MANILA. (hpd) Am kommenden Wochenende findet in Köln zum ersten Mal eine internationale Atheistenkonferenz in Deutschland statt. Unter dem Motto „Die atheistische Perspektive“ werden deutsche, deutschsprachige und internationale Referenten drei Tage lang referieren, während rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich austauschen und Kontakte knüpfen.
Hochkarätige Vorträge sind nicht nur von prominenten und weniger bekannten deutschen Referenten zu erwarten, sondern auch von internationalen „Stars“ der Szene wie PZ Myers, Dan Barker, Rebecca Watson oder Taslima Nasrin, um nur einige zu nennen.
Nun ist Deutschland ja seit kurzem aufgrund einer viel beachteten Studie dafür bekannt, dass es – zumindest im Osten – „die atheistischste Bevölkerung der Welt“ hat. Es ist aber weltweit ein Trend zu beobachten, dass solche Treffen nicht mehr hauptsächlich in den „klassischen“ Ländern USA, England und Australien abgehalten werden, sondern auch andernorts. Letztes Jahr fand z. B. in Zürich das „Denkfest“ statt, das als voller Erfolg gelten kann.
Erste Atheistentagung in Südostasien
Und selbst im „christlichsten Land der Welt“ – den Philippinen (über 90 % Christen, davon ca. 80 % Katholiken) – fand vor kurzem eine Atheistentagung statt, die erste in Südostasien.
Ausrichter war die „Philippine Atheist and Agnostics Society“ (PATAS), die erst im letzten Jahr gegründet wurde und aus einer Facebook-Gruppe hervorging. „PATAS“ ist dabei auch das philippinische Wort für „Gleichheit und Fairness“. Auf der Konferenz war zu hören, dass PATAS kürzlich zur einflussreichsten Online-Gruppe der Philippinen gekürt worden sei.
Auf den Philippinen sehen sich Atheisten vor eine ganz spezielle Herausforderung gestellt: Wie mehrere Teilnehmer versicherten, wissen viele Philippinos gar nicht, was Atheisten sind, und denken bei diesem Begriff an eine weitere religiöse Gruppierung. Deshalb bezeichnen sich die dortigen Atheisten auch als „gottlos“ um den Unterschied deutlich zu machen.
Es soll auf den Philippinen auch Gegenden geben, wo eine spezielle Variante der Weihnachtsgeschichte erzählt wird. Darin wird das Jesuskind von einem Storch gebracht – um die Details von Marias Empfängnis nicht erwähnen zu müssen.
Die meisten Philippinos sind bitterarm: Trotz Verbesserungen lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze (Wikipedia). Es handelt sich hier um einen Teufelskreis aus Armut und rasantem Bevölkerungswachstum, für den viele auch den Katholizismus und den verbissenen Kampf der Katholischen Kirche gegen Sexualaufklärung und Verhütungsmittel als Ursache sehen. Dazu später mehr.
Parität von Frauen und Männern
Wenn es andernorts heißt, Frauen seien unter Atheisten unterrepräsentiert, so gilt dies für die Philippinen definitiv nicht. (Möglicherweise liegt dies daran, dass Frauen von dem restriktiven Einfluss der katholischen Kirche stärker betroffen sind.) Frauen und Männer dürften auf der Tagung etwa gleich stark vertreten gewesen sein, bei einem ausgesprochen jugendlichen Publikum. Die PATAS-Vorsitzende, Marissa Torres Langseth, hatte ein Programm auf die Beine gestellt, dass Ort und Anlass in hervorragender Weise gerecht wurde und Referenten aus den USA, Europa, Australien und natürlich Asien beinhaltete.
In den Vorträgen ging es vor allem darum, dass erklärt wurde, warum und wie sich Atheisten organisieren. Es wurde aber auch auf die spezielle Situation der Philippinen eingegangen, wo die einheimische Bevölkerung praktisch die Religion ihrer Eroberer angenommen hat. Dazu später mehr.
Die PATAS-Vorsitzende erklärte in ihrer Begrüßungsrede (Video):
„Wir mögen iPads und iPhones haben, aber unsere Weltvorstellung ist immer noch dieselbe wie vor 500 Jahren.“ Und gab die Richtung vor: „Unsere Grundlage heißt: ‚Gut ohne Gott.‘“ Die kommenden Generationen würden Computer Gebeten vorziehen. Dabei verstehe PATAS sich nicht als antikatholisch oder antichristlich, sondern man wolle veraltete und überflüssige Denkweisen über Bord werfen. Und stattdessen Werte wie Mitgefühl fördern, soziale Verantwortung, Gleichheit und Rechtschaffenheit.
Es folgte die Ehrung eines philippinischen Freidenkers, Poch Suzara, des „Großvaters des Atheismus auf den Philippinen“.
Zum Einstieg erläuterte PATAS-Mitgründer John Paraiso die Geschichte und die derzeitige Situation von Atheisten auf den Philippinen, die, offenbar mehr noch als in den USA, von Unverständnis und Vorurteilen gekennzeichnet ist. Atheisten werden für unmoralisch gehalten, für bekennende Atheisten ist es schwierig, einen Job zu bekommen, und Politiker können keine Wahlen gewinnen, wenn sie sich als Atheisten „outen“. Deshalb will PATAS den Philippinos durch Argumente und „Vorleben“ deutlich machen, dass es völlig in Ordnung ist, nicht an Gott zu glauben. Gut sein ohne Gott – um des Gutseins willen –, damit wollen die PATAS-Mitglieder zu mehr Rationalität auf den Philippinen beitragen.
Als nächstes sprach Tanya Smith von der Atheist Alliance International (AAI), die auch die Tagung in Köln erwähnte, wo sie ebenfalls dabei sein wird. (Video)
Sie machte zunächst deutlich, dass es sich bei Religion eben nicht nur um „bizarre Ideen“ handelt, sondern um ein „ernsthaftes Problem“. Als Beispiele nannte sie Blasphemiegesetze und Einschränkungen bei Abtreibung, Schwangerschaftsverhütung und Ehescheidung. Unter Hinweis auf die US-amerikanische Bloggerin Greta Christina („Why Are You Atheists So Angry?“ - seit kurzen auch als E-Book erhältlich) erklärte sie, dass Verärgerung durchaus ihren Platz hat und dass Atheisten deshalb verärgert sind, weil sie mit anderen Menschen mitfühlen, die unter solchen Einschränkungen zu leiden haben. „Widerstand gegen Dinge, die falsch sind, ist die richtige Entgegnung darauf!“, so Smith.
Auf ihre selbstgestellte Frage „Was können wir tun?“ antwortete Tanya: „Mit Vernunft und Fakten können wir eine Menge erreichen.“ Mit vereinten Kräften noch mehr. AAI sieht sich als eine „atheistische Beratungsorganisation“ die Gruppen in vielen Ländern unterstützt, wie z. B. Kenia, Pakistan oder Israel. AAI unterstützt außerdem Tagungen und Plakataktionen.