„So, wie es sich gehört"

HAMBURG. Der große Saal 2 des CCH (Congress Centrum Hamburg) war gleichsam „ausverkauft": 1.500 Väter, Mütter, Geschwister,

Großeltern, Freunde und Bekannte waren zusammengekommen, um mit den 131 „Jugendweihlingen" den festlichen Tag mit einer Feierstunde zu beginnen.

Im 155. Jahr der Jugendweihe in Deutschland feierte man zudem die 117te Jugendweihefeier in Hamburg und die 17-jährige Zusammenarbeit mit Dresden.

Besonderes Augenmerk ist bei derartigen „Familienfeiern" darauf zu richten, dass ein Festprogramm den anwesenden drei Generationen der Jugendlichen, Eltern und Großeltern gefallen sollte. Und ob die Zusammenstellung aus Feierlichem, Lustigem, Nachdenklichem, Modernem und Traditionellem ‚ankommt', das weiß man immer erst hinterher. Im Programmheft sind deshalb u.a. zu den überwiegend englischen Liedertexten auch die deutschen Übersetzungen abgedruckt.

Um acht Uhr morgens hatten die Proben für einen reibungslosen Ablauf begonnen. Kurz vor zehn, bevor die draußen wartenden Familien und Freunde eingelassen wurden, verließen die Hauptdarsteller den Saal, um dann als erster Programmpunkt „Einzug mit Musik" unter dem anhaltenden Beifall der Besucher in den voll besetzten Saal zurückzukommen. In dicht gestellten Stuhlreihen auf der Bühne nahmen sie rechts und links von der Savoy Big Band ihren Platz ein. Zwischen 13 und 15 Jahren alt, zeigten die Teilnehmer sich schon in ihrer Kleidung sehr individuell. Alle hatten etwas Besonderes angezogen und das reichte von dekolletierten langen Kleidern in rot und blau bis zu frisch gestärkten weißen Hemden, die über der Hose getragen wurden. Die Haare hoch gesteckt oder lang gebürstet, mit Gel in eigenartige Formen gebracht oder modisch verwuschelt. Von einem normierten Standard konnte schon optisch keine Rede sein.

Nach der offiziellen Begrüßung durch Lina und Yannie Fischer sowie Konny G. Neumann, dem Vorsitzenden der Stiftung Geistesfreiheit in Hamburg, folgte die alte Volksweise „Die Gedanken sind frei". Im darauf folgenden Wechsel von Musik mit Gesang und Rezitationen verging die Zeit unterhaltsam, nachdenklich und beschwingt.

Die Feierrede 2007 hielt Wilfried Estel, Präsident der Jugendweihe Deutschland e.V.. Der Spannungsbogen seiner Ansprache begann mit dem vertrauten „Du" der Kindertage und endete mit dem „Sie" der Erwachsenenwelt. Er erinnerte daran, dass die Jugendweihen mit gutem Grund im Frühjahr stattfinden, ebenso eine Zeit des Übergangs wie die Jugendweihe den Übergang von der Kindheit in das eigenverantwortliche Erwachsenwerden markiere, und dass jede und jeder Einzelne heute im Mittelpunkt stehe. Er erinnerte an den Schulanfang vor rund acht Jahren, an die Zeit, als sie als Kinder bemerkten, dass sie manche Dinge bereits besser konnten als ihre Eltern - seien es Computerspiele, SMS tippen oder im Internet surfen - und wie sie bald belustig bemerkten, dass die Oma mittlerweile kleiner war als sie und die meisten wohl inzwischen gleich groß mit den Eltern geworden seien. Und, mit historischen Beispielen erläuternd, rief er in Erinnerung, dass Jugend heute vergleichsweise ein insgesamt geschützter Lebensabschnitt sei und es einige Vorteile habe, in diesen Jahrzehnten geboren zu sein. Was nicht heiße, das es einfacher geworden ist. Er betonte, dass jede und jeder ein Individuum und damit anders sei als andere - der Liedermacher Gerhard Schöne hat dazu vor vielen Jahren gesungen: „Als mein gelber Wellensittich aus dem Fenster flog, hackte eine Schar von Spatzen auf ihn ein, denn er sang wohl etwas anders und war nicht so grau wie sie - und das passt in Spatzenhirne nicht hinein." Wichtig sei die Achtung voreinander und die Akzeptanz untereinander.

Das folgende Lied des „Frieden für die Welt" wurde vom Publikum mitgesungen und beklatscht, bis dann die Jugendlichen in der Reihenfolge ihrer Vorbereitungsgruppen gemeinsam nebeneinander standen, jeder Name genannt wurde - für die anwesenden Fanvereinigungen der Verwandten und Freunde ein willkommener Anlass zu Klatschen, zu Pfeifen, Juhu zu rufen und zu winken -, und jede und jeder Einzelne, neben den offiziellen Geschenken zur Jugendweihe, auch eine rote Rose überreicht bekam. Es war sichtlich bewegend für viele, im Scheinwerferlicht auf der Bühne zu stehen.

Mit einer Tanzvorführung, einem Sketch, einem Klaviersolo und Abschlussworten der Jugendlichen klang die Festveranstaltung aus und unter Winken und Klatschen fand dann bei stehendem Beifall des Publikums der letzte Programmpunkt statt: „Auszug mit Musik".

Im geräumigen Foyer des CCH wurde anschließend zum Foto als Familienarrangement posiert und der zweite und dritte Teil des Tages konnten beginnen: Erst ein großes Essen im Familienkreis und dann - nach einer Nachmittagspause - am Abend die private Jugendweihefeier mit Geschenken, Musik und Tanzen - „so wie es sich gehört!"

Hamburg war dieses Jahr mit der ersten Jugendweihe sehr früh dabei. Die Feiern werden bis in den Mai hinein stattfinden. Wir werden berichten.

CF