Schweiz

Theologe darf schwule Priester "Parasiten" nennen

"Plage", "Krebsgeschwür" und "Kolonie von Parasiten" – mit diesen Begriffen darf ein Theologe in einem Zeitschriftenartikel schwule Priester bezeichnen. Das hat ein schweizerisches Gericht Ende April entschieden. Nach Ansicht von Strafrichterin Petra Vannoni stellen diese Formulierungen weder eine Diskriminierung noch eine Aufstachelung zum Hass dar. Deshalb kommt der Herausgeber des Blattes, Manfred Hauke, ohne Strafe davon.

Die Richterin hob damit im schweizerischen Ort Bellinzona eine Entscheidung der Tessiner Staatsanwaltschaft von Dezember 2022 auf, die Hauke eine bedingte Geldstrafe von 9.450 Franken und zusätzlich 1.800 Franken Bußgeld auferlegt hatte. Stattdessen sprach ihm das Gericht nun 20.000 Franken Entschädigung zu.

Manfred Hauke ist Professor für Theologie an der Theologischen Fakultät Lugano und gibt die Zeitschrift Theologisches heraus. Anfang Januar 2021 veröffentlichte er dort einen Beitrag des polnischen Theologen Dariusz Oko mit dem Titel "Über die Notwendigkeit, homosexuelle Cliquen in der katholischen Kirche zu begrenzen". Darin bezeichnete der Autor schwule Priester unter anderem als "homosexuelle Plage", "Krebsgeschwür" und "eine Kolonie von Parasiten". Zudem verbreitete er in dem Artikel den Mythos, dass Schwule aufgrund ihrer sexuellen Orientierung eher zu sexueller Gewalt an Kindern neigen würden als Heterosexuelle.

In all dem sah Richterin Vannoni keinen Verstoß gegen die sogenannte Rassismus-Strafnorm des Schweizerischen Gesetzbuches, die seit 2020 auch Diskriminierungen aufgrund sexueller Orientierung umfasst. Sie bemängelte lediglich die Ausdrucksweise. Bei dem Artikel handele es sich nach ihrer Ansicht um einen wissenschaftlichen Text, der nicht Homosexuelle im Allgemeinen zum Thema habe, sondern ihren Einfluss in der katholischen Kirche behandele. Als "lediglich grenzwertig" bezeichnete sie Abschnitte wie diesen: "Es ist auch wichtig zu wissen, dass etwa 20 Prozent der Homosexuellen eine ephebophile oder päderastische Vorliebe haben, was eine ihrer typischen Störungen ist".

Bereits 2022 befasste sich ein Gericht in Deutschland mit dem Fall. Nach einem Strafbefehl und einer Anklage wegen Volksverhetzung gegen den Autor Dariusz Oko sowie den Chefredakteur der Zeitschrift Johannes Stöhr vor dem Amtsgericht Köln wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Oko musste 3.150 Euro zahlen, Stöhr 4.000 Euro.

Die Kölner Staatsanwaltschaft hatte seinerzeit nicht gegen Manfred Hauke ermittelt. Der aktuelle Prozess kam erst durch Initiative der schweizerischen LGBTI-Organisation Pink Cross in Gange, die ihn am Ort seiner beruflichen Tätigkeit, im Tessin, anzeigte.

Die theologische Fakultät Lugano hat unterdessen ein Prüfungsverfahren gegen Hauke eingeleitet. Sie gehört zur staatlichen Universität der italienischen Schweiz. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob Haukes Verhalten gegen die Grundprinzipien der Universität und ihren Ethik-Kodex verstoßen habe. Hauke hat die Hochschule inzwischen selbst um Suspendierung von seiner Lehrtätigkeit gebeten.

Unterstützen Sie uns bei Steady!