Paris - Genau wie in Deutschland findet auch in Frankreich eine zunehmende Tendenz zur Übernahme des Gesundheitswesens durch religiöse Organisationen statt. Am 5. September 2012 wurde daher die Senatskommission zur Untersuchung des Einflusses von Sekten auf dem Gebiet des Gesundheitswesens gegründet.
Heute nun soll diese Kommission ihre erste Anhörung durchführen und lädt dazu Vertreter der Polizei, der Gendarmerie, des Zolls sowie des Innen-, Finanz- und Justizministeriums ein. In diesem Zusammenhang veröffentlicht La Libre Pensée eine kritische Stellungnahme zu dem beschränkten Untersuchungsgegenstand der Kommission: Nur die sogenannten Sekten werden fokussiert. Auf Basis der gängigen Sektendefinition bleibt so der Einfluss der großen Kirchen außer Betracht.
Teilübersetzung des Kommuniqués:
Über die Frage der Sekten
Die Französische Föderation der Freidenker (Libre Pensée) erinnert anlässlich verschiedener Affären, feierlich an seine Position in der Frage der Sekten:
Genau so wenig wie die parlamentarischen Ausschüsse, die das Problem untersucht haben, kann niemand den Begriff "Sekte" in seiner Verbindung mit den "großen" Religionen juristisch genau definieren. Niemand kann bestimmen, wo die einen beginnen und wo die anderen enden. Die Umkehrung ist ebenfalls wahr.
Es ist offensichtlich, dass die aktuellen Debatten und Auseinandersetzungen, die wir in Frankreich, Europa und auf allen Kontinenten wahrnehmen, durch das Bestreben der großen monotheistischen Religionen, insbesondere der katholischen Kirche, bestimmt werden, um ihre Marktanteile am Irrationalen zu schützen.
Konsequenterweise kommt es für die Libre Pensée nicht infrage, den großen religiösen Gesellschaften in ihrem Kampf gegen den Kleinhandel des esoterischen Amateurismus zu unterstützen.
Gegen jede Ausnahmegesetzgebung!
Deshalb kehrt sich die Nationale Föderation der Freidenker entschlossen gegen jede Ausnahmegesetzgebung gegen "Sekten". Jeder rechtliche Ausnahmestatus steht in Widerspruch zu den Prinzipien der republikanischen Gleichheit, der Demokratie, der Freiheit der Meinungsäußerung und Vereinigung.
Es zeigt sich, dass die meisten der "Sekten" und ihre Mitglieder recht harmlos sind und keine Gefahr für ihre Gläubigen darstellen, wie in mehreren parlamentarischen Berichten dargestellt würde. In einigen Fällen ist dies nicht der Fall, und manifestierten sich, unter anderem, betrügerische Finanzoperationen und Verletzungen der Rechte und der Würde des Einzelnen, genau wie das manchmal auch bei den "großen "Religionen passiert.
Die Ausnahmeregelung ist um so mehr überflüssig, weil das Bürgerliche Gesetzbuch und das Strafgesetzbuch genügend rechtliche Mittel besitzen, um die Täter solcher Vergehen vor Gericht zu bringen. (…)
Für die Nationale Föderation der Freidenker gibt es keine Notwendigkeit, zwischen "Sekten und Religionen" zu unterscheiden. Die Laizität der Schule und des Staates, garantiert durch das Gesetz von 1905 über die Trennung von Kirche und Staat, muss für alle gelten, ohne Unterscheidung oder Abweichung. Es ist so, dass die republikanische Gleichheit, die Demokratie für alle ohne Nachteil für irgendjemand gewährleisten kann.
Paris, 21. Januar 2013.