Nur eine Minderheit lehnt in der Corona-Pandemie die Eindämmungsmaßnahmen ab. Viele betrachten das Verhalten dieser Minderheit als egoistisch und antisozial. Dass es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen antisozialer Persönlichkeitsstruktur und der Ablehnung von Corona-Schutzmaßnahmen gibt, bestätigt eine brasilianische Studie.
Die Zahl der Corona-Infektionen steigt weltweit erneut rasant an. Aktuelle Statistiken zeigen, dass sich Europa, aber auch andere Regionen wie beispielsweise Nordamerika mitten in der zweiten Pandemiewelle befinden, deren Ausmaße wesentlich größer zu werden drohen als jene der ersten Welle im Frühjahr. Eindämmungsmaßnahmen sind deshalb dringend notwendig. Ebenso notwendig ist, dass die Bevölkerung aktiv an diesen Maßnahmen mitwirkt. Für einen Großteil der Bevölkerung trifft das zu. Die überwältigende Mehrheit hält die von der Politik verhängten Maßnahmen für sinnvoll und hält sich auch im eigenen Alltag ans Maskentragen, an Hygieneregeln und Abstandsgebot sowie die Reduktion von Sozialkontakten.
Doch trotz steigender Coronazahlen, nicht unbeträchtlichem Sterberisiko vor allem – aber nicht nur – für Risikopatienten sowie den inzwischen bekannten Langzeitschäden durch eine Covid-19-Erkrankung, gibt es noch immer einen kleinen Prozentsatz von Menschen, der sich den Anti-Corona-Maßnahmen beharrlich widersetzt. Sie weigern sich zum Beispiel, Masken zu tragen, oder bestehen auf ihr Recht, ungehindert Party machen zu dürfen. Wer diese Menschen für egoistisch und antisozial hält, bekommt für seine Einschätzung Rückendeckung aus der Wissenschaft.
Eine brasilianische Studie von Forschern der Universitäten von Londrina und São Francisco untersuchte die Verbindung von antisozialen Persönlichkeitsmerkmalen und der Einhaltung der Eindämmungsmaßnahmen gegen das Coronavirus. Über 15 Wochen wurden zwischen März und Juni 2020 insgesamt 1.578 brasilianische Erwachsene im Alter von 18 bis 73 Jahren von den Forschern befragt. Sie wurden gebeten, Fragen zu beantworten, aus denen die Psychologen die Persönlichkeitsprofile der Teilnehmenden ermittelten. Gleichzeitig baten die Forscher um Beantwortung von Fragen bezüglich der persönlichen Haltung der Teilnehmenden zur Corona-Pandemie und den mit ihr einhergehenden Eindämmungsmaßnahmen.
Die Forscher ermittelten bei ihrer Befragung einerseits Teilnehmende mit eher antisozialem Profil, das höhere Werte für Gefühllosigkeit, Betrug, Feindseligkeit, Impulsivität, Verantwortungslosigkeit, Manipulierbarkeit und Risikobereitschaft sowie niedrigere Werte für affektive Resonanz aufweist, sowie andererseits Teilnehmende mit eher empathischem Profil, das sich durch höhere Werte für affektive Resonanz auszeichnet und durch niedrigere für Merkmale, die typisch sind für antisoziale Persönlichkeitsstörungen.
Das Ergebnis: Antisoziale Merkmale, insbesondere ein niedrigeres Maß an Empathie und ein höheres Maß bei den Werten für Gefühllosigkeit, Täuschung und Risikobereitschaft, standen in direktem Zusammenhang mit einer geringeren Einhaltung der Eindämmungsmaßnahmen.
Interessant an der Studie ist ferner, dass 76 Prozent der Befragten, nämlich 1.202 von 1.578, sämtliche Anti-Corona-Maßnahmen für sinnvoll hielten und nur weniger als zwei Prozent der Befragten (29) alle Eindämmungsmaßnahmen ablehnten. Die übrigen Befragten lehnten diese jeweils unterschiedlich stark ab. Ähnlich hohe Zustimmungs- beziehungsweise geringe Ablehnungswerte hinsichtlich der Corona-Schutzmaßnahmen zeigten auch Umfragen in Deutschland während der zurückliegenden Monate immer wieder.
16 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich sehe das nach meinen Erfahrungen auch so, gehe sogar noch einen Schritt weiter.
Ich erinnere mich, dass nach Beginn der Pandemie Jugendliche alte Menschen auf der Straße bewusst anhusteten und meinten, sie hätten Corona. Sehr witzig! Man mag dies als (makabren) Scherz abtun, aber es steckt mehr dahinter. Es ist soziale Verantwortungslosigkeit. "Die anderen sind mir scheißegal!"
Ich bin Maskenmuffeln begegnet, Verschwörungsbehauptern und Heilpraktikern, die Maskenpflicht als Zwang zum "neuen Hitlergruß" ansehen. Das sind alles Menschen (aus meiner Sicht), die Schwierigkeiten haben, sich sozial einzufügen, Verantwortung zu übernehmen. Die aber umgekehrt rasch aufbrausen, wenn ich sie an ihre Pflichten während der Pandemie erinnere.
Das ist ähnlich wie bei einer Mutter, die ihre beiden Söhne mit einem fetten SUV (Landrover) zur FFF-Demo fuhr und auf meinen Einwurf bezgl. ihres Autos meinte, sie hätte genug für Umweltschutz getan, jetzt seien mal die anderen dran. Auch mit der konnte ich nicht entspannt diskutieren.
Was kann man dagegen tun? Vermutlich wenig, da es solche und solche Menschen gibt. Ich gehe ihnen aus dem Weg. Gerade in Corona-Zeiten...
Pavlovic am Permanenter Link
Die HPD Redakteurin ist nicht auf dem Stand des Wissens. Der weltweit meistzitierte Wissenschaftler, Epidemiologe und Statistiker Prof.
Petra Pausch am Permanenter Link
Meinen Sie tatsächlich, dass sich 99% der Wissenschaftler irren, weil eine winzige Minderheit etwas anderes sagt?
Ja, Wissenschaft ist nicht demokratisch; aber man kann schon davon ausgehen, dass bei einer solchen Deutlichkeit der wissenschaftlichen Aussagen die von Ihnen hier vertretene eher die falsche sein dürfte.
Nora Koch am Permanenter Link
Ich bin erst knapp in der Hälfte des Artikels, aber für diesen Kommentar sollte das reichen:
Werner Helbling am Permanenter Link
Ein sehr grosser Anteil unserer Gesetzesflut wurde uns «geschenkt», weil sich 1 – 2 % der Bevölkerung nicht vernünftig und mit gesundem Menschenverstand in unserer Gesellschaft einfügen, bewegen und verhalten wollen.
Christian Meißner am Permanenter Link
Es hätte mich auch überrascht, wenn die Maßnahmengegner überwiegend empathisch, gefühlvoll, ehrlich und risikoscheu gewesen wären.
Aber solange sie Argumente für ihr Dagegen-Sein vorbringen, höre ich diese mir gerne an. Auch unempathische, gefühllose, unehrliche und risikofreudige Menschen können Recht haben, ganz egal wie allein sie mit ihrer Meinung sind.
Bernd Neves am Permanenter Link
Ganz mieser Trick:
Headline: Maskenverweigerer sind antisozial.
Im Text steht aber nur: Gegner *aller Maßnahmen überhaupt* sind eher antisozial eingestellt.
D.h., wer zwar grundsätzlich Maßnahmen zum Infektionsschutz zustimmt, aber einzelne davon bezweifelt (zum Teil mit guten Gründen: es gibt nämlich z.B. keine Evidenz für die Wirksamkeit von community masks, nur die derzeit so beliebten Modellrechnungen), wird automatisch in die antisoziale Ecke gestellt. "Rechtsoffen" allein zieht wohl nicht mehr ausreichend.
Eigenes Weltbild betätigt; zu Gegnern erklärte Menschen diffamiert: Ziel erreicht.
Eine im heutigen Gesinnungsjournalismus leider übliche Argumentationsweise.
Welche Wirkungen die Maskenpflicht besonders auf die im Rahmen des SARS-Cov-2-Infektionsgeschehens unverdächtigen (Schul-)Kinder physisch und psychisch hat, damit sollte sich Frau Wakonigg vielleicht auch beschäftigen - wenn sie ihrerseits die von ihr so sehr geforderte dafür nötige Empathie aufzubringen bereit ist.
Genauso könnte sich Frau Wakonigg mit den für viele Menschen existenzbedrohenden wirtschaftlichen Folgen und den allgemeingesellschaftlichen negativen gesundheitlichen Folgen der Maßnahmen, der antisozialen weiteren Ausformung der Privatisierung des Gesundheitswesens, dem antisozialen Im-Stich-Lassen der Gesundheitsberufe durch die Politik und der durch die verordneten Corona-Maßnahmen verursachten Vereinsamung der Menschen in den Pflegeheimen beschäftigen - bis hin zum einsamen Sterben. Aber auch hier wäre erst einmal die grundsätzliche Bereitschaft gefordert, für die betroffenen Menschen Empathie zu entwickeln. Natürlich müsste man dann über die Wirksamkeit der Maßnahmen hinaus auch vor allem deren Angemessenheit in Frage stellen.
Aber für die hpd-Redaktion steht ja beides schon fest. Es entsteht in der Folge ein Dilemma, dem man sich in gewohnter Weise mit Diffamierung und Schuldzuweisung entzieht.
P.S.: Es wäre interessant festzustellen, wie valide die angeführte Studie überhaupt ist. Ob die psychologische Forschung ihre Reproduzierbarkeitskrise inzwischen überwunden hat?
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Welche Wirkungen die Maskenpflicht besonders auf die im Rahmen des SARS-Cov-2-Infektionsgeschehens unverdächtigen (Schul-)Kinder physisch und psychisch hat, ..."
Ich weiß, es ist grauenhaft, eine Maske zu tragen. Es ist regelrecht Folter. Allein das Gewicht, tonnenschwere Masken aus ätzenden Materialien mit glühenden Temperaturen... Ich übertreibe? Ja, Sie aber auch. Worin sollte denn eine "physische und psychische" Wirkung bestehen/erzeugt werden, wenn ein Schulkind eine Maske trägt?
Auch Ihr Jammern wegen der wirtschaftlichen Folgen richtet sich an den falschen Adressaten. Gerade die, die sich so eingeengt sehen, wenn sie eine Maske tragen, Abstand halten oder - oh Gott! - sich regelmäßig die Hände waschen müssen, und sich DESWEGEN antisozial verhalten, liefern doch einen der wichtigsten Gründe für das weitere Ausbreiten des Virus. Und damit für die Notwendigkeit immer härterer Maßnahmen.
Es ist schon seltsam: Sehr wenige verhalten sich unvernünftig, dann kommen Gesetze, um das zu unterbinden und - schwupps! - beschweren sich gerade die Unvernünftigen über die Gesetze...
Jaheira am Permanenter Link
In Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Island, den Niederlanden und Belgien gibt es keine Gesetze zum Tragen von Masken. Das sind ja bekanntlich die antisozialen Länder, richtig?
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich bin auch der Meinung, man sollte alle Corona-Maßnahmen abschaffen - weltweit. Auch Impfungen sollten künftig unter Strafe stehen. Das hätte einen heilsamen Effekt für die Welt.
Jaheira am Permanenter Link
Sie haben offensichtlich keine Ahnung, wie gefährlich Covid 19 ist. Nicht einmal Drosden würde so einen Unsinn behaupten. Wissen Sie, was der Dunning-Krüger-Effekt ist?
Hans Trutnau am Permanenter Link
So isses wohl; oder kurz asozial.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Nein, antisozial sind diese nicht, aber sie sind die Länder mit den höchsten Infizierten Zahlen.
Jaheira am Permanenter Link
Frankreich, Belgien, Spanien und Italien haben hohe Zahlen, soweit ich weiß. Schweden liegt jetzt im europäischen Durchschnitt, der Rest Nordeuropas ist überdurchschnittlich.
Nico Schmelzle am Permanenter Link
Das ist doch jetzt nicht unbedingt überraschend, oder? Ich vermute, dass sich große Teile der persönlichen politischen Einstellung mit der Persönlichkeit erklären lassen.
Natürlich kann die Persönlichkeit nur einen Teil erklären, da kommen dann z.B. noch persönliche Erfahrungen, persönliche Betroffenheit, Erziehung, die politische Meinung der Vertrauenspersonen und der Medien, die man konsumiert ins Spiel.
Sunder Martin am Permanenter Link
Dazu bitte lesen: Paul Schreyer - Chronik einer geplanten Krise.