Warum Vogel-Singles anderen bei der Brutaufzucht unterstützen

Helfer dürfen bleiben

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Kookoburra (Dacelo novaeguineae)
Kookoburra  (Dacelo novaeguineae)

Bei etwa neun Prozent aller Vogelarten erhalten Elterntiere Unterstützung bei der Brutaufzucht durch Artgenossen. Nur in etwa zehn Prozent der Fälle davon sind die Helfer Verwandte. Was bewegt sie dazu, fragt Sjouke Kingma von der Universität Groningen in einem Aufsatz der Zeitschrift "Nature Communications". Er nahm 44 Vogelarten genauer unter die Lupe.

Es muss um mehr gehen als darum, wenn schon nicht die eigenen, so dann doch die nächstverwandten Gene zur Fortpflanzung zu verhelfen. Sowohl bei manchen in Kolonien lebenden Eisvogelarten wie dem Kookoburra (Dacelo novaeguineae), den prächtigen Lists, und unter Buschhähern, den Scub-Jays /Aphelocoma coerulescens), als auch bei nur gelegentlich gemeinsam nistenden Vogelarten wurde eine solche Unterstützung bei der Aufzucht der Brut beobachtet wie beim Seychelles Warbler, dem Seychellen-Rohrsänger.

Kingma verglich alle verfügbaren wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema auf die Frage hin, ob Verwandtschaft im Spiel war oder nicht, ob die Vögel Territorien hatten und ob diese Territorien knapp waren, ob die Helfer Jungtiere waren, die selbst noch keine Brut gehabt haben, und ob die eigene Brut etwa zugrunde gegangen war oder ob die Helfer eine so untergeordnete Rolle innerhalb ihrer Gruppe einnahmen, dass sie keinen Brutpartner gewinnen konnten. Alles das kam vor. Knappheit an Territorien schien aber der Hauptfaktor zu sein.

Seychellen-Rohrsänger bei der Brutpflege, Foto: © Universitaet Groningen
Seychellen-Rohrsänger bei der Brutpflege, Foto: © Universitaet Groningen

Nicht mit einbezogen wurden solche Konstellationen, bei denen ein Weibchen arttypisch mit mehreren Männchen gleichzeitig Nachwuchs erzeugt (wie bei den ursprünglich arktischen Sterntauchern) oder umgekehrt (wie bei den meist tropischen Kolibris). Wohl aber die Sychellen-Rohrsänger, bei denen (anders als beim Füttern) beim Brüten ausschließlich die Weibchen ihren Geschlechtsgenossinnen beistanden.

Es zeichneten sich mehrere Erklärungsmöglichkeiten ab, warum ein solches altruistisches Verhalten immer wieder festgestellt werden konnte. Die hilfsbereiten Vögel bezahlen sozusagen mit ihrem Einsatz dafür, in einem bereits besiedelten Territorium leben zu dürfen. Die Helfer könnten auch insofern profitieren, als sie, ist der vielfach umsorgte Nachwuchs erst einmal herangewachsen, wahrscheinlich in dessen Territorium später eher geduldet zu werden, wenn sie selbst daran sind, ein Nest zu bauen. Sie könnten einfach von den Vorteilen Nutzen haben, die sich stets ergeben, wenn mehrere Tiere auf Nahrungssuche sind, denn mehr wissen mehr als einer, oder wenn es gilt, sich vor Fressfeinden zu warnen, denn im Verbund können sie sich gegenseitig besser warnen oder den Feind vertreiben.

Es gibt auch die Variante, dass die fleißigen Helfer sich nicht entscheiden, sich in einem Territorium anzusiedeln, wo bereits brütende Artgenossen sind, vielmehr es ihnen einfach nicht gelingt, ein eigenes Territorium zu erobern, was die Voraussetzung für ein eigenes Gelege wäre. Und schließlich können sie vielleicht eher damit rechnen, dass auch sie später bei der Brutpflege selbst Beistand bekommen, von solchen Jungtieren, die sie mit aufgezogen haben.

Altruismus lohnt sich also für die Vögel aus vielen Gründen und kommt weit öfter vor als man bisher annahm. Auch wenn es sich dann um einen im herkömmlichen Sinne nicht mehr so ganz lupenreinen Altruismus handelt.