Kontaktlose Weihwasserspender

Weihwasser mag in Fantasyfilmen gegen Dämonen wirken, in der Realität ist es hingegen sogar gegen Viren machtlos. Mehr noch: Weihwasserbecken sind richtige Keimschleudern. Damit Gläubige in Coronazeiten ohne erhöhtes Infektionsrisiko an das geweihte Nass kommen können, sind inzwischen bereits mehrere kontaktlose und kontaktarme Weihwasserspender-Modelle im Handel erhältlich.

Als die Corona-Pandemie im Frühjahr in Europa Fahrt aufnahm, war es eine der ersten Maßnahmen vieler christlicher Kirchen, ihre Weihwasserbecken zu leeren. Dass der stets etwas muffig riechende Inhalt dieser Becken eine perfekte Keimschleuder darstellt, da viele Menschen hintereinander ihre Hände in das geweihte Nass eintunken, ist bereits seit Längerem bekannt. Eine Studie der Hochschule Furtwangen im Jahr 2017 ergab zwischen 1.500 und 21.000 Keimen pro Milliliter Weihwasser. Trotzdem bedurfte es erst des neuen Coronavirus, damit die Weihwasserbecken trockengelegt wurden, um Kirchenbesucher vor einer Infektion zu schützen.

Dass es sich bei dieser epidemiologisch sinnvollen Maßnahme gleichzeitig um eine Bankrotterklärung des Glaubens handelt, wurde von Außenstehenden vielfach amüsiert festgestellt. Geht es bei der Benetzung mit dem durch magische Sprüche geweihten Wasser doch eigentlich darum, den göttlichen Segen nicht nur mit Worten, sondern auch körperlich auf den Gläubigen zu übertragen. Ein göttlicher Segen, der nicht einmal gegen winzige Viren ankommt, dürfte jedoch auch anderweitig wenig Schutzkraft haben.

Doch religiöses Denken wäre kein solches, wenn es ihm nicht gelingen würde, Widersprüche der Vernunft auszuhalten. So führte das Weihwasser-Paradoxon auch weniger zu einer intensiven Auseinandersetzung mit den Unsinnigkeiten des eigenen Glaubens als zu einer verschärften Suche nach Möglichkeiten, Weihwasser keimfrei an den Kirchgänger zu bringen.

Inzwischen gibt es im Handel tatsächlich verschiedene Angebote für kontaktlose oder kontaktarme Weihwasserspender. Die meisten von ihnen sind Desinfektionsmittelspendern nachempfunden, die im klinischen Bereich genutzt werden. Einige Kirchen wurden beim Umfunktionieren von Desinfektionsmittelspendern selbst kreativ, wie die Wallfahrtskirche Birnau am Bodensee. Sie schaffte es mit ihrem per Ellenbogen zu betätigenden Weihwasserspender jüngst in die Medien.

Dabei hätte man am Bodensee überhaupt nicht selbst basteln müssen, denn Händler für Kirchenbedarf haben Weihwasserspender-Säulen bereits in ihr reguläres Programm aufgenommen. Die Firma Infratronic hat sogar einen berührungslosen Weihwasserspender – wahlweise für 500-ml- oder 1000-ml-Flaschen – im Angebot. Per Sensor ermittelt das Gerät, ob eine segnungswillige Hand in Reichweite ist, und spritzt sodann jedem Anwender berührungslos 0,7 ml Weihwasser in die Handinnenfläche.  

Das Nonplusultra unter den kontaktlosen Weihwasserspendern hat derzeit aber wohl der Oberpfälzer Start-up-Gründer Tobias Sturm auf den Markt gebracht. Eigentlich verkauft er mit seiner Firma Foottec Soßenspender für die Gastronomie. Auf der technischen Grundlage seiner Soßenspender hat er nun einen kontaktlosen Weihwasserspender für Kirchen entwickelt. Die Bedienung erfolgt über einen Fußschalter. Der Hit bei Sturms Produkt: Auf Wunsch kann in den Weihwasserspender auch ein Opferstock integriert werden.


Nach Veröffentlichung des Textes erreichte uns eine Mitteilung der Firma Infratronic. Falls einige unserer Leserinnen oder Leser den Erwerb eines Weihwasserspenders in Erwägung ziehen, sollten sie folgenden Hinweis der Firma berücksichtigen:

"Allerdings ist uns auch aufgefallen, dass der 'schlechtere Weihwasserspender' als Nonplusultra angeboten wird. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine kontaktlose Funktion, da der Spender über einen Fußhebel betätigt werden muss.

Unser System wird normalerweise als Desinfektionsmittelspender in Krankenhäusern eingesetzt. Diese erfüllen Richtlinien des Robert-Koch-Instituts sowie die Anforderungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention.

Der 'schlechtere Weihwasserspender' kann uns daher nicht das 'Weihwasser' reichen."


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