Eine "Kulturrevolution von rechts" ist das Ziel der Neuen Rechten. In seinem Buch "Intellektuelle Rechtsextremisten. Das Gefahrenpotential der Neuen Rechten" zeigt Politikwissenschaftler und Extremismusforscher Armin Pfahl-Traughber die aktuell wichtigsten Vertreter der Neuen Rechten sowie ihre Vordenker, Positionen, Strategien und ihr Gefahrenpotential auf. Ein sehr empfehlenswertes, systematisch gut strukturiertes Buch, das sich hervorragend als Einstieg in die Thematik anbietet, ohne dabei die nötige Tiefe vermissen zu lassen.
Die Definition, was unter "Neuen Rechten" eigentlich zu verstehen ist, steht am Beginn von Pfahl-Traughbers Ausführungen, denn in den Medien und sogar in wissenschaftlichen Publikationen herrsche in Hinblick auf den Terminus "Neue Rechte" "große Konfusion", so der Autor. Pfahl-Traughber setzt der Begriffsverwirrung eine Definition entgegen, die sich an den Analysekriterien Ideologie, Organisation, Strategie und Wirkung orientiert. "Neue Rechte" sind nach dieser Definition – sehr kurz gesagt – eine "Gruppe rechtsextremistischer Intellektueller", die eine "Kulturrevolution von rechts" vorantreiben will, was sie von anderen Akteuren im rechtskonservativen bis rechtextremen Spektrum unterscheidet.
Dass ein Blick in die Geschichte hilfreich sein kann, um Phänomene der Gegenwart zu verstehen, hat sich schon oft bewahrheitet. Es zeigt sich, dass dies auch für das Phänomen "Neue Rechte" gilt. Denn die Neuen Rechten der Gegenwart sind – ideologisch betrachtet – eigentlich nicht besonders "neu", so Pfahl-Traughber, sondern orientieren sich an sehr alten historischen Vorbildern. Überraschenderweise nicht vordringlich aus der Zeit des Nationalsozialismus, wie man vielleicht vermuten könnte. Sie sind Anhänger der "Konservativen Revolution" der Weimarer Republik, einer "Gruppe von einzelnen Intellektuellen mit einer antidemokratischen und prodiktatorischen Zielsetzung". Pfahl-Traughber geht auf die zentralen Figuren dieser Konservativen Revolution vor rund einhundert Jahren ein und zeigt die ideologischen Verbindungslinien zu den Neuen Rechten auf, welche die damaligen Auffassungen und die ablehnende Haltung der historischen Vorbilder gegen eine liberale Demokratie "letztendlich nur in einem aktuellen Gewand auf Themen der Gegenwart übertragen".
Neben den Vorbildern der Konservativen Revolution zeigt Pfahl-Traughber auch weitere Denker auf, die den Neuen Rechten als intellektuelle Vorbilder dienen. Er benennt ferner zentrale Akteure der gegenwärtigen Neuen Rechten sowie Einrichtungen, Publikationsorgane und Verlage, die den Neuen Rechten zuzuordnen sind. Der Autor erläutert darüber hinaus typische politische Positionen der neuen Rechten wie zum Beispiel "die Faszination für einen faschistischen Habitus", "den grundlegenden Bedeutungsgehalt ethnischer Zugehörigkeit" oder auch "die rhetorischen Selbstermächtigungen zum 'Widerstand'". Wobei Pfahl-Traughber darauf hinweist, dass es den entsprechenden Positionen "nicht selten an Eindeutigkeit und Klarheit" mangelt. Auch könnten "die Akteure der Neuen Rechten häufig ihre eigenen Politik- wie Wertvorstellungen nicht systematisch begründen".
Der Anwendung ihrer Strategien, die von Pfahl-Traughber ebenfalls systematisch aufgeführt werden, tut dies keinen Abbruch. Zusammengefasst bestehen diese, so der Autor, in einem "Kampf um die Köpfe", einer "Kulturrevolution von rechts" oder einer "Metapolitik des Widerstands". Kurzum, so darf man wohl zusammenfassen, in einer schrittweisen, aber sehr effektiven Aushöhlung von zentralen Wertfundamenten und kollektiven Gewissheiten der Demokratie in der Breite der Bevölkerung, welche letztlich dazu diesen soll, das Fundament für einen politischen Umbruch zu schaffen.
Pfahl-Traughbers begrifflich klares Werk mit umfangreichem Literaturverzeichnis zeichnet sich durch eine wohltuende Systematik und Kürze aus und bietet sich deshalb sowohl für den wissenschaftlichen als auch für den nicht-wissenschaftlichen Leser als schneller und zugleich gründlicher Einstieg in die Thematik an.