Welche Partei soll ich als Konfessionsfreie*r, Säkulare*r, Atheist*in oder Humanist*in wählen?" – Mit dieser Frage konfrontierte der Humanistische Pressedienst 16 Parteien, die zur Wahl des Deutschen Bundestags 2021 antreten. Lesen Sie hier die Antwort der Partei der Humanisten (PdH).
Wir von der Partei der Humanisten wollen einen laizistischen Staat, der unbeeinflusst von religiösen oder sonstigen Weltanschauungen für alle Bürger gleiche Rahmenbedingungen schafft. Dieser muss gegenüber dem Bürger grundsätzlich religiös-weltanschaulich neutral auftreten. Politische Entscheidungen sollen grundsätzlich auf Basis von Fakten getroffen werden, ohne Einfluss von Ideologien und Dogmen. Wir fordern daher die Streichung des Gottesbezugs und anderer religiös begründeter Sonderrechte aus dem Grundgesetz und sonstigen Gesetzen. Wir fordern, die bestehenden Kirchenstaatsverträge zu kündigen und die staatlich organisierte Kirchensteuer abzuschaffen. Im Gesundheitswesen, der Kinderbetreuung, der Schul- und Universitätsbildung ist eine flächendeckende Grundversorgung mit religiös-weltanschaulich neutralen Einrichtungen sicherzustellen. Medienbetreiber sind von der Verpflichtung zur Ausstrahlung religiöser Verkündigungssendungen zu befreien. Bei der Besetzung von Rundfunk- und Ethikräten ist der Anteil religiöser Vertreter zu reduzieren.
Wir fordern außerdem die Abschaffung von Sonderrechten für Kirchen, die es ihnen unter anderem erlauben, in einer Art Paralleljustiz ihre Verbrechen zu vertuschen. Auch das kirchliche Arbeitsrecht ("Dritter Weg"), welches viele Angestellte in sozialen Berufen zur Ausrichtung des Privatlebens nach dem christlichen Glauben zwingt und beispielsweise Streiks oder Betriebsräte verbietet, ist für uns untragbar.
Das Grundrecht auf Glaubensfreiheit findet seine Grenzen da, wo die Grundrechte anderer verletzt werden. Wir sind daher für die Abschaffung religiöser Privilegien, denen andere Grundrechte entgegenstehen. hpd-Lesern dürften religiöse/rituelle Beschneidung Schutzbefohlener, Schächten, das Tanzverbot an den sogenannten stillen Feiertagen und der sogenannte Blasphemie-Paragraf bekannt sein. Gegen all diese Missstände deutscher Rechtsprechung setzen wir uns entschieden ein.
Nicht unerwähnt lassen wollen wir auch die Problematik der Staatsleistungen an die Kirchen: In der auslaufenden Legislaturperiode haben die Oppositionsparteien einen Gesetzesentwurf eingereicht, der den Kirchen ein Ende der Staatsleistungen noch vergolden sollte. Als Entschädigung für die seit über 100 Jahren im Grundgesetz geforderte Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen (2020: 569 Millionen Euro) wollte man den Kirchen zusätzlich über 10 Milliarden Euro anbieten. Ein Vorschlag, der übrigens ohne Anregungen außerparlamentarischer Organisationen entstand, jedoch mit allgemeinem Austausch mit den Kirchen.
Wir fordern, die Staatsleistungen unverzüglich und ohne Abschlagszahlungen einzustellen. Denn weder diese Staatsleistungen noch die staatlich eingetriebenen Kirchensteuern, diverse umfassende Sonderrechte für Kirchen oder der allgegenwärtige Einfluss der Kirchen auf eine Vielzahl von Entscheidungen von nichtreligiösen Organisationen oder den Staat selbst sind mit einer modernen, humanistischen Gesellschaft vereinbar.
(Dominic Ressel, Bundesvorstand, Generalsekretär)
13 Kommentare
Kommentare
H. Lambert am Permanenter Link
Alles nachvollziehbar und vernünftig. Aber nicht viel zu wenig für praktische Politik? Was ist mit Wirtschaft, Außenpoltik, Verkehr, Renten....?
Und ist Ideologiefreiheit überhaupt realisierbar?
W. K. am Permanenter Link
Ob die pdh viele Freunde damit gewinnt, dass sie, bei allen guten Forderungen zu Trennung von Kirche und Staat, auch aus KLIMAGRÜNDEN den Wiedereinstieg in dir Atomkraft fordert, weil ja "unsere AKWs sehr sicher
Ich denke, sie haben den Knall nicht gehört! Empfehle jedem, die Aussagen dieser Partei zu AKWs zu googeln!
ICH WÄHLE SIE NICHT!
Christian Meißner am Permanenter Link
Und wo genau ist jetzt das Argument für Ihre Nicht-Wahlentscheidung?
Aber: "Würde man alle sechs Kernkraftwerke über das Jahr 2022 am Netz lassen, könnte man folgende Braunkohlekraftwerke ersetzen: Neurath, Niederaußem und Schkopau. Darunter sind auch die zwei Braunkohlekraftwerke mit den höchsten Emissionen von 2019.
Insgesamt würde das CO2-Emissionen von schätzungsweise* 55 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen – das entspricht 17 Prozent der energiebedingten Emissionen und rund 6 bis 7 Prozent der deutschlandweiten Emissionen."
https://www.quarks.de/technik/energie/atomkraftwerke-fuer-den-klimaschutz/
Natürlich haben wir das Problem mit dem zusätzlichen Atommüll und der Sicherheit. Aber es muss doch möglich sein, das Für und Wider einer Verlängerung ideologisch unvoreingenommen (!) gegeneinander abzuwägen!
Außerdem: "Ungünstige Witterungsbedingungen haben im ersten Halbjahr 2021 die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland deutlich sinken lassen. Die Kohle (27,1 Prozent) verdrängte die Windkraft (22,1 Prozent) wieder vom ersten Platz unter den eingesetzten Energieträgern, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte."
https://www.tagesspiegel.de/politik/flaute-bei-der-windkraft-laue-lueftchen-machen-kohle-wieder-zur-wichtigsten-stromquelle/27608276.html
Solange die Technologie für effektive Stromspeicher mit großer Kapazität fehlt, haben wir nun mal ein Problem, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht bläst.
Dass darüber hinaus so wenig Geld in die Atomforschung fließt, sehe ich als ein weiteres echtes Problem. In den USA wurde bei der Kernfusion jüngst ein neuer Durchbruch erzielt. Und Thorium-Reaktoren, deren Müll nur ca. 300 Jahre strahlt, könnten eine Lösung darstellen. China baut gerade eine Testanlage. Und Deutschland? Eigentlich müssten alle Parteien von der Linken bis zu CDU/CSU diese Technologie befürworten.
Aber die "German Angst" steht dem wohl mal wieder entgegen.
A.S. am Permanenter Link
Zeigt nicht die Situation in Frankreich, dass der Laizismus dem Problem Religion nicht gerecht wird? Der Laizismus verkennt die Gefährlichkeit von religiöser Indoktrination und Hetze.
N.B. Der Gender-Sekte und der Wokeness-Sekte gehören ebenfalls die öffentlichen Gelder gestrichen.
Christian Meißner am Permanenter Link
"N.B. Der Gender-Sekte und der Wokeness-Sekte gehören ebenfalls die öffentlichen Gelder gestrichen."
Auf welche Organisationen beziehen Sie sich konkret?
Anne Robel am Permanenter Link
Gendern ist Gleichstellung, kein Sektengehabe
A.S. am Permanenter Link
Für die Gleichstellung reicht "Liebe Leser und Leserinnen,...".
Alles was darüber hinaus geht und der Zwang, gendern zu müssen, ist mMn Orwellsche Sprachpolizei.
Ilse Ermen am Permanenter Link
"Der Laizismus verkennt die Gefährlichkeit von religiöser Indoktrination und Hetze." Wie bitte? Seit wann das?
A.S. am Permanenter Link
Der Laizismus hat den Religionsführern und deren "Abteilung für's Grobe", dem Adel, die Waffen weg genommen. Das ist die Trennung von Staat und Kirche. So weit so gut.
Aber mit dem, was Religion ist, wozu Religion dient, wie Religion funktioniert hat sich der Laizismus nicht auseinander gesetzt. Er hat es auch nicht können. Das Konzept des Laizismus ist 200 rund Jahre alt. Die wissenschaftliche Psychologie war damals noch nicht existent.
Weder die Humanisten noch die Laizisten thematisieren, dass im Zuge der religiösen Erziehung den Menschen Weltbilder indoktriniert werden. Die religiösen Weltbilder sind frei von wissenschaftlicher Evidenz. Die religiösen Weltbilder enthalten einen belohnenden und bestrafenden Gott, eine "Wiederauferstehung", Paradies und Hölle. Nichts davon ist wissenschaftlich belegt. Der allmächtige Belohner und Bestrafer, Herr über Leben und Tod, ist der ultimative virtuelle Sklaventreiber.
Letztlich dient Religion der Massenmanipulation.
Kurz: Religion wird uns (den Untertanen, dem Volk) indoktriniert, mit Religion werden wir (die Untertanen, das Volk) manipuliert. Wir werden mit Hilfe indoktrinierter Weltbilder manipuliert, bzw. "programmiert".
Das alles thematisieren Laizismus und Humanismus nicht. Die PdH leider auch nicht.
Michael Fischer am Permanenter Link
Trotz allem landen sie bei mir nach Auswertung des Wahlomaten nur auf Platz 17. Tja.
Ilse Ermen am Permanenter Link
Vertrauen Sie etwa dem Wahlomat? Da kommen z.T. die abstrusesten Sachen raus, wer z.B.
Michael Fischer am Permanenter Link
Was??
Na da würde ich aber mal schleunigst meine Wertmaßstäbe hinterfragen!
Bei mir landet jedenfalls die AfD auf Platz 37 (von 38).
Manfred Polenzky am Permanenter Link
Durch eine Antwort auf meinen Hörerbrief an den Deutschlandfunk erfuhr ich, dass es einen Kirchenstaatsvertrag gibt. Dieser Vertrag schränkt die Grundrechte des Grundgesetzes (u. a.
Literatur zu diesem Problem:
- "70 Jahre Bundesverfassungsgesetz in weltanschaulicher Schieflage" von Gerhard Cermak (ehem. Bayerischer Verfassungsrichter) als Buch im NOMOS-Verlag erschienen
- "Politisch geförderte religiöse Indoktrination" von Peter Hemecker