Humanisten im Fokus

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Stelltafeln / Fotos © Evelin Frerk

BERLIN. (hpd) Am vergangenen Freitag wurde die Ausstellung „Humanisten im Fokus“ im Rathaus Kreuzberg eröffnet. Ausgewählte Beispiele von Personen benennen den Widerstand einer vielfältigen humanistischen Bewegung gegen den Nationalsozialismus und ihre Verfolgungsgeschichte.

Mit der Ausstellung will der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg (HVD) eine bisher kaum beleuchtete Widerstandsbewegung ins Zentrum der Öffentlichkeit rücken und den Menschen dieser Bewegung einen Namen geben. Sie ist Teil des Berliner Themenjahres „Zerstörte Vielfalt“, das auf vielfältigste Weise die verschiedensten Facetten und Schritte der Gleichschaltung der politischen und kulturellen Vielfalt Berlins nach 1933 darstellt.

Wenn heute im Allgemeinen über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus berichtet wird, stehen meist bürgerliche und christlich gesonnene Menschen im Mittelpunkt. Dass es auch Humanisten im Widerstand gegen den Nationalsozialismus gegen hat, wird dabei übersehen oder ist gar nicht bekannt.

Im Rahmen der Ausstellung wird das Vorgehen der NS-Institutionen gegen die humanistische Bewegung und der Widerstand von Menschen aus dieser Bewegung gezeigt. Im Mittelpunkt stehen Biographien von Humanisten aus Berlin, die sich gegen das NS-Regime aufgelehnt haben.

Am 17. März 1933 besetzten SA-Trupps die Zentrale des Freidenkerverbands. 14 Tage später wurde diese Aktion vom preußischen Innenministerium mit der Ernennung eines Staatskommissars legalisiert. Die politische und antireligiöse Betätigung des Verbands wurde verboten, nur die Bestattungsabteilung durfte weiterarbeiten.

Bereits drei Wochen zuvor hatte der von den Nationalsozialisten eingesetzte Staatskommissar die Auflösung der weltlichen Schulen verfügt. Mit der Formulierung „Das Ende des Humanismus ist da!“, bejubelte der Bund Deutscher Evangelischer Lehrer und Lehrerinnen diese Entscheidung.

Die Attraktivität der weltlichen Schulbewegung bestand darin, dass sie neue pädagogische Konzepte in den von ihr erkämpften weltlichen Schulen einführte und dass es keinen Religionsunterricht gab. Gemeinschaftlicher Unterricht von Jungen und Mädchen, Abschaffung der Prügelstrafe, Mitbestimmung, Erziehung zu sozialer Verantwortung sowie neue pädagogische Unterrichtsformen machten diese für viele Eltern und deren Kinder interessant. Damit unterschieden sie sich grundlegend von den konfessionellen Volksschulen. Im Januar 1933 existierten in Berlin 52 dieser Schulen.

Auf der Basis ihrer atheistischen Weltanschauung vertraten die Anhänger der humanistischen Bewegung Werte wie Solidarität, Freiheit und Gleichheit. Mit ihren Ansichten und Forderungen stießen sie auf den entschiedenen Widerstand der Kirchen. Auch die Nationalsozialisten lehnten die sozialistisch-humanistischen Ideen und die fortschrittliche Pädagogik dieser Bewegung ab. Bereits vor 1933 starteten Initiativen zum Verbot des Freidenkerverbandes und der Auflösung der weltlichen Schulen.

Freidenkerverband und weltliche Schulbewegung betrachteten sich als Teil der Arbeiterbewegung. Als diese in Deutschland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand, waren die Kirchen eng mit dem Staat verflochten und trugen zu dessen Herrschaftssicherung bei. Auch die Kontrolle über das Schulwesen übten sie aus.

Angesichts der engen Verflechtung zwischen Kirche und Staat wurde die kritische Auseinandersetzung mit der politischen Rolle der Religion und vor allem der Kirchen zu einem grundlegenden Element der Arbeiterbewegung. Die Forderung der SPD nach Glaubens- und Gewissensfreiheit, der Trennung von Staat und Kirche sowie Schule und Kirche war in einer Zeit, als Kaiser, Gott und Vaterland eine scheinbar unzertrennbare Einheit bildeten, und der Religionsunterricht aufgrund staatlicher Vorgaben auch die Liebe zu Kaiser und Vaterland zu vermitteln hatte, revolutionär.

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Michael Schmidt, Kurator der Ausstellung
Die strikte Trennung von Kirche und Staat und das Ende des kirchlichen Einflusses auf das Schulwesen konnte die SPD auch in der Weimarer Republik nicht durchsetzen. Mit dieser Entwicklung Unzufriedene sammelten sich nunmehr im Freidenkerverband und dem Bund freier Schulgesellschaften. Der Freidenkerverband hatte seinen Ursprung im 1905 gegründeten „Verein der Freidenker für Feuerbestattung“. In der Weimarer Republik entwickelte er sich zu einer wichtigen kulturpolitischen Organisation mit Schwerpunkt in Berlin. 220 000 seiner 590.000 Mitglieder lebten hier.

Der Bund freier Schulgesellschaften setzte sich auf politischer Ebene dafür ein, den kirchlichen Einfluss aus dem Schulwesen zu verbannen und die in Preußen als Regelschulen bestehenden Konfessionsschulen abzuschaffen.