Religion in pluraler Gesellschaft

Frage des Moderators an die Referenten mit Bitte um kurze Antwort: Welchen sinnvollen Auftrag können die Religionen in einer zunehmend säkularen und pluralen Gesellschaft haben?

Boos-Niazy: Ich glaube, sie kann Gemeinschaft stiften. Zwischen Gruppen, die vielleicht vorher nicht so viele Berührungen hatten. Wo man feststellen kann, es gibt in dieser Gruppe Prinzipien, die finden sich bei mir auch. Und darüber können sich neue Verbindungen ergeben.

Schmidt-Salomon: Ich habe große Schwierigkeiten, darauf zu antworten. Wenn ich auf diese Frage eine Antwort gewusst hätte, dann hätte ich möglicherweise Theologie studiert. Ich weiß aber eben keine sinnvolle Antwort auf diese Frage. Weil ich denke, sie können sich als Menschen einbringen. Und auch die Institution der Kirche kann sich einbringen. Wir haben alle gemeinsam den Auftrag, eine bessere Welt für alle fühlenden Wesen zu schaffen. Das betrifft Menschen, und das betrifft auch nichtmenschliche Lebewesen.

Wie stark das Religiöse daran ist, da würde ich hoffen, dass sie das vielleicht etwas zurückfahren. Und zwar durchaus auch im Sinne bestimmter religiöser Traditionen. Es gibt in allen Religionen mystische Traditionen, die sich gewissermaßen weigern, über Gott zu sprechen. Die Gott keine Eigenschaften zuweisen. Und wenn sie diese mystischen Traditionen innerhalb der Religion stärker fokussieren würden, - das gibt es im Christentum bei Meister Eckhart, das gibt es im Islam bei den Sufi-Traditionen, das gibt es beim Zen-Buddhismus – wenn sie die stärker fokussieren würden, den Sinn und Geschmack für das Unendliche, dann fände ich das großartig.

Aber wenn sie sich fokussieren auf die Zuschreibung bestimmter Eigenschaften, wenn sie ihren Gott definieren nach bestimmten Kriterien, und bestimmte Gebote aufstellen, aufgrund von heiligen Schriften – dann sehe ich den sinnvollsten Auftrag, den sie dann hätten, sich selbst aufzulösen.

(Gelächter, Beifall)

Krebs: Die Frage nach Gott wach zu halten und daraus das entsprechende Handeln abzuleiten für den Menschen in der jeweiligen Gesellschaft. Ich definiere übrigens Gott nicht selbst, Gott hat sich ja selbst definiert. Insofern muss ich gar nicht große Leistungen erbringen. Aber ich möchte gerne meinen Glauben, den christlichen Glauben, mit der Frage nach Gott auch wach halten, weil ich glaube, dass man mit diesem Glauben leben und auch sterben kann, was ich mit Ihrem nicht kann. Jetzt bin ich ganz brutal. (Stöhnen und Spott bei einigen Teilnehmern.)

Schmidt-Salomon: Es gibt ja viele Menschen weltweit – Hindus, Buddhisten –, die wollen ins Nirwana aufgehen. Da kann ich sagen: Als Naturalist, da gibt’s bei uns „Instant Nirwana“: Keiner muss Angst haben, als Kellerassel wiedergeboren zu werden.

Nachfragen

Wie stellen sie sich die Organisation eines gemischt-weltanschaulichen Krankenhauses vor? (Die Frage war offenbar an Schmidt-Salon gerichtet, der ja gefordert hatte, die konfessionellen Krankenhäuser auch für Beschäftigte anderer Weltanschauungen zu öffnen.)

Krebs: Ich denke mal an ein Krankenhaus. Ein Krankenhaus, in dem Menschen arbeiten, mit der Motivation, anderen Menschen so weit wie möglich in einer Krisensituation – Krankheit ist immer auch Krisensituation – oder sogar Todeserfahrung zu helfen. Und umgekehrt, dass die Patienten wahrnehmen, dass sie sich auch in einem – ich sag das mal jetzt für mich – christlichen Krankenhaus befinden. Was Zuwendung angeht, was Seelsorge angeht, usw. Es wäre für mich eine Horrorvision, das Gesundheitswesen, oder sagen wir jetzt mal Krankenhäuser, dem Markt zu überlassen. Das haben wir ja an anderen Stellen schon erlebt, was passiert, wenn man einen Bereich, ganz egal, sie können auch an die Finanzen denken, wenn man einen Bereich vollkommen dem Markt überlässt. Der Markt ist grausam.

Ich erinnere mich an die Zeit, als ich Kuratoriumsvorsitzender eines Krankenhauses war und ununterbrochen mit der Fragestellung konfrontiert war: Wie kriegen wir eigentlich den Akzent, den wir wollen, in dieses Krankenhaus? Das ging nur über Mitarbeitende. Und das ging nur, indem wir mit den Mitarbeitenden nicht nur darüber sprachen, wie die z.B. Spritzen setzen oder einen Tropf anlegen, sondern dass wir mit ihnen darüber sprachen: Du hast da vor Dir einen Menschen, und der möchte Deine Zuwendung haben, in einer Krisensituation. Und der muss Dich auch erkennen als einen Menschen mit einer klaren Motivation. Die kann sehr unterschiedlich sein. Ohne Frage. Aber das war die Grundfrage: Wie kriegen wir den christlichen Akzent da rein? Damit ganz klar ist: Es geht nicht nur darum, dass da ein Kreuz in der Eingangshalle ist und eine Kerze brennt, sondern es geht nur in der emotionalen Zuwendung zum Menschen. Das wäre für mich maßgeblich für die Zukunft, dass wir das – an den Stellen, wo wir es können, und das wird in Zukunft nicht mehr an so vielen Stellen sein wie jetzt, da bin ich auch von überzeugt, – aber an den Stellen, wo wir es können, dass das klar ist. Das wäre meine Vision.

Schmidt-Salomon: Ich bin nicht der Meinung, dass man das dem Markt überlassen darf, auch nicht zentralistisch-bürokratisch regeln sollte, sondern – wie es auch bei den Finanzmärkten besser wäre – wir brauchen einen vernünftig geregelten Markt, und wir müssen die Regeln gemeinsam aushandeln, nach denen dieser Markt dann geregelt wird. Und natürlich muss es ein Markt sein, auf dem Solidarität und Empathie möglich sind, und wo mehr Zeit für die Menschen beispielsweise im Krankenhaus und in Altenheimen, da ist. Das müssen wir in die Regeln reinschreiben, wir müssen dafür kämpfen, dass es eben nicht herunter-ökonomisiert wird.

Nur würde ich eben dafür plädieren, dass Ihnen klar wird, aus welcher Motivation heraus sie das tun. Und ich denke, die meisten tun das eben deshalb, weil sie empathische Menschen sind, die sich an der Freude anderer mitfreuen und am Leid anderer mitleiden können. Das ist zentral, und das ist menschlich. Und da seien sie doch bitte ehrlich zu sich selber: sie tun das nicht, weil in der Bibel der und dieser Satz steht. Das tun sie nicht. Sie tun es, weil sie Menschen sind. Die sich für andere Menschen interessieren. Die ihnen helfen wollen. Und dafür sollten wir sorgen.

Dieses Gemeinsame, was wir alle teilen, weil wir alle zu dieser Primaten-Art gehören, das sollten wir in den Vordergrund stellen. Und eben nicht diese Vorstellung, das ist ein Christ, das ist ein Atheist, das ist ein Hindu. Deswegen wünschte ich mir, dass sie das zurückfahren. Und das Menschlich-Allzumenschliche in den Vordergrund rücken in ihren sozialen Institutionen. Und dass sie diese öffnen für Menschen aller Art. Es gibt nicht die Alternative: Hier ist die behagliche christliche Nächstenliebe und da drüben ist der kalte Markt. Darum geht es nicht. Seien sie ehrlich zu sich selber: Warum tun sie das? Wenn sie ehrlich sind? Leider können wir nicht alle hier einen Rotwein miteinander trinken, aber ich glaube, bei den meisten würde herauskommen, dass sie das nicht tun, weil sie bestimmte Sätze glauben, sondern wie sie eben vom Leid anderer Menschen und von der Freude anderer Menschen angerührt werden.

(Beifall)

Frau Boos-Niazy: Die Frage ist nur: Reicht das? Was bleibt dann noch übrig von einem hehren Anspruch, mein Verstand sagt mir dies oder das. Abgesehen davon: sie sagen, die Dinge müssen verstandesmäßig für jeden nachvollziehbar sein. Ich möchte wirklich einen Satz sehen, wo die ganze Menschheit sich einig drüber wäre. Ich kann mir nicht vorstellen, dass alle, aber wirklich auch alle Bereiche so geregelt werden können, dass sie es schaffen, dass jeder verstandesmäßig zu den gleichen Ergebnissen kommt. Für die einen zählt das Geld mehr, und da regieren diese Gesetze, da ist das sinnvoll, was am meisten Geld bringt; für andere, die empathisch sind, zählen andere Dinge, aber die Frage ist ja: Was ist in einer Situation, wo es um Leben und Tod geht, noch übrig von meiner Empathie? Ist da nicht am Ende das einzige, was mich zu einer Handlung oder zum Unterlassen einer Handlung bringt, das Wissen, dass ich diese Handlung irgendwann verantworten muss?

Schmidt-Salomon: Das ist interessant, denn man könnte das jetzt nämlich historisch überprüfen. Es war ja so, dass leider die katholische und die evangelische Kirche im Nazi-Regime so mitgemacht haben. (Gemurmel) Schauen sie sich das an: Die Zentrale der Deutschen Freidenker in Berlin wurde am Tag der sogenannten Machtergreifung ersetzt durch das evangelische Institut zur Bekämpfung des Gottlosentums. Schauen sie sich das mal an, wie das gewesen ist. Hier war offensichtlich der Glaube an Gott keine besonders gute Basis, um Widerstand zu leisten im Sinne der Menschlichkeit.

Und wenn sie sich anschauen: Wer hat denn die Menschenrechte vorangebracht? Wer hat denn die Gleichberechtigung von Mann und Frau vorangebracht? Gegen alle Widerstände? Dann werden sie feststellen: Obwohl es nur einen ganz kleinen Prozentsatz von Menschen in der Vergangenheit gab, die Deisten waren, die freigeistig waren und so weiter, ist ihr Prozentanteil in dieser Emanzipationsbewegung unglaublich hoch! Das heißt, dieses Argument scheint nicht so wirklich zuzutreffen, sondern es hat mit ganz anderen, sehr komplexen Faktoren zu tun, warum Menschen in den Widerstand gehen.

Ein Teilnehmer: Herr Schmidt-Salomon, was ich bemerkenswert finde ist: sie definieren unsere christliche Motivation. Sie sind davon überzeugt, dass ich, evangelischer Christ, Nächstenliebe nicht tue, weil ich einen Satz glaube, der in der Bibel steht, sondern aus menschlicher Empathie. Ich glaube nicht den Buchstaben eines Satzes, der in der Bibel steht, aber ich glaube die Erfahrung und die Wahrheit, die dahinter steht, und die zurückgeht letzten Endes auf die Idee eines Samariters, der einen Menschen blutend und in seinem Dreck auf der Straße liegen sieht und entgegen aller Vernunft und entgegen aller Konvention hingeht und ihm hilft. Warum tut er das? Das ist die Antwort von Jesus, die er gegeben hat, wir wissen es alle, auf die Frage: Wer ist denn mein Nächster. Das ist die Grundlage für eine Kultur der Barmherzigkeit, die eben auch zur christlichen Geschichte gehört, und zu dieser Geschichte gehört auch die Entstehung der Diakonie im 19. Jahrhundert, als in der Zeit der Industrialisierung die sozialen Netzwerke der Dörfer nicht mehr geholfen haben, wenn jemand behindert war, wo das eben nicht mehr ausreichte, da haben Leute wie Wichern und andere gesagt: Jetzt müssen wir denen helfen. Die haben das aufgrund dieses tiefen Glaubens – weil mich Gott liebt, kann ich seine Liebe an andere weiter geben – getan. Und zwar nur deshalb. Das führt dann die menschliche Empathie, von der sie sprechen. Natürlich. Dies sehe ich als eine Folge und mindestens als eine Wechselwirkung davon.

Mich stört, dass sie uns Christen definieren und sagen, Ihr seid so und so – von außen. Und dazu gehört auch, beispielsweise der Satz – ich zitiere aus dem Manifest des evolutionären Humanismus –, da heißt es, dass in der öffentlichen politischen Diskussion notwendigerweise weltliche Standards gelten müssen, und einer davon heißt: In methodischer Hinsicht die aufklärerische Orientierung an den Idealen der intellektuellen Redlichkeit. Wonach Behauptungen logisch-empirisch belegt sein müssen, damit sie von Relevanz sein können. – Was heißt denn „intellektuelle Redlichkeit“? Liege ich falsch mit dem Verdacht, dass sie religiösen Menschen ganz im Allgemeinen diese intellektuelle Redlichkeit im Umgang mit den heiligen Schriften, wie sie immer so schön sagen, absprechen? Sind wir intellektuell unredlich oder dumm?

Schmidt-Salomon: Wie ich sagte: Religionen sind kulturelle Schatzkammern der Menschheit. Man findet ganz tolle Geschichten im Neuen Testament, auch im Alten Testament, und man findet schreckliche Geschichten. Und die Samaritergeschichte ist eine der tollen Geschichten. Aber es gibt eben auch die Höllendrohungen. Die auch in der Geschichte des Christentums leider schreckliche Folgen hatten. Nach dieser Vorstellung: Du wirst dran glauben, oder du wirst dran glauben! Was nimmt man nun aus diesen Geschichten raus? Das hängt natürlich immer von der historischen Situation ab: Bis in die 50er Jahre hinein wurde in Deutschland die Höllendrohung sehr konsequent gepredigt – von beiden Kirchen. Heute passiert das nicht mehr, weil viele Leute sagen: Das entspricht nicht der Kultur der Barmherzigkeit. Das ist ein sehr schöner Wandel. Der aber weltweit nicht so stattgefunden hat. Und wenn sie unten, wie gesagt, in die Buchhandlung in diesem Haus gehen, da werden sie viele Bücher über die Hölle finden.

Warum entscheiden sich nun Menschen dafür, den Satz oder jenen Satz aus der Bibel zu nehmen? Warum nehmen die einen die Höllendrohung, die dazu führt, dass kleine Kinder als Hexen umgebracht werden, jetzt, wo wir hier stehen? Zur jetzigen Zeit, im 21. Jahrhundert passiert das! Und warum gehen andere Menschen hin, wie sie, und die nehmen eben aus diesen Sätzen, aus diesen Erzählungen das Positive heraus? Das hat etwas damit zu tun: Einerseits sind wir natürlich alle empathisch veranlagt, der Mensch ist das empathischste aller Lebewesen. Wir haben Spiegelneuronen, die uns befähigen, zu fühlen, was der andere fühlt. Das ist eine großartige Ausstattung, und das hat sich evolutionär beim Menschen durchgesetzt. Das große Problem ist, dass gerade diese Empathie gegenüber dem Nächsten häufig zum Hass gegenüber dem Fernsten wird. Und da waren Religionen leider Anheizer gewesen in der Geschichte der Menschheit. Weil man eben die Nächsten lieber hatte. Und der Fernste war in der Regel derjenige, den man genau anders behandelt hat, den man im schlimmsten Fall ausgerottet hat.

Teilnehmer: Der barmherzige Samariter ist das Gegenmodell dazu!

Schmidt-Salomon: Ich weiß. Das ist ja toll. Und es ist ja wunderbar, dass das in diesem Buch drin ist. Auch, dass die Feindesliebe drin ist, ist großartig. Aber sie haben eben auch die Offenbarung des Johannes. Ein Finale dieser Bibel, das an Sadismus kaum noch zu überbieten ist.

Teilnehmer: Sie dürfen das nicht fundamentalistisch lesen!

Schmidt-Salomon: Nein, ich weiß: Man kann es auch anders lesen. Aber es ist in der Geschichte des Christentums häufig anders gelesen worden.

Teilnehmer: Aber sie müssen das historisch-kritisch lesen!

Schmidt-Salomon: Ich weiß, sie wissen es. Weiß ich doch! (Lautes Gemurmel) Sie lesen das historisch-kritisch. Aber die meisten Leute weltweit lesen das anders. Gehen sie nach Amerika, und fragen sie die Leute, – da gibt es ja Untersuchungen zu – wie sie die Offenbarung des Johannes verstehen. Wir haben deswegen so viele apokalyptische Spinner in der Welt!

Wir haben das große Problem, dass es große Gruppen gibt im Christentum, die das anders sehen. Ich meine, dass viele der Leute, die sich hier in Deutschland Christen nennen, sich von dem Glaubensbekenntnis mittlerweile schon so weit entfernt haben, es aber nicht mehr zugeben – es sei denn, sie geben es zu in einer privaten Runde. Und das nenne ich intellektuelle Unredlichkeit. Und ich weiß, dass es dafür einen gewissen Jargon gibt innerhalb der theologischen Diskussion. Und aus meiner Perspektive: Das ist ein Grund, warum ich nicht mehr Christ bin. Für mich ist das intellektuell unredlich. Ich kann nicht sagen, ob das auf sie zutrifft. Vielleicht glauben sie diese Sachen. Aber ich habe mit sehr vielen gesprochen, die in Wirklichkeit nicht mehr glauben. Die in Wirklichkeit säkulare Humanisten sind. Und einfach noch diesen religiösen Dialekt sprechen. Das ist so. Und ich nenne das so. Sie können das schlimm finden, dass ich das so nenne, aber das ist meine Analyse. Meine Erfahrung. Es gibt eine Untersuchung über den Glauben von evangelischen Kirchenmitgliedern. Dabei kommt raus, dass nur noch 23,3 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder an einen personalen Gott glauben.

Teilnehmer: Es gibt auch andere Untersuchungen, die Anderes sagen. Haben sie schon mal den Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung gelesen?

Schmidt-Salomon: Ja, natürlich. Nach dem Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung gehöre ich zu den hochreligiösen Menschen dieser Gesellschaft. (Gelächter) Das kommt immer auf die Operationalisierung an. Aber sie haben selbst in einer Studie bei Chrismon, wie wenig Rückhalt die Kirche mit ihren Standpunkten selbst auch noch bei diesen konservativen Milieus mittlerweile hat. Und das ist eine Sache, da sollten sie sich nicht drüber hinweg lügen. Schauen sie wirklich sich selbst an: Was sie noch glauben. Und schauen sie sich an, was die Leute, die Kirchenmitglieder sind, noch glauben. Und dann versuchen sie, zu definieren, was man unter dem Begriff „christlich“ wirklich heute im 21. Jahrhundert noch verstehen kann.

Teilnehmer: Ich gebe einfach mal weiter, was die Leute in der Gemeinde sagen, warum sie überhaupt Christen sind, warum sie noch freiwillig ihre Kirchensteuer bezahlen, obwohl sie vielleicht gar nicht glauben. Mir sagen Intellektuelle und auch ganz schlichte Leute, für sie ist Religion, ist Glaube eine Lebenshilfe. Irgendwas, woran man sich festhalten kann. Und das ist eine Qualität, die kann man vielleicht durch Argumente irgendwie wegdiskutieren, aber sie ist da, und so empfinden Menschen das. Und da bin ich eigentlich ganz froh drüber, dass es diese Gruppierung gibt. Und für mich ist das wirklich etwas ganz Wichtiges.

Moderator: Ein Impuls; was nehmen sie mit nach Hause?

Schmidt-Salomon: Mir fällt jetzt nur was Kabarettistisches ein, von Jürgen Becker. Ich finde den Satz sehr gut und darüber kann man wirklich nachdenken: Humor ist, wenn man trotzdem lacht, Philosophie ist, wenn man trotzdem denkt, und Religion ist, wenn man trotzdem stirbt. Wir sollten uns nicht hinweglügen über die Wirklichkeit, die wirklich schrecklich ist.

Krebs: Für mich war das die Auftaktveranstaltung für eine notwendige Begriffsbestimmung nach innen und nach außen.

Frau Boos-Niazy: Der Verstand kann nicht alles, und Religion ist, wenn man trotzdem nachdenkt.

(Gelächter, Beifall)

Mattias Krause