Was erreicht wurde: Ex-Muslime in Österreich

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Cahit Kaya. Foto: Karl Linek

WIEN. (hpd) Der Zentralrat der Ex-Muslime Österreich wurde beim Humanistischen Pressedienst schon einmal vorgestellt. Das war noch vor der offiziellen Gründung. Inzwischen ist fast ein Jahr vergangen und wir haben noch einmal nachgefragt.

hpd: Die österreichischen Ex-Muslime gibt es nun bereits seit fast einem Jahr. Wir haben Euch seinerzeit im hpd vorgestellt und uns darüber unterhalten, welche Ziele ihr habt. Kannst Du etwas dazu sagen, ob und was ihr seitdem erreicht habt?

Cahit Kaya: Die Pressekonferenz war Ende Februar. Erreicht haben wir seither einen gewissen Bekanntheitsgrad. Anfangs noch fragend angeschaut wenn man davon erzählte ein Ex-Muslim zu sein, sind die Ex-Muslime zumindest unter politisch und religiös interessierten Menschen ein Begriff, auch Behörden wenden sich an uns, wenn sie kritische Standpunkte in Integrationsfragen hören wollen, anstatt das gewohnt Beschönigende.

Wir gehen unseren Weg und wollen in Zukunft breitere Bevölkerungsschichten erreichen. Besonders jene, die sich von Islamverbänden und ihrer Politik nicht vertreten fühlen. Es wenden sich bereits regelmäßig Menschen an uns. Um sich auszutauschen und Ratschläge einzuholen, da wir die selben Probleme durchmachen mussten. Wir bieten eine Plattform und helfen eine Identität zu finden. Raus aus der Anonymität, zu wissen, da sind auch andere die so denken. Und sich offen dazu äußern. Das gibt den Säkularen unter den Muslimen einen Halt.

Wir bauen zudem Brücken zwischen säkularen Migranten und der österreichischen Mehrheitsbevölkerung. Das klappt sehr gut und wird sehr gut angenommen. Dies geschieht meist in kleineren Treffen.

 

hpd: Als eine der wichtigsten Aufgaben nanntest Du im ersten Interview, dass Ihr öffentlich wahrgenommen werden wollt. Ist Euch das gelungen? Und konntet Ihr die geplanten Anlaufstellen einrichten?

C.K.: Unsere Meldestelle bei religiös motivierter Diskriminierung läuft in einer Testphase und wird schon mit Meldungen gefüttert. Auch dazu wird es in Zukunft Konzepte geben, um diese Vorfälle in die Öffentlichkeit zu bringen und das bisherige Schweigen zu brechen, um den Opfern echte Hilfe zukommen zu lassen. Aber auch telefonisch sind wir für Mitglieder und Sympathisanten erreichbar. Wenn Probleme nicht bekannt gemacht, oder offen zurück gehalten werden, kann dafür auch keine Lösung entwickelt werden. Lösungen sind dringender notwendig denn je.

TV-Auftritte und öffentliche Diskussionen werden folgen. Mit dem ORF (Österreichischer Rundfunk) kooperieren wir bereits für eine Sendung die Ende September ausgestrahlt wird. Ein weiteres Projekt stellt eine humanistische Zeitung dar. Diese soll noch diesen Herbst in einer Erstausgabe erscheinen. Wir stellen einen Teil der Redaktion zu Islamfragen und zur Integrationsthematik.

hpd: In Anlehnung zum ersten Interview: Dass Du bei Facebook sehr aktiv bist, weiß ich ja. Habt Ihr inzwischen auch eine Webseite? Oder eine Mailadresse, über die man Euch erreichen kann?

Unsere Webseite findet man unter www.exmuslime.at - Im Kontaktbereich gibt es die Möglichkeit uns über ein Formular zu erreichen. Die Meldestelle ist ebenfalls über diese Webseite erreichbar.

hpd: Was hat Dich persönlich dazu bewogen, Dich für die Ex-Muslime in Österreich zu engagieren. War es Dein Kontakt zu Mina Ahadi oder ergab es sich aus anderen Gründen?

C.K.: Zuerst war der eigene Wunsch etwas verändern zu wollen. Dann die Suche nach einer Möglichkeit. Später erst kam ich zu Mina Ahadi. Ich beobachte ihre Aktivitäten bereits seit 2007, seit der Gründung des Zentralrats der Ex-Muslime in Deutschland. Ich dachte mir, das brauchen wir auch hier. Der Wunsch etwas verändern zu wollen, mit der Chance über die bereits bekannten Strukturen der Ex-Muslime aktiv zu werden, hat mir den Anstoß gegeben.

Mina ist eine beeindruckende Frau. Mit ihr und ihren vielen Helfern werden Probleme angesprochen, die bisher tabuisiert waren, aber doch für Betroffene sehr wichtig sind. Da ihr ganzes Leben (z.B. bei Steinigungen, Zwangsheirat und ähnlichen traditionellen und religiösen Zwängen auch hier bei uns in Europa) davon abhängt, ob ihnen jemand zuhört und auch hilft. Wir sprechen auch massive Menschenrechtsverletzungen in islamischen Ländern an. Islamverbände halten sich hier vornehm zurück. Beanspruchen jedoch das Recht, für alle Muslime zu sprechen. Ein aufgeklärter Mensch hat die Pflicht, solche Themen anzusprechen.

Es ist an der Zeit, die säkularisierten Muslime in ihrer humanistischen Weltanschauungen zu unterstützen. Wir sind Teil dieser Lobby und knüpfen Kontakte zu Entscheidungsträgern und geben diesen Menschen eine Stimme, deponieren die Probleme in den dafür vorgesehenen Behörden und versuchen diese in eine Lösungsfindung einzubinden.

hpd: Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Frank Navissi.