Muslimischer Anteil an der europäischen Bevölkerung wird zunehmen

Europas wachsende muslimische Bevölkerung

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Das Pew Research Center hat eine Studie veröffentlicht, nach der auch ohne zukünftige Migration der Anteil der Muslime in Europa wachsen wird. Dabei wurden drei Szenarien entworfen, nach denen der Anteil von Muslimen in Europa auf 7 bis 14% anwachsen könnte.

Europa hat in den vergangenen Jahren Rekordzahlen an Asylsuchenden verzeichnet, die vor Konflikten in Syrien und anderen vorwiegend muslimischen Ländern geflohen sind. Diese Welle an muslimischen Migranten hat in zahlreichen Ländern einwanderungs- und sicherheitspolitische Debatten ausgelöst und Fragen aufgeworfen über die gegenwärtige und zukünftige Anzahl an Muslimen in Europa.

Um zu sehen, wie sich die Größe der muslimischen Bevölkerung Europas in den kommenden Jahrzehnten verändern wird, hat das Pew Research Center drei mögliche Szenarien entworfen, die sich jeweils nach dem künftigen Migrationsniveau unterscheiden. Diese Entwürfe sind keine Bestrebungen, vorherzusagen, was in der Zukunft geschehen wird, sondern vielmehr eine Reihe von Projektionen, wie sich Europa unter verschiedenen Umständen entwickeln könnte.

Die Grundbasis für alle drei Szenarien ist die muslimische Bevölkerung in Europa (hier definiert als die 28 Mitgliederländer der Europäischen Union, plus Norwegen und die Schweiz) von Mitte 2016, geschätzt auf 25,8 Millionen (4,9% der Gesamtbevölkerung) – angestiegen von 19,5 Millionen (3,8%) Mitte 2010.

Selbst wenn alle Formen der Einwanderung nach Europa sofort und endgültig enden würden - ein "Null-Migration"-Szenario - würde die muslimische Bevölkerung in Europa bis zum Jahr 2050 erwartungsgemäß von derzeit 4,9% auf 7,4% steigen. Das liegt daran, dass Muslime jünger sind (durchschnittlich um 13 Jahre) und eine höhere Fertilität haben als andere Europäer (durchschnittlich ein weiteres Kind pro Frau), was eine globale Entwicklung widerspiegelt.

Ein zweites, "mittleres" Migrationsszenario geht davon aus, dass alle Flüchtlingsströme Mitte 2016 enden, sich aber die "reguläre" Migration nach Europa fortsetzt (d.h. Migration von Personen, die aus anderen Gründen kommen als Asyl zu suchen). Unter diesen Bedingungen könnten Muslime bis 2050 einen Anteil von 11,2% der europäischen Bevölkerung erreichen.

Ein "hohes" Migrationsszenario sieht vor, dass die Rekordzahlen von Flüchtlingen nach Europa zwischen 2014 und Mitte 2016 auch zukünftig uneingeschränkt und in der gleichen religiösen Zusammensetzung (d.h. größtenteils aus Muslimen bestehend) unverändert bleiben, zusätzlich zum üblichen jährlichen Fluss von regulären Migranten. In diesem Szenario könnten Muslime bis 2050 14% der europäischen Bevölkerung ausmachen - fast das Dreifache des heutigen Anteils, aber immer noch erheblich kleiner als die Anteile von Christen und Menschen ohne Religion in Europa.

Während die muslimische Bevölkerung Europas in allen drei Szenarien erwartungsgemäß zunehmen wird - und sich in den Szenarien mit mittlerer und hoher Migration mehr als verdoppeln wird - wird die nicht-muslimische Bevölkerung in Europa aller Voraussicht nach in allen Szenarien zurückgehen. Migration mildert diesen Rückgang jedoch etwas ab; fast die Hälfte aller Neuzuwanderer (Flüchtlinge und reguläre Migranten) nach Europa (47%) waren keine Muslime, wobei Christen die nächstgrößere Gruppe bildeten.

Insgesamt gesehen dürfte die Bevölkerung Europas (sowohl Muslime als auch Nicht-Muslime) ohne künftige Migration erheblich zurückgehen (von etwa 521 Millionen auf schätzungsweise 482 Millionen). Im mittleren Migrationsszenario würde sie ungefähr stabil bleiben, während im hohen Migrationsszenario ein moderates Wachstum zu erwarten wäre.

Die Auswirkungen dieser Szenarien sind in verschiedenen europäischen Ländern unterschiedlich; vor allem aufgrund von Regierungsentscheidungen sind einige Länder stärker von Migration betroffen als andere.

In Ländern, in denen in den letzten Jahren relativ viele muslimische Flüchtlinge aufgenommen wurden, sind die größten Veränderungen im hohen Migrationsszenario zu erwarten - das einzige Szenario, das in Zukunft weiterhin starke Flüchtlingsströme projiziert. So wird die deutsche Bevölkerung (6% muslimisch im Jahr 2016) im hohen Szenario bis 2050 voraussichtlich 20% muslimisch sein – eine Widerspiegelung der Tatsache, dass Deutschland in den letzten Jahren viele muslimische Flüchtlinge aufgenommen hat - verglichen mit 11% im mittleren Szenario und 9% im Szenario der Null-Migration.

Schweden, das auch eine relativ hohe Anzahl an Flüchtlingen aufgenommen hat, würde noch größere Auswirkungen sehen, wenn die Migrationsraten von 2014 bis Mitte 2016 auf unbestimmte Zeit anhalten würden: Schwedens Bevölkerung (8% muslimisch im Jahr 2016) könnte im hohen Szenario auf 31% anwachsen bis 2050, verglichen mit 21% im mittleren Szenario und 11% ohne weitere muslimische Migration.

Die Länder, in denen die größten Veränderungen im mittleren Szenario zu erwarten sind, wie zum Beispiel das Vereinigte Königreich, sind im Gegensatz dazu eher Ziele für die höchste Anzahl regulärer muslimischer Migranten. Dieses Szenario beschreibt nur die Migration von Personen, die aus anderen Gründen kommen als Asyl zu suchen.

Und Länder mit einer muslimischen Bevölkerung, die besonders jung sind oder eine relativ große Anzahl von Kindern haben, würden die signifikanteste Veränderung im Szenario der Null-Migration sehen; dazu gehören Frankreich, Italien und Belgien.

Einige Länder, wie Polen und Rumänien, würden sich in keinem der Szenarien bemerkenswert verändern, in der Regel, weil sie insgesamt  nur wenige Muslime und / oder ein niedriges Einwanderungsniveau haben.

Ausgangspunkt für all diese Szenarien ist die europäische Bevölkerung Mitte 2016. Die Schätzungen für 2016 basieren auf Analysen und Berechnungen des Pew Research Centers der besten verfügbaren Volkszählungs- und Umfragedaten in allen Ländern, kombiniert mit Daten zu Migration von Eurostat und anderen Quellen. Die genaue Anzahl der Muslime in Europa zu ermitteln ist allerdings keine einfache Aufgabe.

Ein Grund für Ungewissheit ist der Status von Asylsuchenden, denen kein Flüchtlingsstatus gewährt wird. Für die in diesem Bericht vorgestellten zukünftigen Bevölkerungsschätzungen wird angenommen, dass nur muslimische Migranten, die in Europa bereits einen legalen Status haben - oder voraussichtlich erlangen werden - auf lange Sicht bleiben, daraus ergibt sich ein Grundwert von 25,8 Millionen Muslimen im Jahr 2016 (4,9 % der europäischen Bevölkerung). Auf der Grundlage früherer Zulassungsquoten in den einzelnen Ländern schätzt Pew Research Center jedoch, dass fast eine Million weiterer muslimischer Asylsuchender, die in den letzten Jahren nach Europa gekommen sind, ihre Asylanträge nicht bewilligt kriegen werden. Wenn alle Muslime, die sich derzeit in einer rechtlichen Schwebe in Europa befinden, in Europa bleiben würden, könnte der Basiswert von 2016 auf 26,8 Millionen ansteigen, mit weitreichenden Auswirkungen in allen drei Szenarien.

Dies sind einige der wichtigsten Erkenntnisse aus einer neuen demografischen Analyse des Pew Research Center - Teil einer umfassenderen Bemühung, das Bevölkerungswachstum religiöser Gruppen auf der ganzen Welt zu prognostizieren. Dieser Bericht, der sich auf Muslime in Europa und die rasanten Veränderungen durch den jüngsten Flüchtlingsstrom konzentriert, liefert die ersten Schätzungen über die wachsende Größe der muslimischen Bevölkerung in Europa nach der Flüchtlingswelle zwischen 2014 und Mitte 2016. Er basiert auf den besten verfügbaren Daten in Kombination mit Schätzungs- und Projektionsmethoden, die in früheren demografischen Studien des Pew Research Center entwickelt wurden. Die Projektionen berücksichtigen die derzeitige Größe sowohl der muslimischen als auch der nicht-muslimischen Bevölkerung in Europa sowie internationale Migration, Alters- und Geschlechtszusammensetzung, Fertilitäts- und Mortalitätsraten sowie Religionswechsel. (Siehe Methodologie für Details.)

Dieser Bericht wurde vom Pew Research Center im Rahmen des Projekts Pew-Templeton Global Religious Futures erstellt, in dem religiöse Veränderungen und ihre Auswirkungen auf Gesellschaften in der ganzen Welt analysiert werden. Die Finanzierung für das Global Religious Futures-Projekt stammt von The Pew Charitable Trusts und der John Templeton Foundation.