Politische Ökologie – Vom Strippenziehen

Andreas von Bernstorff: Erfolgsgeschichte ohne Happy End. Korruption im Giftmüllsektor

„Auf Druck der Zivilgesellschaft sind heute immerhin die schlimmsten Giftmüllexporte unterbunden. Dafür tauchen neue Probleme mit dem gefährlichen Abfall auf.“

Der Autor schildert die UN-Konvention „Basel 89“ und ihre Nachwirkungen. 1970-1990 habe die Grüne Bewegung in nahezu allen Industrieländern eine umfassende Regulierungsdichte bewirkt, wodurch die Entsorgungskosten gestiegen seien und die Verlagerung von Giftmüll in ärmere Länder begonnen hätte. Dabei hätte die Korruption eine entscheidende Rolle gespielt, z.B. sei in Mauretanien die halbe Regierung von einer Stuttgarter Firma bestochen worden, die dadurch ihren Giftmüll nach Mauretanien hätte verlagern können. Von Bernstoff schildert außerdem andere Fälle, wobei er Material zur Quantität des Giftmülls nicht nur in Mauretanien liefert. Inzwischen habe sich die Lage geändert und Deutschland importiere sogar Giftmüll, um ihn zu entsorgen. Dieses Vorgehen sei ökonomisch motiviert, da die Müllentsorgung inzwischen preiswerter geworden sei. Dennoch gäbe es immer noch Müllhandel.

Fazit: Hauptsache Umweltschutz

Den Haupttexten folgen ein Interview und die Kurzbeschreibungen von diversen Anti-Korruptionsinitiativen. Auf drei Seiten werden Bücher und Internetseiten vorgestellt. Darauf folgen Beiträge des Spektrum Nachhaltigkeit, wobei den LeserInnen des hpd der Artikel „Mit Allah für die Umwelt. Der Islam als Quelle für Umweltbewusstsein“ von Sigrid Nökel unangenehm aufstoßen dürfte. Zwar beginnt die Autorin mit sachlichen, wenn auch unkritischen Schilderungen des religiös motivierten Umweltschutzes, aber besser wird der pseudo-philosophische und pseudo-wissenschaftliche Charakter der Begründungen dadurch nicht. Ähnlich wie in christlichen Kontexten soll die Schöpfung bewahrt werden, wobei die Autorin die Bewahrung der Schöpfung als Konkurrenznorm zum Glauben an ein Jüngstes Gericht trotz ihrer Forschungen zum Islam nicht thematisiert. Stattdessen pflegt sie einen optimistischen Duktus und schließt tatsächlich mit den Worten „inscha’allah“ ab. Damit drängt sich die Vermutung auf, dass die politische ökologie ALLE Bestrebungen gutheißt, solange sie den Umweltschutz gutheißen und darüber hinaus nicht weiter differenziert. Eine typisch linke Verteidigung aller außer der wirtschaftlichen Stand-punkte scheint durch. Wen dies allerdings nicht stört und wer sich mit der Thematik noch nicht auskennt, der kann sich auf eine spannende Lektüre freuen, zumal solche Artikel wie der von Nökel den Informationsgehalt der anderen Beiträge nicht mindern.

Katharina Eichler

politische ökologie117: Vom Strippenziehen. Die Folgen von Lobbying & Korruption für Umwelt und Gesell-schaft. Mit Beiträgen von T. Leif, U. Müller, G. Klug, D. Plehwe, A. v. Bernstorff, B. Bannenberg u.v.m., 72 S., 14,90 Euro/26,90 sFr., ISBN 978-3-86581-185-1