BERLIN. (hpd/dghs) Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) begrüßt die Haltung der Ethikrats-Vorsitzenden Christiane Woopen, die sich mehrfach für die eingeschränkte Zulassung des ärztlich assistierten Suizid ausgesprochen hat. Allerdings wünscht sie sich auch weiterhin die Möglichkeit einer organisierten Vermittlung von Sterbewilligen an Mediziner.
Wenn ein Arzt sich für den ärztlich assistierten Suizid im “existenziellen Ausnahmefall” entschieden hat und eine solche Hilfe mit seinem Gewissen vereinbaren könne, solle “das Gesetz schweigen” hatte Woopen gesagt. Noch ist im deutschen Strafrecht eine Regelung zur Hilfe beim Suizid nicht vorgesehen, es würde allenfalls der Tatbestand der Unterlassenen Hilfeleistung (§ 323 c StGB) greifen. Das ärztliche Standesrecht indes war von der Bundesärztekammer im Jahr 2011 dahingehend verschärft worden, dass es seitdem in der Musterberufsordnung heißt: “Sie (die Ärzte) dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.” Auch wenn kein klarer Sanktionsrahmen definiert worden war, sind die Ärzte stark verunsichert. Dazu kommt, dass die strenge Verbotsvorgabe nur von der Hälfte der Landesärztekammern in ihre Berufsordnungen übernommen worden war, was unter anderem der DGHS-Kampagne für “Gewissensfreiheit für Ärzte” zu verdanken ist.
In dieser Legislaturperiode beschäftigt sich der Deutsche Bundestag mit einem geplanten Gesetzesvorhaben, das die gegenwärtig straffreie Form der Sterbehilfe betrifft: die Beihilfe zum Suizid. Danach soll nunmehr nicht nur die gewerbsmäßige, also kommerzielle, sondern darüber hinaus auch die geschäftsmäßige, d. h. jede organisierte Suizidhilfe verboten werden.
Damit würde auch Ärzten Strafe angedroht, die einem todkranken Patienten behilflich wären, dessen Leben selbstbestimmt zu beenden. Die DGHS befürchtet, dass der Sterbewillige mehr als bisher darauf angewiesen wäre, zur Erlösung von seinem Leiden den strapaziösen Weg in die Schweiz anzutreten - fern seiner vertrauten Umgebung. Mit oft grausamen Methoden ausgeführte Verzweiflungssuizide solcher Kranker würden sich häufen, nicht selten auch unbeteiligte Dritte einbeziehen. Die gleichzeitig von der Politik angestrebte Missbrauchsverhütung wäre damit nicht mehr möglich, sondern im Gegenteil kontraproduktiv bilanzierte die Gesellschaft.
Die DGHS warnt deshalb dringend vor einer solchen Veränderung der Gesetzeslage. Auch sie lehnt jede Form einer kommerziellen Sterbehilfe ab, fordert jedoch Straffreiheit für die ärztliche Begleitung und Ermöglichung einer selbstbestimmten und selbst eingeleiteten Lebensbeendigung eines unheilbar Leidenden und die Möglichkeit einer organisierten Vermittlung an solche Ärzte. Dies unter der Vorbedingung, dass nach ausführlicher Information und Beratung des Kranken palliative Möglichkeiten erschöpft oder von dem Betroffenen nicht mehr erwünscht sind. Die DGHS sieht sich dabei bestärkt durch eine große Mehrheit der Bevölkerung, die eine ärztliche Sterbehilfe dieser Art befürwortet und wünscht. Die jüngste dazu in Auftrag gegebene Repräsentativ-Umfrage (FORSA) ergab eine Zustimmung von 77 Prozent.
Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben weist in einer Presseerklärung ausdrücklich auf das im Grundgesetz verbürgte Selbstbestimmungsrecht des Menschen hin und plädiert deshalb dafür, dass diese Möglichkeit einer Sterbehilfe unter Festlegung klarer Sorgfaltskriterien besteht. Wichtig ist aus Sicht der DGHS auch, dass Medikamente, die einen schmerzfreien Tod ermöglichen, legal verfügbar sind.
Die DGHS bietet zudem an, ihre in mehr als 30 Jahren gewachsene Erfahrung mit dieser Thematik in die politische Diskussion mit einzubringen.
Ärzten darf zudem standesrechtlich nicht mehr verwehrt werden, ihrer Gewissensfreiheit zu folgen, wenn es um die ärztliche Begleitung eines Suizides geht. Gemeinsam mit sechs anderen wichtigen humanistischen Verbänden legte die DGHS dazu im März 2014 ein Positionspapier “Zehn Leitsätze gegen ein strafgesetzliches Verbot der Beihilfe zum Suizid” vor. In diesen Tagen hat sie den Mitgliedern der Bundestags-Ausschüsse für Gesundheit sowie Recht und Verbraucherschutz das Positionspapier zugesandt.
Auf der gemeinsamen Website des Bündnisses mein-ende-gehoert-mir.de, auf der die Leitsätze einzusehen sind, haben sich bereits zahlreiche Unterstützer eingetragen.