Drei freigeistige Feiertage

MÜNCHEN. (hpd) Erst einige Wochen ist es her, dass eine Berliner Mutter vor dem Verwaltungsgericht Berlin eine Klage verlor, weil sie ihre Kinder am Welthumanistentag von der Schule nahm. In der Verhandlung ging es vor allem auch darum, dass die Berliner Schulbehörde den Welthumanistentag nicht als Feiertag festgelegt hat.

Das will der Bund für Geistesfreiheit (bfg) nun ändern und hat - für Bayern - einen entsprechenden Antrag gestellt. Dazu gab der bfg die folgende Pressemitteilung heraus.

Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) vertritt die Rechte von konfessionslosen Menschen in der BRD. Die Konfessionslosen stellen mit ca. 35 Prozent der Bevölkerung inzwischen eine weit größere (und schnell wachsende) Weltanschauungs-Gruppe dar als jede andere in Deutschland, wie z. B. Protestanten und Katholiken, die jeweils bei ca. 28-29 Prozent liegen, mit sinkender Tendenz.

Das geltende Gesetz erlaubt auch kleinen Konfessionsgruppen eigene Feiertage mit den damit zusammenhängenden Vorteilen, wie z. B. Befreiung von Arbeit und Schulbesuch. So sind z. B. jüdische Schülerinnen und Schüler an folgenden Tagen von der Verpflichtung zur Teilnahme am Unterricht und sonstigen schulischen Veranstaltungen befreit: an beiden Tagen des Neujahrsfests, am Versöhnungstag, an den ersten zwei Tagen und an den letzten zwei Tagen des Laubhüttenfests, an den ersten zwei Tagen und an den letzten zwei Tagen des Osterfests und an beiden Tagen des Wochenfests. Muslimische Schülerinnen und Schüler sind an den Festtagen Ramazan Bayrami und Kurban Bayrami jeweils für die ersten beiden Tage von der Verpflichtung zur Teilnahme am Unterricht und sonstigen Veranstaltungen befreit. Es gibt in den ministeriellen Erlässen auch Freistellungen für z. B. Siebententags-Adventisten, Bahái-Religion, Schüler, die der Worldwide Church of God angehören usw.

Laut Kultusministerium erfolgt die Unterrichtsbefreiung von Schülerinnen und Schüler anderer Bekenntnisse an einschlägigen religiösen Feiertagen auf Antrag.

Als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist der bfg als Welt­anschauungs­gemeinschaft den Religionen in jeder Richtung gleich­gestellt. Die Dachorganisation bfg Bayern K.d.ö.R. hat in seiner Landesversammlung am 13.4.2013 drei humanistische Feiertage beschlossen und dem Kultusministerium auch offiziell mit Einschreiben/Rückschein gemeldet. Es handelt sich um

  • 10. Mai: Evolutionstag (Am sechsten Freitag nach dem Sonntag, der dem ersten Frühjahresvollmond folgt, wird der Evolutionstag des Bundes für Geistesfreiheit Bayern gefeiert. Termine: 2013 10. Mai, 2014 30. Mai, 2015 15. Mai, 2016 6. Mai, 2017 26. Mai, 2018 11. Mai)
  • 21. Juni: Welthumanisten-Tag
  • 10. Dezember: Tag der Menschenrechte

Mitglieder des bfg (und deren Kinder) können ab sofort wie die Mitglieder anderer Glaubens- und Welt­anschauungs­gemeinschaften die Annehmlichkeiten von Schul- und Arbeits­befreiung in Anspruch nehmen. Es genügt dafür der formlose Antrag bei Arbeitgebern und Schulen. Vorlagen für den Antrag stellt der bfg Bayern sowie seine Orts­gemeinschaften in 12 bayrischen Städten auf Wunsch gerne kostenlos zur Verfügung.

ws/cf

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Rechtsgrundlagen

Schulordnung für die Grundschulen und Hauptschulen (Volksschulen) in Bayern (Volksschulordnung - VSO) Vom 11. September 2008

§ 36 Teilnahme

3) 1 Schülerinnen und Schüler können auf schriftlichen Antrag in begründeten Ausnahme­fällen vom Unterricht in einzelnen Fächern befreit oder vom Schul­besuch beurlaubt werden. 2 Den Schülerinnen und Schülern ist ausreichende Gelegenheit zur Erfüllung ihrer religiösen Pflichten und zur Wahrnehmung religiöser Veranstaltungen auch außerhalb der Schule zu geben.

Grundgesetz Artikel 140

Artikel 137 WRV

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

Grundgesetz: Art. 4 Abs. 1 und 2 GG Artikel 4

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und welt­anschaulichen Bekennt­nisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

Artikel 6

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.

Erziehungsrecht der Eltern als Grundrecht, Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht

Nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistet im Zusammenhang mit Art. 4 Abs. 1, 2 GG das Recht der Eltern, über die religiöse, weltanschauliche und sittliche Erziehung ihrer Kinder selbst zu bestimmen. Zum Elternrecht gehört die Erziehung, also die Sorge für die seelische und geistige Entwicklung einschließlich der religiösen und weltanschaulichen Erziehung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist diese religiös-weltanschauliche Erziehung untrennbarer Bestandteil der Eltern-Kind-Beziehung, die das Grundgesetz besonders schützt (BVerfG, Beschl. v. 17.12.1975, Az. 1 BvR 63/68). Das Grundgesetz garantiert daneben die Religionsfreiheit der Eltern. Auch dieses Grundrecht umfasst das Recht zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht. Es ist Sache der Eltern, ihren Kindern diejenigen Überzeugungen in Glaubens- und Welt­anschauungs­fragen zu vermitteln, die sie für richtig halten und von solchen Überzeugungen fernzuhalten, die ihnen falsch oder schädlich erscheinen (BVerfG, Beschl. v. 16.05.1995, Az. 1 BvR 1087/91).