Filmrezension

Beeindruckender Film über eine starke Frau

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Mina Ahadi in Hesam Yousefis Film "Alle grüßen dich"

Seit Jahrzehnten engagiert sich die im Iran geborene Mina Ahadi gegen Menschenrechtsverletzungen durch den Politischen Islam. Der kurdische Filmemacher Hesam Yousefi hat sie mehrere Monate lang mit seiner Kamera begleitet und legt nun mit seinem Dokumentarfilm "Alle grüßen dich" ein ebenso beeindruckendes wie gefühlvolles filmisches Portrait der Menschenrechtsaktivistin vor.

"Das Leben ist Reise. Manchmal geht die Reise schnell und manchmal geht es langsam. Diese Reise ist nicht immer schön. Sie ist nicht immer voller ruhiger und reiner Momente. Es gibt Ereignisse, die das Leben verändern. Die iranische Revolution im Jahr 1979 war ein Ereignis, das den Lauf meines Lebens veränderte und nicht nur viele schöne Momente, sondern auch schmerzhafte Momente in mein Leben brachte." Diese Worte von Mina Ahadi bilden die Einleitung von Hesam Yousefis Dokumentarfilm über die österreichische Menschenrechtsaktivistin iranischer Herkunft.

Beispielbild
Filmplakat "Alle grüßen dich" 

Am Anfang von Yousefis Film steht das Ende: der Tod. Ahadi erzählt, wie sich ihre Einstellung zum Tod im Laufe ihres Lebens verändert hat und auch, welche Rolle dabei ihre Kinder und ihre Familie spielten. Der Tod und die Familie als Sinnbild des Lebens, sie sind die beiden Pole, um die sich Ahadis Leben dreht. Yousefi, der wie Ahadi im Iran geboren wurde, hat die Aktivistin während vieler Monate immer wieder besucht, mit ihr Gespräche über die Stationen ihres Lebens geführt und ihre politischen Aktionen begleitet. Unterschnitten werden die Interviews in Yousefis filmischem Portrait mit historischen Aufnahmen der iranischen Revolution und weiterer Ereignisse, die Mina Ahadis Leben prägten.

Im Film erzählt die 1956 in Abhar geborene Ahadi von ihrer Kindheit in religiös geprägten kleinstädtischen Verhältnissen, die sie als Gefängnis empfindet. Sie wird zum Tragen des Hijabs gezwungen, der für sie "ein schwarzes Tuch auf meinen Gefühlen, Emotionen und Entscheidungen" ist. Durch Urlaubsaufenthalte beim atheistischen Großvater in Teheran lernt sie dagegen die Freiheit kennen, denn hier muss sie kein Kopftuch tragen und darf die Großstadt genießen. Um dem religiösen Gefängnis zu entkommen, setzt sie deshalb alles daran, gute Schulnoten zu schreiben, damit sie in einer Großstadt studieren kann. 

1974 beginnt Ahadi ein Medizinstudium an der Universität Täbris. Sie schließt sich linken politischen Kreisen an und setzt sich für eine Revolution gegen die autoritäre Herrschaft von Schah Pahlavi ein. Die Revolution kommt, allerdings keine linke, sondern eine religiöse, in der muslimische Fundamentalisten um Ruhollah Chomeini 1979 die Islamische Republik ausrufen. Die ersten Opfer der neuen Herrschaft, so Ahadi, seien die Frauen gewesen. Gemeinsam mit anderen ruft Ahadi an der Universität zu Demonstrationen gegen den neu eingeführten Verschleierungszwang für Frauen auf, worauf sie von der Uni geworfen wird. Ahadi geht in den Widerstand gegen das islamische Regime. Dort lernt sie ihren ersten Ehemann kennen, der von den Islamisten verhaftet wird. Sein Bruder kann ihm im Gefängnis gerade noch die Worte "Alle grüßen dich" ausrichten, bevor er hingerichtet wird.

Ahadi, die nun auch in Lebensgefahr schwebt, flüchtet zu den kommunistischen Partisanen der Komala-Partei in Kurdistan. Bei der Arbeit dort lernt sie ihren zweiten Mann kennen, mit dem sie bis heute glücklich verheiratet ist. Einem Giftgasangriff durch die Truppen Saddam Husseins, der 1988 Ziele im irakischen Teil Kurdistans bombardiert, entkommt sie nur knapp mit dem Leben. Zusammen mit ihrem Mann beantragt sie schließlich 1989 in Österreich Asyl. Sie wird Mutter zweier Töchter und nimmt nun in Europa den Kampf gegen das islamische Regime im Iran sowie den Politischen Islam insgesamt auf. Primär, indem sie Politik und Gesellschaft über Menschenrechtsverletzungen durch den Politischen Islam aufklärt.

Szene aus Hesam Yousefis Film "Alle grüßen dich"
Mina Ahadi versucht unermüdlich, auf Menschenrechtsverletzungen durch das islamische Regime im Iran aufmerksam zu machen und Hinrichtungen zu verhindern (Szene aus Hesam Yousefis Film "Alle grüßen dich").

Hesam Yousefi arbeitet in seinem Film heraus, wie sehr Ahadi die Kraft für ihr langjähriges Engagement aus ihren persönlichen leidvollen Erfahrungen schöpft – allen voran der traumatischen Hinrichtung ihres ersten Ehemanns. "Weil mein Mann hingerichtet wurde und ich dieses Leid und diese Schmerzen erleben musste, will ich, dass niemand mehr hingerichtet wird, der von Müttern, Frauen oder Kindern geliebt wird", so Ahadi in Yousefis Film. Auch dass Ahadi bei ihrer unermüdlichen Aufklärungsarbeit über den Politischen Islam, der ihr regelmäßig Morddrohungen und Polizeischutz einbringt, oft genug an die eigenen Grenzen und darüber hinaus geht, zeigt der Film. Ruhe findet sie in der Geborgenheit der Familie.

Yousefis Film ist vieles. Indem er die prägenden Stationen in Ahadis Leben nachzeichnet, ist er gewissermaßen ein Crashkurs in iranischer und nahöstlicher Geschichte rund um die Zeit der Iranischen Revolution. Der Film ist auch ein Appell zum Hinsehen, denn er macht in verstörender Weise darauf aufmerksam, dass im Iran regelmäßig Hinrichtungen und Menschenrechtsverletzungen stattfinden, die von der westlichen Politik und westlichen Gesellschaften oft völlig ignoriert werden. Vor allem jedoch ist Yousefis Film das beeindruckende Portrait einer starken Frau mit einem bewegten und bewegenden Leben.

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