Derzeit läuft eine Petition der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf dem Portal "Openpetition". Sie richtet sich gegen die Sonderstellung des "dritten Weges", der es kirchlichen Arbeitgebern ermöglicht, eigenes Recht auf ihre Beschäftigten anzuwenden.
Die Petition richtet sich namentlich an den amtierenden Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, aber auch an die Abgeordneten der drei Ampel-Fraktionen. Sie werden aufgefordert, Paragraph 9 im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu streichen, der Sonderregeln für Kirchen ermöglicht. Damit zielen die Initiatoren auf ein Ende der Diskriminierung wegen privat getroffener Entscheidungen ab. In der Vergangenheit wurden etwa kirchlich Beschäftigte gekündigt, die nach einer Scheidung erneut geheiratet hatten. Dass diese Sonderregelung gegen europäisches Recht verstößt, wurde bereits gerichtlich festgestellt. Auch gesetzliche Ausnahmen im Betriebsverfassungsgesetz sollen fallen und Kirchenbeschäftigten volle Mitbestimmung sichern.
"Auch im Jahr 2023 haben wir, die Beschäftigten von Kirchen, Diakonie und Caritas, noch nicht dieselben Rechte wie unsere Kolleg*innen in weltlichen Betrieben. Für kirchliche Arbeitgeber gelten gesetzliche Sonderregeln im Arbeitsrecht. Sie können zum Beispiel Pflegekräfte, Erzieher*innen oder Verwaltungsangestellte kündigen, wenn diese aus der Kirche austreten oder den Kirchenoberen ihr Privatleben missfällt. Als kirchlich Beschäftigte haben wir geringere Mitbestimmungsrechte und können daher schlechter Einfluss auf unsere Arbeitsbedingungen nehmen", stellt der Petitionstext fest und fordert: "Höchste Zeit, diese veralteten Kirchenprivilegien abzuschaffen". SPD, Grüne und FDP hätten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, das kirchliche Sonderrecht zu überprüfen. Für die Initiatoren sei klar: "Es gehört abgeschafft! Die Diskriminierung von Beschäftigten kirchlicher Einrichtungen muss ein Ende haben. Gleiche Rechte für alle!"
Begründet wird die Abschaffungsforderung zum einen mit der Finanzierung kirchlicher Betriebe: "Wie bei anderen Trägern werden diese fast ausschließlich aus Steuermitteln und Sozialversicherungsbeiträgen finanziert." Kirchliche Unternehmen betrieben Tarifflucht und Outsourcing, nutzten Leiharbeit und sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse. "Sie verhalten sich wie andere Arbeitgeber, beharren aber auf Sonderregeln im Arbeitsrecht. Das passt nicht zusammen."
Des weiteren kritisiert die Petition, dass die eigenen Mitbestimmungsrechte in kirchlichen Einrichtungen weniger wirksam und schwieriger durchsetzbar seien und außerdem geringere Ressourcen als Betriebs- und Personalräte hätten. Gewerkschaften würden im Kirchenrecht ausgegrenzt. Das Wort "Gewerkschaft" komme "weder im katholischen noch im evangelischen Mitarbeitervertretungsrecht überhaupt vor". "Das bedeutet eine gravierende Schwächung demokratischer Teilhabe." Die Petitions-Initiatoren subsummieren: "Für eine umfassende Stärkung der Mitbestimmungsrechte muss das staatliche Recht ohne Einschränkungen durch den so genannten Tendenzschutz zur Anwendung kommen."
Die ver.di-Petition kann hier gezeichnet werden.