Der schon jetzt gescheiterte Gesetzesentwurf ist ein politischer Offenbarungseid

Mariä Himmelfahrt für alle

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In manchen Gemeinden in Bayern ist Mariä Himmelfahrt ein Feiertag, in anderen nicht.

Die Diskussion um den Feiertag Mariä Himmelfahrt erhitzt in Bayern immer wieder die Gemüter, da nur katholische Gemeinden in den Genuss kommen, was vor allem der SPD und den Gewerkschaften nicht gefällt. Die SPD hat nun einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der von den Grünen unterstützt, aber von den anderen Fraktionen abgelehnt wird. Überraschend ist dabei nicht die Ablehnung an sich, sondern die Begründungen aller Fraktionen: Sie argumentierten in kirchlichen Kategorien, als wäre Bayern noch ein Gottesstaat.

Kaum ein Feiertag zeigt so deutlich, wie eng Religion und Politik in Bayern noch immer verknüpft sind, wie Mariä Himmelfahrt. Der Flickenteppich, welche Gemeinden feiern dürfen und welche nicht, ist unübersichtlich und grotesk. München etwa hat am 15. August frei – obwohl nur 23,2 Prozent der Einwohner katholisch sind. In wenigen Jahren dürfte dieser Anteil unter 20 Prozent sinken. Wie lange noch darf eine schrumpfende Glaubensgemeinschaft bestimmen, wann ein ganzes Gemeinwesen stillsteht?

Die SPD hat im Landtag einen Gesetzentwurf eingebracht, um den Feiertag auf alle Gemeinden auszuweiten – eine Abschaffung käme "angesichts seiner kulturellen Bedeutung für Bayern […] nicht in Betracht". Unterstützt wurde sie dabei von den Grünen – doch CSU, Freie Wähler und AfD lehnten ab. Damit ist der Entwurf quasi gescheitert, da auch der Rechtsausschuss die Ablehnung empfehlen wird. Die Begründungen? Absurderweise fast ausschließlich religiös.

Ruth Müller von der SPD verwies darauf, dass die aktuelle konfessionsabhängige Regelung "nicht mehr zeitgemäß" sei. Die Grünen fanden, ein einheitlicher Feiertag sei gerechter. Peter Wachler von der CSU wiederum warnte vor einem Eingriff in "die Balance zwischen Glauben, Heimat und wirtschaftlicher Vernunft". Wenn also Protestanten in Seßlach nicht an Mariä Himmelfahrt arbeiten, dann würde das "die Wertschöpfung in der Produktion, ebenso wie im Handel oder im Dienstleistungssektor" schwächen. Die Freien Wähler sekundierten mit paternalistischer Herablassung: "Die liebe SPD hat den Warnschuss der Wirtschaft immer noch nicht gehört." Außerdem seien religiöse Feiertage dazu da, den eigenen Glauben auszuleben.

Markus Striedl von der AfD setzte noch eins drauf: Protestanten sollten gar keinen freien Tag bekommen, weil sie "mit dem katholischen Dogma der leibhaftigen Aufnahme Mariens in den Himmel […] einfach überhaupt nichts zu tun haben und das auf gut Deutsch ablehnen". Wer glaubt diesen Mythos überhaupt noch? Selbst unter praktizierenden Katholiken dürfte die Zahl derer, die an Marias leibliche Himmelfahrt glauben, verschwindend gering sein.

Politische Frömmigkeit statt Vernunft

Die eigentliche Heuchelei liegt darin, dass alle Parteien – selbst SPD und Grüne – die Diskussion in kirchlichen Kategorien führen. Statt die überholte Verquickung von Religion und Arbeitsrecht grundsätzlich infrage zu stellen, wird nur darüber gestritten, wer den kirchlichen Bonus bekommt. Niemand fragt, ob religiöse Feiertage überhaupt noch zeitgemäß sind.

Dass sich die CSU dabei auf "Glauben und Heimat" beruft, ist erwartbar – sie verteidigt ein kulturelles Markenrecht, kein spirituelles Bekenntnis. Doch auch SPD und Grüne scheuen die klare Konsequenz: die Entkoppelung von Religion und öffentlichem Kalender. Wer soziale Gerechtigkeit will, sollte nicht kirchliche Privilegien ausweiten, sondern abschaffen.

Zeit für einen weltlichen Feiertag

Warum also nicht den 15. September, den Internationalen Tag der Demokratie, zum Feiertag machen – für alle Bürger, unabhängig von Konfession und Herkunft? Das wäre ein Signal für eine moderne Gesellschaft, die Haltung zeigt und gemeinsame Werte feiert statt wundergläubige Dogmen.

Denn das, was die katholische Kirche über Mariä Himmelfahrt lehrt – Originaltext des Dogmas: "Wir verkünden, erklären und definieren es als ein von Gott geoffenbartes Dogma, dass die Unbefleckte, allzeit jungfräuliche Gottesmutter Maria nach Ablauf ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen wurde." – mag für Theologen tröstlich sein, für ein säkulares Gemeinwesen ist es irrelevant. Es ist Zeit, die Feiertagslandschaft zu entstauben. Mit Mariä Himmelfahrt könnte man beginnen – ein Feiertag, der längst zur Himmelfahrt des gesunden Menschenverstands geworden ist.

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