Zeit der Gemeinsamkeiten vorbei
Alle drei Diskutanten vermuteten, dass die Zeit der optimistischen Suche nach Gemeinsamkeiten zwischen den beiden großen Konfessionen nun vorüber sei. Jetzt gelte es, die Unterschiede herauszuarbeiten und nach Lösungen zu suchen, um damit konstruktiv umzugehen.
Drobinski warnte hier aber vor einem Abgleiten in fundamentalistische Positionen. Mitunter erinnere ihn das Verhalten der Vertreter beider Konfessionen an das eifersüchtige Buhlen um öffentliche Aufmerksamkeit.
"Sie zählen die Zeilen, wie oft sie in der Zeitung vorkommen und wie oft die Anderen", berichtete der Redakteur im SZ-Ressort "Innenpolitik". Dass dabei die Katholische Kirche besser abschneide, liege vor allem in den Skandalen begründet, von denen sie einfach mehr zu bieten habe. Für Journalisten sein Fälle von Kindesmissbrauch durch Priester oder die Wiederaufnahme der erzreaktionären Pius-Bruderschaft nun mal ein gefundenes Fressen.
Im Vergleich zu den Schwierigkeiten im Dialog mit der Orthodoxie sei das Verhältnis zwischen Katholiken und Protestanten noch halbwegs gut, meinten Wiesemann und vor allem Käßmann. Sie kündigte an, dem orthodoxen Metropoliten den Kulturschock zumuten zu wollen, dass die deutschen Protestanten von einer Frau geleitet werden.
Publikumsfragen
Die theologischen Probleme der Kirchenoberen beispielsweise bei der noch nicht gelösten Auseinandersetzung um ein gemeinsames Abendmahl kritisierten gleich mehrere Teilnehmer aus dem Publikum. Sie bemängelten eine zunehmende Distanz der Kirchenoberen von den Gemeinden.
Gerade Gläubige aus "konfessionsverbindenden Ehen" – wie nach Käßmanns Aussage die Verbindungen zwischen katholischen und evangelischen Partnern neuerdings genannt werden – verlangten nach mehr Anstrengungen in der Ökumene. In den Gemeinden sei die Zusammenarbeit kein Problem, berichteten gleich mehrere Teilnehmer aus dem Publikum.
Käßmann warnte hier jedoch vor allzu großem Optimismus. Bei genauerer Betrachtung werde man auch in den Gemeinden viel Trennendes finden, vermutete sie.
Die deutschen Kirchen seien aber in der luxuriösen Position, viele gut ausgebildete Theologen zu haben, die solche Probleme sachkundig hinterfragen und ausdiskutieren könnten. Damit seien sie der Weltkirche voraus, meinte die Präsidentin des Rats der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD).
Ihr und Wiesemann sowie dem Publikum gab Drobinski einige Tipps zum Verhalten in einer Eiszeit mit: Man solle sich warm anziehen, sich über jeden Sonnenstrahl freuen und man müsse sich einfach mehr anstrengen, um ausreichend Nahrung zu finden.
Franz-Josef Hanke