Wahlfahrt durch ganz Österreich

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Das BABA-Mobil

WIEN. (hpd) Das Volksbegehren gegen Kirchen­privilegien befindet sich in dieser Woche im Endspurt der Vor­bereitungs­aktivitäten. Unter anderem organisiert es Infostände und eine Wahlfahrt durch ganz Österreich. Berichte von der Straße und von den ersten Tagen des Info-Busses, der über zwei Wochen durch ganz Österreich tourt.

Montag, 8. April 2013

"Heute gehts los und wir sind schon gespannt was uns alle erwartet ..."

Die letzten Tage waren sehr aufregend. Am Vorabend haben wir noch Flyer beim Volks­theater verteilt und der Kardinal­schlitten wurde in der Nacht zerstört, den Rebecca und Tomas zuvor so schön wieder aufgepimt und dem sie einen neuen Haarschnitt verpasst hatten.

Und dann noch die untergriffigen Artikel im Standard und der Presse, offensichtlich von der Kirche gesteuert, die um ihre Pfründe fürchtet. Wir sind uns jetzt sicher, dass wir ernst genommen werden und in ein Wespen-, nein in ein Hornissen­nest geraten sind, so aufgescheucht, wie die Kirche reagiert. Eine Million Flyer hat die katholische Kirche gegen uns drucken lassen.

Wir haben gerade mal ein Hundertstel davon, d. h. gerade mal 10.000 Flyer zur Verfügung. Aber wir haben uns und die Vernunft!

Das zeigt schon wie nervös und wie sicher die Kirchen­obrigkeit sich ihres Glaubens und dem ihrer Schafe ist, die sich nicht länger scheren und das Fell über die Ohren ziehen lassen wollen.

Unsere Strategie

Wir richten uns nicht gegen den Glauben, jeder Mensch soll glauben was er will. Aber wir richten uns an den Staat und die Politik, die nicht Glaubens­gemeinschaften mit teilweise absurden Welt­anschauungen privilegieren und mit fast vier Milliarden Euro Steuermitteln überhäufen sollen.

Sepp zitiert Reinhard Mey und sein Lied "Sei wachsam" - "Der Minister nimmt flüsternd den Bischof am Arm: Halt du sie dumm, ich halt sie arm." Das offenbart wohl den Grund, warum mancher Politiker Religionen so fördert.

Erste Stationen: Wiener Neustadt und Baden

Am Montag morgen holt Sepp die Mitstreiter Angie, Hubert und Florian vom Parkplatz U6 Siebenhirten mit dem BABA-Mobil ab.

Es geht vorerst nach Wiener Neustadt. Das Wetter ist nach Monaten Schnee, Regen und Bewölkung zum ersten mal aufgeklart, obwohl noch sehr frisch. Dort erwartet uns am Haupt­platz schon eine ungemein rührige orts­ansässige Aktivistin und beginnt sofort mit den Leuten, die sie kennen zu diskutieren. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist anfangs verhalten.

Sepp zieht sich vorerst zurück auf einen Kaffee, den man schon im Freien genießen kann. Danach wird das Stadt­amt aufgesucht und kontrolliert, ob der Aushang des Volks­begehrens vorschrifts­mäßig erfolgt ist. Ja, alles passt. Alle anderen verteilen fleißig Flyer, doch die Frequenz ist nicht sehr über­wältigend.

Es geht dann weiter nach Baden zum Josefs­platz, wo wir uns um 14:00 Uhr "aufpflanzen". Baden ist ein Kurort und sehr viele Kurgäste spazieren umher. Kontrolle im Gemeinde­amt, Flyer verteilen diesmal an zwei Stellen, weil wir in zwei Gruppen mehr Menschen erreichen.

Es war nicht aufregend, aber absolut kein böses Wort aus der Bevölkerung über unser Auf­tauchen .

Um 17:00 Uhr sind wir dann wieder zurück in Wien, um ein letztes Mal beim montäglichen Jour fixe dabei zu sein. Die letzten Rat­schläge, Infos und Wünsche gibt man uns auf die Reise und 5 Pakete Flyer.
Wir verbringen die letzte Nacht zu Hause, vor der WAHLFAHRT.

Ein Bericht von TV1 Steiermark

Dienstag, 9. April 2013 - Bruck und Leoben

Wir fahren über den Semmering ins Mürztal in meine Heimat­gemeinde Wartberg, wo ich extra stoppe, um den Aushang des VBG zu kontrollieren. Natürlich passt alles und um 12:00 Uhr bauen wir uns am Brucker Haupt­platz auf. Das Wetter ist sensationell schön aber noch immer frisch. Hubert und Florian betätigen sich an einer Gruppe von Bronze­statuen als Künstler und drapieren sie mit Werbe­material. Niemand nimmt Anstoß daran und auch die Polizei ignoriert unser BABA-Mobil, obwohl wir mitten auf dem Haupt­platz in der Fußgänger­zone stehen. In einem nahen Geschäft gibt es im Sonder­angebot ein Megaphon. Die Versuchung ist groß und wir kaufen es ... was sich wohl daraus noch ergeben wird? 

Nach Bruck kommt Leoben dran. Auch dort stellen wir uns wieder mitten auf den Haupt­platz und bauen auf. Bald kommt eine Dame von City­marketing und will uns vom Platz an eine andere Stelle verweisen. Sie droht mit ihrem Chef. Sepp ignoriert es und ruft die Emails im Auto ab. Flyer verteilen wie üblich ... Die Dame kommt wieder und zugleich auch ein Film­team, das uns an einer anderen Stelle des riesigen Platzes filmen und interviewen will.

Ok, Sepp fährt wie befohlen dort hin, während das Filmteam filmt. Da kommt der City­manager und verweist uns auch von diesem Platz. Hubert spielt guten Cop und redet minuten­lang mit dem eng­stirnigen Bürokraten, der darauf besteht, dass wir abfahren. Dann kommt Sepp als bad Cop und informiert ihn über die recht­liche Situation und dass es ein österreichisches Bundes­gesetz gibt, wonach wir korrekt die Kund­gebung zwei Tage zuvor bei Polizei und BH angemeldet haben. Der City­manager ist aufgebracht: "Dieser Platz gehört Leoben und bei mir müssen sie 2 Wochen zuvor anfragen." "Oh!" sagt Sepp: "Ist Leoben denn nicht in Österreich, oder gar am ...?"

Sepp besteht auf seinem Recht und wird barsch: "Machen Sie was sie wollen. Mich bringen sie hier nicht weg. Wir sind demokratisch als politisches Instrument legi­timiert und dürfen hier eine Kund­gebung abhalten." (Wären wir eine Kirche, bräuchten wir nicht einmal ansuchen, denn es gehört zu den Privilegien, dass Kirche öffent­liche Plätze für religiöse Feiern jeder­zeit nutzen können.) Endlich zieht der City­manager mit rotem Kopf ab. Und das Film­team beginnt. Insgeheim hat es auch die ganze Dis­kussion zuvor mitgefilmt. Der Film wurde sensationell.

Hintergrund

Sachlicher Hintergrund für das Volks­begehren ist die Recherche zur Kirchen­finanzierung in Österreich, die Mitte September der Öffent­lichkeit in Wien präsentiert wurde: "Gottes Werk und unser Beitrag".

Präsentation des gleichnamigen Buches über die Kirchen­finanzierung in Österreich im Presse­club Concordia in Wien. Im Podium: Die Autoren Carsten Frerk und Christoph Baumgarten, die National­rätin (der Grünen) Daniela Musiol und als Moderator Niko Alm, Sprecher des Volks­begehrens gegen Kirchen­privilegien.

Engagiert und heiter erläuterten die Autoren die Halb­wahrheiten der kirchlichen Dar­stellung ihrer Finanzen und An­sprüche. Den rund 500 Millionen Euro, die von der katholischen Kirche selber ein­ge­nommen und dar­gestellt werden (aus Kirchen­beitrag, etc.) stehen rund 3,8 Milliarden Euro gegenüber, die aus öffent­lichen Geldern für das bezahlt werden, was die Kirche als ihre eigene Leistung dar­stellt (Konfessionelle Kitas, Schulen, Caritas, Ordensspitäler u. v. a. m.). Mit anderen Worten: Von alledem, was die Kirche als ihre Leistung darstellt, finanziert sie nur rund zwölf Prozent selber und beispielsweise weniger als zwei Prozent des Caritas-Budgets.

Mittwoch 10. April 2013 – Graz und Villach

Graz Hauptplatz. Ein heißes Pflaster, wo man sofort verjagt wird und Monika unsere Tour­mutter, die von Wien aus alle An­meldungen peinlichst genau macht, hat nicht durch­setzen können, dass wir mit dem BABA-Mobil dort stehen bleiben können. Sepp ist grantig, denn der Bus mit seiner Be­schrif­tung ist als Blick­fang perfekt und lockt Leute an. Außerdem kann man drinnen mal aus­ruhen und hat Flyer etc. immer zur Hand. Sepp muss den Bus ins Park­haus stellen und kontrolliert im Rat­haus den Aushang. (Alles vorbildlich!) Er besucht kurz auch Stadt­rätin Elke Kahr und übergibt Flyer, da ihre kommunistische Partei das VBG unter­stützt.

Am kleinen Info-Stand ist allerhand los. Die Frequenz am Haupt­platz ist enorm, die Akzeptanz gut, viele Menschen sind neugierig. Manche ver­kennen unser An­liegen und sagen, 'Kirche? Nein mit denen will ich nichts zu tun haben' und rennen gerade­zu vorbei. Na ja, wenn die wüssten.

Immer mehr Leute be­stärken uns und be­danken sich, dass wir das Volks­begehren machen. Als eine regel­rechte Kampf­maschine im Flyer­verteilen entpuppt sich Angie. Ihr scheint jede Hemm­schwelle beim Kontakt­suchen mit Passanten zu fehlen und Sepp fällt auf, dass derselbe Passant, der einen Flyer von Sepp ver­ächtlich ablehnte, von Angie einen nimmt. Frustrierend für Sepp. Er schiebt es auf das tolle Aus­sehen von Angie, von der man viel lieber einen Flyer annimmt als von einen alten Mann.

Bis auf den Miss­erfolg, dass dem BABA-MOBIL die Teil­nahme verwehrt war und dass keine Medien kamen, ist Graz gut gelaufen und auf gings nach Kärnten nach Villach, wo wir am Eingang zu einer Oliver-Pocher-Show unsere Flyer-Verteilung auf dem Programm hatten. Es war Abend und erst­mals kam die Lauf­schrift, die am offenen Schiebe­dach montiert war, zum Einsatz sowie das neu erworbene Megaphon. Angie wurde zur Aus­ruferin ernannt und der immer gleiche Satz ein­studiert: "Gegen Kirchen­privilegien ... Volks­begehren gegen Kirchen­privilegien."

Es waren nicht allzu viele Leute auf den Straßen und Plätzen, aber von diesen entging uns niemand. Diese Strategie ist aus­bau­fähig.

Donnerstag, 11.4.2013

Morgenwäsche .. ein herr­liches Frühstück und etwas Zeit zum Email checken. Die Nachricht kam, dass das Video von Leoben durch TV1 online ist: (Zu sehen auch auf kirchen-privilegien.at.)

Unglaublich! Das BABA-Mobil tritt mit Wagner Walküren­ritt ins Bild. Die­selbe Melodie, die aus Coppolas Film "Apocalypse Now" im Gedächtnis ist. Alle Sätze die Sepp im Interview sagte wurden unge­schnitten gebracht, und am Ende der Satz "Die fetten Jahre sind vorbei".

Aller Frust war verflogen ... Wir sind wieder motiviert und auch das Flyer-Problem scheint gelöst. Auf gings nach Klagenfurt.

Sepp Rothwangl