Gesicht zeigen! - Gegen religiöse Vermummung

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BERLIN. (hpd) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am Dienstag dieser Woche bestätigt: die gesetzliche Regelung in Frankreich, wonach das Tragen von Ganzkörperschleier oder Gesichtsschleier in der Öffentlichkeit verboten ist, ist rechtens. Das gesetzliche Verbot verstoße nicht gegen Menschenrechte der betroffenen Frauen und sei nicht diskriminierend.

Begründet hat der EGMR das vor allem damit, dass die Verschleierung des Gesichts eine Barriere zwischen der Trägerin des Schleiers und der Umwelt errichte und damit das Gefühl des Zusammenlebens in einer Gesellschaft untergrabe. Der Staat sei berechtigt, Maßnahmen zu ergreifen, um die Voraussetzungen des Zusammenlebens in der Gesellschaft zu wahren.

Eine genaue Analyse der Gerichtsentscheidung wird erst nach Veröffentlichung des schriftlichen Urteils möglich sein. Es bleibt abzuwarten, ob der Gerichtshof lediglich die mögliche Beeinträchtigung von Menschenrechten der Klägerin erörtert, oder auch untersucht hat, welche Konsequenzen zu ziehen sind, wenn jemand unter Berufung auf religiöse Gründe bereits im Ansatz die offene Kommunikation mit der Gesamtgesellschaft verweigert. Konkret ausgedrückt: allen anderen Gesellschaftsmitgliedern mitteilt, Ihr seid es nicht wert mit Euch zu kommunizieren – Euch zeige ich nicht einmal mein Gesicht! Die Zeiten religiöser Überheblichkeit, herablassender Arroganz anderen gegenüber sollten eigentlich vorbei sein. Einige haben dies aber wohl noch nicht begriffen.

Religiöse verstehen sich gerne darauf, jammernd und ihre vermeintliche Unterdrückung wortreich beklagend von der Gesellschaft Toleranz einzufordern. Dringend aber stellt sich doch diese Frage: welche Toleranz ist religiösen Menschen abzuverlangen in Hinsicht auf das Funktionieren des gesellschaftlichen Miteinanders? Muss jedwede religiöse Zumutung akzeptiert, hingenommen werden? Eine gesellschaftliche Debatte über eine wechselseitige Toleranz und auch die Grenzen von Toleranz erscheint dringend nötig.

Ein Verbot des Tragens eines Gesichtsschleiers in der Öffentlichkeit ist bislang lediglich in Frankreich und Belgien Gesetzeslage, ob andere europäische Staaten folgen werden, ist derzeit nicht abschließend beurteilbar. Angebracht wäre es schon, wenn andere europäische Staaten ähnliche Regelungen schaffen würden.

In Deutschland findet eine Debatte über dieses Thema nahezu nicht statt. Weitgehend Einigkeit in der politischen Klasse besteht lediglich darüber, dass weibliche Beschäftigte im Öffentlichen Dienst keine Gesichtsverschleierung tragen dürfen. Eine Mitarbeiterin mit Burka im Bürgeramt, wie vor einiger Zeit in Frankfurt in der Debatte, grotester geht es kaum. Dass eine “abstruse Auslegung des Islam durch die städtische Beschäftigte ein Bild des Islam zeichnet, das mit den Ansichten fast aller Muslime in Deutschland nichts zu tun hat”, befürchtete seinerzeit die hessische Landtagsabgeordnete Mürvet Öztürk. Auch von den muslimischen Organisationen müssen klare Aussagen zu Burka und Niqab gefordert werden.

In einigen Bundesländern gibt es Regelungen hinsichtlich eines Burka-Verbots in Schulen und Kitas, Bremen und Berlin haben gesetzliche Regelungen für Landesbeamtinnen geschaffen.

Zu dieser Problematik gibt es bislang kaum Gerichtsentscheidungen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat am 22.04.2014 , dem Verwaltungsgericht Regensburg folgend, das Verbot des Tragens eines (gesichtsverhüllenden) Niqabs für Schülerinnen in einer Berufsoberschule für rechtens erklärt: die Gesichtsverschleierung verstoße gegen das (aufgrund des staatlichen Bildungs- und Erziehungsprogramms) zulässige didaktische Konzept der “offenen Kommunikation” im Schulunterricht. Da zu diesem Konzept auch Mimik, Gestik und Körpersprache gehörten, werde nonverbale Kommunikation bei einer Gesichtsverschleierung ausgeschlossen und damit die Kommunikation unter den SchülerInnen und mit den LehrerInnen erheblich eingeschränkt. Aus Art. 56 Abs. 4 BayEUG ergebe sich für SchülerInnen die Pflicht, mit geeigneter Kleidung am Schulunterricht teilzunehmen.

An der Universität Gießen wurde vor kurzem einer Studentin untersagt, mit Gesichtsschleier an universitären Veranstaltungen teilzunehmen. Die Uni berief sich gegenüber der Studentin darauf, dass “ein angemessener wissenschaftlicher und akademischer Diskurs in Lehrveranstaltungen durch ihre Verschleierung unmöglich ist, weil Mimik und Gestik als wichtige Aspekte der Kommunikation nicht zur Verfügung stehen.” Die betreffende Frau wird künftig in Lehrveranstaltungen ihr Gesicht zeigen.

Es geht doch! Also: keine Türöffnung für religiöse Fundamentalisten und Fanatikern. Am besten möglichst bald eine generelle gesetzliche Regelung – in allen Bundesländern und bundesweit. Auch damit die große Mehrzahl der Musliminnen in Deutschland durch eine kleine Minderheit und deren fundamentalistische Vorstellungen nicht in ein falsches Licht gerückt werden.

Gesicht zeigen!" ist der Slogan des ”Vereins für eine weltoffenes Deutschland", der mit einer Kampagne gegen Rassismus und für Toleranz und Weltoffenheit eintritt. Wer sein Gesicht nicht zeigt, leistet keinen Beitrag für ein weltoffenes Deutschland und lässt ein Minimum an Toleranz für andere vermessen. Wer Abgrenzung und Ausgrenzung von Anderen zum Prinzip erhebt, darf nicht damit rechnen können, dass dies toleriert wird.