Kinder sollen rechtlos gestellt werden

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Bundesjustizministerium (Foto: Beek100, Wikipedia)

BERLIN. (hpd) Das Bundesjustizministerium hat jetzt die wesentlichen Grundzüge der geplanten Gesetzesänderung zu Gunsten von religiös motivierten Knabenbeschneidungen der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein Blick in die Veröffentlichung zeigt: Die Bundesregierung will den Forderungen der Religionsvertreter folgen und die Menschenrechte von unmündigen männlichen Kindern einschränken!

Grundlage dieses Papiers ist der Eil-Beschluss des Deutschen Bundestags vom 19.07.2012, mit dem die Bundesregierung zu einer zügigen Vorlage eines Gesetzesentwurfs aufgefordert worden ist, um rituelle Knabenbeschneidungen zu legalisieren. Infolge des Urteils des Landgerichts Köln vom 7. Mai 2012 hatten jüdische und muslimische Religionsvertreter auf Bundestag und Bundesregierung massiv eingewirkt, um ihre praktizierten Rituale weiter gewährleistet zu sehen. Auch das Bundesjustizministerium setzt unangemessen kurze Fristen und lädt mit Schreiben vom 25. September 2012 zu einer Anhörung schon am 28. September 2012 ein, gibt Verbänden und Vereinigungen Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gerade einmal bis zum 1. Oktober 2012. So geht vor, wer die fertige Lösung schon in der Schublade hat und um die Meinung Anderer nur anhält, um der Form Genüge zu tun – ein reines Alibi-Verhalten.

Entwurf der Regelung zur Beschneidungslegalisierung

Der Entwurf des Justizministeriums sieht für die geplante Regelung pro Beschneidungen eine Ergänzung bei den Sorgerechtsregelungen im BGB vor. Dort soll folgender Passus eingefügt werden:

„Beschneidung des männlichen Kindes

(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wen diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.

(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgemeinschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Abs. 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.“

Zustimmung seitens der Religionsverbände

Der Zentralrat der Juden hat bereits umgehend nach Veröffentlichung den Regelungsentwurf ausdrücklich begrüßt; die zustimmende Stellungnahme des Zentralrats der Muslime folgte kurze Zeit später. Dort hat man allerdings Probleme damit, dass für die muslimische Beschneidungspraxis eine Arztpflicht gilt, für die jüdische mit einer Beschneidung am achten Lebenstag hingegen nicht. Die Muslime wollen Gleichbehandlung, sie haben (immer noch) nicht, begriffen, dass die Juden in Deutschland gleicher sind als die Muslime. Jüdische und muslimische Verbandsvertreter konnten sich grundsätzlich mit Ihren Vorstellungen zur Legalisierung ihres archaischen Rituals vollständig durchsetzen. Dass dabei die Menschenrechte von Kindern auf der Strecke bleiben, ist für sie völlig unerheblich.

Umfassende Erörterungen mit israelischem Oberrabbiner und Verbandsfunktionären

Hast bei der Gesetzgebung führt bisweilen zu Schlampigkeit in der Formulierung des Gesetzes. Auch wenn in Hinsicht auf die Vorhautamputationen von Knaben im Eiltempo und weitestgehend hinter verschlossenen Türen vorgegangen wird: den Vorwurf der Schlampigkeit wird man nicht erheben können. Umfassende Erörterungen sind dem Entwurf aus dem Bundesjustizministerium vorausgegangen - mit dem israelischen Oberrabbiner Metzger während seiner Agitationstour durch Deutschland im August und mit den Verbandsfunktionären des Zentralrats der Juden und des Zentralrats der Muslime. Es wurde sorgfältig darauf geachtet, dass Knabenbeschneidungen weiterhin genau so praktiziert werden können wie in der Vergangenheit und dass dies präzise im Gesetz zum Ausdruck kommt.

Keine Änderungen – Beschneidungen wie bisher

Die vorgesehene Regelung enthält nichts, was nicht schon bisher praktiziert worden wäre, so dass alles beim Alten bleibt.

Von den vom Deutschen Ethikrat gestellten Mindestanforderungen an zulässige Beschneidungen ist nichts übrig geblieben mit Ausnahme dessen, dass der Beschneider zu einer umfassenden Aufklärung der Eltern vor dem Eingriff verpflichtet sein soll, wie es in einem Schreiben des Bundesjustizministeriums heißt. Wie allerdings eine solche „umfassende Aufklärung“ aussehen wird, kann man sich bereits jetzt vorstellen: sie wird wohl auf das Unterschreiben eines nichtssagenden Formulars mit Kleingedrucktem beschränkt bleiben. Denn nicht einmal eine Kontrolle der „umfassenden Aufklärung“ und erst recht keine Kontrolle der Beschneider ist vorgesehen. Von einer Beratungspflicht im Umfang derjenigen, die bei Schwangerschaftsabbrüchen vorgeschrieben ist, findet sich im vorgelegten Papier nichts, obwohl es bei den Beschneidungen nicht lediglich um künftiges Leben, sondern um bereits vorhandenes Leben geht, in das massiv und irreversibel eingegriffen wird.

Dass die Durchführung „nach den Regeln der ärztlichen Kunst“ zu erfolgen hat, bedeutet keine Änderung der bisherigen Praxis. Sowohl muslimische als auch jüdische Funktionäre haben stets beteuert, dies sei in ihren Communities ohnehin der Fall, denn es würden nur Ärzte tätig oder die entsprechenden Beschneider seien entsprechend qualifiziert.

In dem schon erwähnten Schreiben des Bundesjustizministeriums vom 25.09.2012 heißt es hierzu: „Dabei umfassen die Regeln der ärztlichen Kunst eine unter Beachtung der medizinischen Standards im Einzelfall gebotene und wirkungsvolle Schmerzbehandlung.“ Mit allgemeinen Floskeln soll offenbart das zentrale Problem verschleiert werden: Was bedeutet bei acht Tage alten Säuglingen eine „wirkungsvolle Schmerzbehandlung“? Eine Vollnarkose, durchgeführt von einem Mohel, der kein Arzt ist? Zudem – so behaupten die Religionsvertreter - verlangten die jüdischen Rituale, dass der Säugling während der Vorhautamputation bei vollem Bewusstsein sein muss, damit er - obwohl ansonsten „nicht einsichts- und urteilsfähig“ – seinen „Bund mit Gott“ schließen kann. Also wird es bei Salben und ein wenig „süßem Wein“ bleiben – dem Säugling somit bei vollem Bewusstsein die zu diesem Zeitpunkt vollständig mit dem Penis verklebte Vorhaut abgerissen werden. Dass zum Thema Schmerzbehandlung keinerlei Kontrolle vorgesehen, versteht sich bei der Intention der geplanten Gesetzesänderung fast schon von selbst.

Betroffene sollen auf keinen Fall Einfluss nehmen können – kein Vetorecht vorgesehen

Vom Vetorecht des Knaben – wie ebenfalls vom Deutschen Ethikrat gefordert – ist überhaupt nichts übriggeblieben; das werden die Religionsfunktionäre wohl als erstes der Bundesjustizministerin ausgeredet haben - nachvollziehbar aus ihrer Sicht, denn es geht ihnen gerade nicht um den Willen des Betroffenen. Dessen Wille ist - wie immer auch bei religiösen Sekten feststellbar – bekanntlich dem von den Geistlichen definierten Willen des jeweiligen Gottes stets untergeordnet. Und Gottes Wille steht – wie der Berliner Rabbiner Ehrenberg immer wieder deutlich macht – über allem anderen. Auch zum Vetorecht kommen aus dem Bundesjustizministerium nur realitätslose Worthülsen: „Über die geplante Kindeswohlklausel kann dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag Rechnung getragen, wenn die Umstände des Einzelfalls zu einer Gefährdung des Kindeswohls führen. In diesem Rahmen kann auch ein etwa entgegenstehender Wille des Kindes zu berücksichtigen sein.“

Zum einen wird auch bislang schon beispielsweise bei Blutern auf die Vorhautamputation verzichtet, wobei es auch in Zukunft bleiben wird, weil dies die religiösen Regeln erlauben, zum anderen wird durch die allgemeine Erlaubnis zum Vorhautentfernen ohne jegliche Kontrolle (durch Dritte) dem betroffenen Knaben jede Möglichkeit genommen, einen etwa entgegenstehenden Willen berücksichtigungsfähig zu äußern. An wen denn soll der fünf- oder acht- oder zehnjährige Knabe sich wenden, wenn er nicht beschnitten werden will? Wie soll er seinen Willen durchsetzen können, wenn er von mehreren Erwachsenen mit körperlicher Gewalt zur Duldung der Amputation gezwungen wird. Das vermeintliche Eingehen auf ein Vetorecht des Knaben erweist sich bei näherer Betrachtung als bloßes Manöver zur Täuschung der Öffentlichkeit.

Schließlich wird, wie dem Regelungsentwurf entnommen werden kann, jegliche Vorhautamputation bei Knaben erlaubt, sei es aus religiösen, prophylaktischen,  „hygienischen“ oder „ästhetischen“ Gründen. Allein der (beliebige) Elternwille zählt – die Orientierung am Wohl des Kindes wird aufgegeben. Ein Rückschritt bei den Kinderrechten - das nehmen die Religionsfunktionäre in Kauf, ja das interessiert sie nicht. So führt jüdisches und muslimisches Sonderrecht zu einer allgemeinen Verschlechterung des Schutzes männlicher Kinder vor Eingriffen in ihren Körper.

Ausschluss von Schadensersatzansprüchen der als Kinder Beschnittenen

Den Betroffenen soll jeder Schutz genommen werden. In knappen Stil eines Vollzugsberichtes meldet das Papier aus dem Bundesjustizministerium nicht nur, dass Beschneidungen von Knaben nach der Gesetzesänderung nicht als Körperverletzung bestraft werden können, sondern zudem, dass sie „auch keine Schadensersatzpflicht auslösen“ können. Beruhigend für alle, die ihr Geschäft mit dem Körper des Knaben machen.