Papst würdigt Thatcher

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Kondolenzbuch / Foto: Radio Vatikan

VATIKAN. (hpd) Die katholischen Bischöfe Großbritanniens und der Papst haben zum Tod von Margaret Thatcher kondoliert und ihre christliche Gesinnung gelobt. Ist das die katholische Kirche, wenn man nur recht christlich sein muss und unkommentiert eine Vielzahl von Menschen, nicht nur in Großbritannien, in die Armut gestürzt hat? Ein Kommentar.

Wörtlich ist auf der Seite von Radio Vatikan, unter der Überschrift „Papst würdigt Thatcher“, zu lesen: „Papst Franziskus hat die verstorbene frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher als Politikerin mit christlichen Werten gewürdigt. Diese hätten Thatchers Dienst für das öffentliche Wohl und für die „Förderung der Freiheit unter der Familie der Nationen“ geprägt, heißt es in einem am Montagabend veröffentlichten Beileidstelegramm an den britischen Premierminister David Cameron. Der Papst versichere die Familie der Verstorbenen sowie das ganze britische Volk seines Gebets für die Verstorbene, heißt es in dem Schreiben, das von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone unterzeichnet ist. Es handelt sich um das erste Beileidstelegramm von Papst Franziskus für einen verstorbenen ehemaligen Regierungschef."

Tags zuvor hatte Radio Vatikan bereits verbreitet: „Großbritannien: Kirche würdigt Thatcher. Die katholischen Bischöfe Großbritanniens haben mit Trauer auf den Tod von Margaret Thatcher reagiert.“

Margaret Thatcher

Sie kann als Sinnbild, als Gallionsfigur für die neoliberale Wirtschaft stehen. Nicht umsonst spricht man von Thatcherismus, wenn man die Privatisierung des Staates und den Abbau von Sozialleistungen meint. Naomi Klein beschreibt auch an ihrer Person, wie sich ein System entwickeln konnte, dass noch heute seine Auswirkungen in Form diverser Finanzkrisen zeigt.

Der Papst ehrt den Menschen, der die britischen Gewerkschaften zerschlagen, das britische Bahnsystem ruiniert, die Wasserversorgung teurer und den Sozialstaat kaputt gemacht hat. Einen Menschen, der mehr Armut in Großbritannien erzeugt hat als irgendein Premierminister des 20. Jahrhunderts.

Das ist auch der Grund, weshalb in ihrem Heimatland einige Menschen fast boshaft fröhlich auf die Todesnachricht reagierten.

Pro, das christliche Medienmagazin, schreibt allerdings auf der gleichen katholischen Linie: „Maggie Thatcher: ‚Christentum Grundlage meiner Politik’" und verlinkt auf eine Seite, mit einigen Zitaten der „Eisernen Lady“, in denen sie sich zum Christentum und Christus bekennt.

Das alles ist passgenau zu einer christlichen Öknomieauffassung, wie sie kürzlich in Deutschland von Robert Gröziger veröffentlicht wurde: „Jesus der Kapitalist“, und die sich vorrangig auf Friedrich August von Hayek bezieht.

Der Autor selber erörtert die gemeinsamen historisch-spirituellen Wurzeln von Christentum und Kapitalismus. Kern sei die Gegnerschaft gegen den Sozialismus und: „Die Schriften des Alten wie auch des Neuen Testaments gebieten geradezu Verhaltensweisen, die den unverzichtbaren Rahmen des Kapitalismus darstellen: die Achtung des Privateigentums, die Einhaltung von Verträgen, die Gleichheit aller vor dem Recht und ein gesundes Misstrauen dem Staat gegenüber.“

An der Seite der Armen

Was ist also von den Reden des neuen Papst Franz zu halten, der seiner ersten Rede ausgerufen habe: „Ach, wie möchte ich eine arme Kirche für die Armen!“

Das ganze Geschehen lässt die bejubelte Bekundung, dass der neue Papst die katholische Kirche an die Seite der Armen und Bedürftigen stellen will, äußerst unglaubwürdig erscheinen.

Was das konkret heißen könnte, dass schildert (unfreiwillig) ein Bericht in der FAZ zu Ostern dieses Jahres in den Elendsvierteln von Buenos Aires: „Denn der Herr hört die Armen“. Bezeichnend sind die beiden dem langen Text beigefügten Fotos.

Das eine zeigt eine Prozession mit Palmwedeln und großem Kruzifix voran - vorbei an reichlich Straßenmüll. Was ist denn das für eine Armutsbekämpfung, wenn die Priester vor Ort noch nicht einmal dafür sorgen, dass ein Minimum für hygienische Zustände getan wird, und damit der Verbreitung von Infektionen und Krankheiten, vor allem unter Kindern, tatenlos zusieht?

Das zweite Foto zeigt die beiden Padres bei der Messe und im Slum gibt es ein weißes, sauberes und besticktes Altartuch, eine Madonna unter Glas und ein großes Bild des lächelnden neuen Papstes.

Ist das Armutsbekämpfung auf katholisch? Na ja, immerhin stehen die Padres ja an der Seite der Armen und Bedürftigen.

Carsten Frerk / Frank Nicolai