Durch einen parlamentarischen Beschluss wird die seit 1866 bestehende Strafverfolgung wegen Blasphemie in Dänemark abgeschafft. Anlass war ein Video auf Facebook, in dem ein Koran verbrannt wird.
Laut Paragraph 140 des dänischen Strafgesetzbuchs wird "derjenige, der öffentlich die Glaubenslehre oder Gottesverehrung irgendeiner legal in diesem Land bestehenden Religionsgemeinschaft verspottet oder verhöhnt, zu einer Geldstrafe oder Haftstrafe bis zu vier Monaten verurteilt." Das seit 151 Jahren bestehende Blasphemiegesetz kam in der Vergangenheit jedoch nur selten zur Anwendung. So wurden 1971 zwei Radiomoderatoren angeklagt, nachdem sie ein Lied gesendet hatten, das sich über das Christentum lustig machte.
Eine über Dänemark hinausgehende Debatte um den Paragraphen wurde durch den sogenannten "Karikaturenstreit" ausgelöst. Elf Vertreter dänischer islamischer Organisationen erstatteten im Jahr 2005 Strafanzeige gegen die dänische Tageszeitung Jyllands-Posten, nachdem diese zwölf Karikaturen veröffentlichte, die den islamischen Propheten Mohammed zum Thema machten. Das Verfahren wurde eingestellt, da laut Oberstaatsanwaltschaft keine ausreichende Sicherheit für Strafbarkeit nach dem Blasphemieparagrafen vorlag. Bei Protesten und Ausschreitungen in islamisch geprägten Ländern starben damals mehr als 150 Menschen.
Parlament streicht Paragraphen mit breiter Unterstützung
Anlass für die neu entfachte Debatte im dänischen Parlament ist der Fall um einen 42-jährigen Dänen, der im Dezember 2015 in einer öffentlichen Facebook-Gruppe namens Ja zur Freiheit – Nein zum Islam (Ja til frihed – Nej til Islam) ein Video gepostet hatte, in dem das Verbrennen eines Korans gezeigt wird. Als Begründung gab er an, dass er den Koran "für eine Hass-Anleitung" halte. Die Polizei ermittelte daraufhin wegen Verstoßes gegen das Blasphemie-Verbot.
Im dänischen Parlament setzte sich die linke "Einheitsliste" für eine Abschaffung des Verbotes ein und konnte dabei zunächst nur mit der Unterstützung der Linksliberalen rechnen. In Folge der Debatte schlossen sich jedoch zunehmend andere Parlamentarier aus anderen Parteien der Forderung an – mit Ausnahme der Sozialdemokraten, die weiterhin am Blasphemieverbot festhalten wollen.
"Gotteslästerungsparagraph" in Deutschland
Nach der Streichung des Blasphemie-Gesetzes in Dänemark zählt Deutschland neben Polen und Russland zu den wenigen europäischen Ländern, in denen ein vergleichbares Gesetz fortbesteht. Der sogenannte "Gotteslästerungsparagraph" (§ 166 StGB) droht mit empfindlichen Freiheits- und Geldstrafen, wenn religiöse oder weltanschauliche Bekenntnisse in einer Weise "beschimpft" werden, die geeignet ist, den "öffentlichen Frieden" zu stören.
Eine Petition der Giordano-Bruno-Stiftung zur Streichung des "Gotteslästerungsparagraphen" wurde 2015 vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags abgelehnt.
7 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Bei uns ist da (noch) die religionitisch durchseuchte politische Spitze vor. Das wird sich erst nach erfolgreicher Impfung ändern.
Thomas Göring am Permanenter Link
Bloß: wann & wodurch kommt diese Impfung zustande? Und wer führt sie durch? Was muss bis dahin erst noch alles geschehen?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Jede/r selbst durch aufklärende (Weiter-)Bildung.
Doch, das geht.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich finde es eine Schande, dass die bösen Dänen nun dem armen Gott keinerlei rechtlichen Beistand mehr gewähren.
Und ist es ihm zu verdenken? Immer diese blöden Witze auf seine Kosten. Ja ja, Hauptsache die boshaften Atheisten haben was zu lachen. Wie es dem armen Gott auf Wolke 7 geht interessiert mal wieder kein Schwein! Bei wem sollte er psychologischen Rat finden? Der Teufel hat wenigstens seine Großmutter, bei der er sich ausquatschen kann, wenn er mal wieder mit dem Beelzebub ausgetrieben wurde oder dieser Herr Luther ein Tintenfass nach ihm warf - die Flecken gingen kaum raus.
Aber Gott ist mutterseelenallein, ungeschaffen, ewig... Sein Sohnemann nervt nur noch, seit er vor 400 Jahren in die Pubertät kam; und der heilige Geist ist in Pfingstferien - typisch! Lass Gott doch wenigstens den Rechtsweg, wenn einer Witze auf seine Kosten (ohne Kirchensteuer!) macht. Seit er es böse an der Bandscheibe hat, hat seine Allmacht schwer gelitten und selbst das Blitzeschleudern fällt ihn nicht so leicht wie zu der Zeit, als er noch ein junger Gott war.
Aber ne, alle prügeln auf ihn ein, gönnen ihm nicht das Manna auf dem Himmelsbrot. Widerliches Menschenpack! Wundert euch nicht, ihr Dänen. Ihr wohnt auf gefährdetem Gebiet. Nach den Holländern seid ihr die nächsten Opfer, wenn es Gott mal wieder juckt und er elegant den Rechtsweg mit tosenden Wassermassen umschifft...
Gondel am Permanenter Link
Wäre die deutsche Judikative - etwa auf die Böhmermann'sche Weise - nicht ebenfalls anzuregen, diesem Beispiel zu folgen?
Zwar würden im Bundestag sämtliche Flügel vereint dagegen strampeln, aber merke:
DIE WAHRHEIT IST NICHT JUSTIZIABEL
Fänden sich ein paar kluge Köpfe und ein findiger Jurist, kann man sich das, zumindest als juristischer Laie, nicht unüberwindbar vorstellen.
Noch ist Lutherjahr ...
Kay Krause am Permanenter Link
Wer Gott verblasphemiert,
wer ihn und seine Mannen
sogar noch karikiert,
der laufe schnell von dannen,
denn auf Erden gibt's Gesetze
gegen Gotteshetze,
die machen ihn zunichte!
Wer Geisterglauben nennt sein Eigen,
darf dieses öffentlich auch zeigen.
Doch wer dagegen protestiert,
wird eingesperrt, ganz ungeniert!
Wenn ich's nicht zahlen müßt', tät's mich nich jucken;
ich würde niemals auf mehr mucken.
Doch solang' wir alle diesen Unfug finanzieren,
müssen wir auch weiter karikieren
und Geisterglauben blasphemieren!
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Freude, nichts als Freude! In der BRD reichts nur zur Abschaffung von § 103 (Böhmermann). Also weitermachen! Resnikschek