Bischof von Sitten schickt Lehrerin in die Wüste

Brisanter Mailverkehr hinter den Kulissen

Dank ihrer Beschwerde erhielt Inderkummen Akteneinsicht, insbesondere in den brisanten Mail-Verkehr hinter den Kulissen. Damit lässt sich gut nachvollziehen, wieso Inderkummen bis heute weder eine Anstellung noch eine Kündigung für das Fach ERG erhielt:

  • Am 4. Juni rapportierte Marcel Blumenthal, Adjunkt der Dienststelle für Unterrichtswesen, dem bischöflichen Generalvikar Richard Lehner, dass die Weiterbeschäftigung im Schuljahr 2013 - 2014 im Fach Ethik-Religionen-Gemeinschaft "aktuell Gegenstand weiterer (auch juristischer) Abklärungen" sei. Damit antwortete er auf die Forderung Lehners, für das Fach ERG nur Lehrpersonen anzustellen, die einer der beiden Kirchen angehören, obwohl diese Angelegenheit das Bistum gar nichts anging.
  • Am 24. Juni erkundigte sich Adjunkt Blumenthal bei Schulinspektor Urs Stoffel, ob Inderkummen "von der Schule Brig-Glis für ERG vorgeschlagen wird, um im Schuljahr 2013 - 2014 dies zu unterrichten".
  • Am 1. Juli liess der zuständige Briger Stadtrat Patrick Amoos das Erziehungsdepartement wissen, dass das Fach ERG "durch Fach- und Klassenlehrpersonen erteilt" werde, so dass "die Notwendigkeit einer Anstellung einer spezialisierten Fachkraft" für das Fach ERG "nicht gegeben" sei.
  • Am 2. Juli verlangte Adjunkt Blumenthal vom Briger Stadtrat, dass er Inderkummen über diese Stellungnahme informiert.
  • Gleichentags spielte der Briger Stadtschreiber Eduard Brogli den Ball an den Kanton zurück, der seit Anfang 2012 Anstellungsbehörde für die Lehrpersonen sei. Es bestehe deshalb "keine Veranlassung", Inderkummen über die Stellungnahme des Briger Stadtrates ans Erziehungsdepartement zu informieren. Es handle sich bei der Stellungnahme nicht um einen "Vorschlag", sondern bloss um einen "Hinweis".
  • Die Antwort des kantonalen Adjunkts Blumenthal kam postwendend. Mit Verweis auf Artikel 13 des Gesetzes über das Lehrpersonal erklärte er dem Stadtschreiber Brogli, wenn kein Vorschlag für eine Weiterbeschäftigung gemacht werde, müsse "die lokale Behörde diese Mitteilung vor Ort an die betreffende Lehrperson" machen.
  • Dies wiederum liess Stadtschreiber Brogli nicht gelten, weil die erwähnte Bestimmung die Gemeinde Brig-Glis "mit keinem Wort" zur Information der Lehrperson verpflichte. Man könne den "Hinweis" im weitesten Sinne als "Vorschlag" interpretieren, "auch wenn wir nicht explizit die Entlassung beantragen". Damit liege der Ball beim Kanton, "den Fall zu prüfen, zu entscheiden und zu kommunizieren".

Seit dieser peinlichen Ballschieberei wartet Inderkummen vergeblich auf eine entsprechende Information. Auch eine rechtskräftige Kündigung bezüglich des ERG-Unterrichts ist bis heute nicht bei ihr eingetroffen. Dafür wäre Staatsrat Freysingers Erziehungsdepartement zuständig.

Es droht die Niederlage vor dem Bundesgericht

Es ist davon auszugehen, dass die Beschwerde Inderkummens vom Walliser Staatsrat abgelehnt wird und auch ihr Begehren für eine Entschädigung. Die nächste Station wird das Kantonsgericht sein, das bereits in der Kruzifix-Affäre überraschend für den entlassenen OS-Lehrer Valentin Abgottspon entschieden hat, um einen Gang vor das Bundesgericht zu vermeiden. Im Konflikt zwischen dem antiquierten Walliser Unterrichtsgesetz und der Glaubens- und Gewissensfreiheit in der Bundesverfassung wird sich das Bundesgericht mit hoher Wahrscheinlichkeit für letztere entscheiden.

Dabei könnte ein pikantes Detail eine nicht unwesentliche Rolle spielen: In einer Informationsschrift im Zusammenhang mit dem konfessionellen Religionsunterricht wird ausgerechnet der "jüdische Religionsphilosoph Martin Buber" prominent zitiert, um die Argumentation für die sogenannten "Katechetischen Fenster" zu erläutern. Es wird deshalb nicht einfach sein, den Bundesrichtern zu erklären, wieso eine gläubige Religionslehrerin, die zu den jüdischen Wurzeln zurückkehrt, nicht zugelassen wird.

Es ist höchste Zeit, dass das veraltete Walliser Unterrichtsgesetz endlich revidiert wird. Dann wird der Bischof von Sitten seinen Einfluss auf die Schulen endgültig verlieren.

Kurt Marti

[Übernahme von infosperber]