern"

So ist die Homöopathie doch ein Millionengeschäft und wird sogar von hoher politischer Stelle aus hofiert. Und solange selbst Krankenkassen ihr Prinzip der Solidargemeinschaft ad absurdum führen, indem homöopathische Behandlungen finanziert werden, ist keine Besserung in Sicht. Dabei machen andere Länder bereits seit Jahren vor, wie eigentlich mit Pseudomedizin wie der Homöopathie umgegangen werden sollte: In den USA müssen homöopathische Produkte seit Ende 2016 mit einem Warnhinweis versehen werden, wonach es sich dabei um Präparate handelt, deren Wirksamkeit nicht belegt ist.

Auch die Russische Akademie der Wissenschaften hat die Homöopathie 2017 offiziell als Pseudowissenschaft eingestuft. Sinnvoll wäre es, wenn dies auch hierzulande breiteren Konsens erführe und die Sonderstellung der Homöopathie im Arzneimittelgesetz aufgehoben würde, nach derer die Homöopathie als einziges Mittel bislang keine Wirksamkeit nachweisen muss, bevor es an Patienten herausgegeben werden kann.

Der Täuschung von Patienten sowie der Täuschung von Arzt und Patient gleichzeitig – denn ja, es gibt Ärzte, die der Ansicht sind, Homöopathie könne wirksam sein – kann auch dadurch vorgebeugt werden, wenn weniger Zeitschriften esoterische Quacksalberei verbreiteten. Das Beispiel Brigitte mag zwar herausragend sein, doch auch weitere Magazine, auch die seriösen, bekleckern sich oftmals nicht gerade mit Ruhm, wenn es um evidenzbasierte Medizin geht.

Dabei wäre guter Rat für die Allgemeinheit im Prinzip so einfach: "Wenn ihr wirklich krank seid, dann geht zu einem Fachmann/-frau, der/die wirksame Medizin benutzt und werft euer Geld nicht den Scharlatanen in den Rachen". Und um des Verstandes Willen an die Redaktionen von Zeitschriften gerichtet: "Hört bitte auf, esoterischen Quacksalbern unnötigerweise ein Forum zu liefern".

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