PID-Gesetz: Schritt in die richtige Richtung

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Reichstagsgebäude / Foto: Carsten Frerk

BERLIN. (hpd) Anfang Juli hat der Deutsche Bundestag in dritter Lesung das Gesetz über die begrenzte Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) verabschiedet. Damit ist die politische und gesellschaftliche Diskussion jedoch noch lange nicht beendet. Säkulare Verbände begrüßen das Votum – mit Vorbehalten. Der Präsident der Bundesärztekammer will Restriktionen.

Nach langen Diskussionen im Parlament und in der Öffentlichkeit hat der Deutsche Bundestag am 7. Juli in dritter Lesung die begrenzte Zulassung der Präimplantationsdiagnostik gesetzlich geregelt. Damit hatte der Entwurf die Mehrheit die Mehrheit bekommen, der eine Diagnostik unter strengen Grenzen straffrei belässt.

Sowohl die Giordano-Bruno-Stiftung, die sich mit einem umfangreichen Gutachten ihrer Ethik-Kommission für die Zulassung in erweiterten Grenzen in die Diskussionen eingebracht und sie allen Bundestagsabgeordneten zugeschickt hatte, wie auch der Humanistische Verband begrüßten das Votum als Schritt in die richtige Richtung, Allerdings sehen sie beide, nicht nur in diesen Fragen mit ähnlichen Auffassungen aber unterschiedlichen Schwerpunkten, weiteren Handlungsbedarf.

Der Vorstandsprecher der Stiftung, Dr. Michael Schmidt-Salomon, erklärte dazu: „Es war ein zaghafter Schritt in die richtige Richtung. Nicht mehr und nicht weniger. So erfreulich es ist, dass eine solide Mehrheit von 326 Abgeordneten für den liberalsten der drei eingereichten Gesetzesentwürfe stimmte, die nun beschlossene Begrenzung der PID ist ethisch nicht überzeugend. Denn: Warum sollte man der Mehrheit der Frauen, die eine künstliche Befruchtung vornehmen, das Recht verweigern, die Qualität der Embryonen überprüfen zu lassen, die ihnen eingepflanzt werden?“

Und er mahnte an: „Erledigt ist die Angelegenheit mit der gestrigen Entscheidung nicht. In absehbarer Zeit wird sich der Deutschen Bundestag umfassender mit bioethischen Fragestellungen beschäftigen müssen. Schließlich ist allen Beobachtern klar, dass das deutsche Embryonenschutzgesetz hoffnungslos überaltert ist und einer grundlegenden Überarbeitung bedarf. Spätestens dann werden all die verdrängten Argumente wieder auf den Tisch kommen, die für eine rationalere, humanere und liberalere Gesetzgebung sprechen. Auf Dauer, da bin ich mir sicher, werden die religiösen Denktabus fallen – nicht zuletzt auch auf dem Gebiet der Bioethik.“

PID-Verordnung ist klar auf Bedürfnisse von Eltern auszurichten

Der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) setzte in seiner Bewertung den Schwerpunkt auf umfassender Ausgestaltung der medizinischen, ethischen und psychosozialen Beratung.

Die Entscheidung zeige, dass bei der künftigen Anwendungspraxis der PID die individuellen Interessen und Bedürfnisse von Eltern maßgeblich sein sollen. Diesem klaren Signal muss auch die noch zu beschließende Verordnung zur Anwendung der PID in Deutschland gerecht werden.

Das Gesetz sieht als Voraussetzung für die Bewilligung von Anträgen auf eine Anwendung der PID unter anderem das positive Votum einer interdisziplinär zusammengesetzten Ethikkommission vor. Aus Sicht des HVD muss deshalb in der kommenden Verordnung sichergestellt sein, dass die Rolle und Zusammensetzung der Ethikkommission bei der PID-Regelung nicht zur Hintertür für die Befürworter eines vollständigen Verbots der PID in Deutschland wird. So kann es nicht in Frage kommen, dass die beiden Amtskirchen explizit ihre Repräsentanten in die zu bildende Kommission entsenden dürfen.

Der HVD-Präsident, Prof. Frieder Otto Wolf bekräftigte, dass Kirchenvertreter in diesen Etikkommissionen keinen Platz hätten: „Sowohl die Beschlüsse des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland, jedoch vor allem die Bischöfe der katholischen Kirche haben im Vorfeld der Bundestagsentscheidung deutlich gemacht, wie sie zu einer PID-Zulassung und auch der Frage selbstständiger Entscheidungen mündiger Eltern stehen. Obwohl wir die differenzierten und leidenschaftlichen Plädoyers christlicher Politikerinnen und Politiker für die nun vorläufig beschlossene Regelung wahrgenommen haben und diese im Sinne der Humanität ausdrücklich begrüßen, ist die Befürwortung einer vollständigen Ablehnung der PID die offizielle Position der zwei Kirchen.“

Eine Einbindung von diesen Kirchen entsandter Vertreter in die zu bildende Ethikkommission widerspräche dabei der klaren Richtungsanzeige des Parlamentsbeschlusses. Der HVD weist daraufhin, dass auch der Parlamentsbeschluss nur knapp im Einklang mit den Ansichten der Menschen in Deutschland steht, bei denen es laut einer jüngeren Umfrage der Universität Düsseldorf sogar für eine weitgehende Zulassung der PID hohe Zustimmungswerte gab.

„Für uns ist die Fähigkeit zur Selbstbestimmung ein zentrales Motiv in der Frage, wie sich Menschen entscheiden sollten. Wir sehen daher vor allem die ausführliche und an der Wirklichkeit orientierte Aufklärung und Information betroffener Eltern über tatsächliche Möglichkeiten, Erfolgsaussichten und auch Belastungen einer PID als herausgehobenes Element vor jeder Entscheidung für oder gegen diese Maßnahme“, erklärt Frieder Otto Wolf.

Ärztepräsident Montgomery fordert Begrenzung und Theologen

Der neu gewählte Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Frank Ulrich Montgomery, der auf dem Ärztetag in Kiel bereits das Verbot für Ärzte in der Suizidbegleitung durchgesetzt hatte, vertritt auch in dieser Frage nicht die Interessen der Ratsuchenden Patienten. Nach seiner „persönlichen“ Auffassung hätte er zudem für ein Verbot der PID gestimmt.

Er fordert nicht nur eine enge Begrenzung der Indikationen, sondern auch eine Begrenzung der Präimplantationsdiagnostik in Deutschland auf wenige Zentren.

Er äußerte zudem bemerkenswerte Abweichungen von den einigen Richtlinien zur pränatalen Diagnostik von Krankheiten und Krankheitsdispositionen der Bundesärztekammer (von 2003), die u.a. besagen: „Die menschlichen, ethischen und juristischen Probleme der pränatalen Diagnostik erfordern fachliche Erfahrung und nachgewiesene Kompetenz sowie in der Regel eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Gynäkologen, Humangenetikern, Neonatologen und gegebenenfalls Spezialisten anderer Fachgebiete.“ Montgomery fordert die Besetzung der Ethikkommissionen auch mit Theologen. Bisher gilt Theologie allerdings noch nicht als Fachgebiet der Medizin.

C.F.