Konfessionsfreier religionspolitischer Sprecher

ReichstagFront_4.jpg

Reichstagsgebäude / Foto: C. Frerk

Berlin. (miz/hpd) Erstmals in der deutschen Parlamentsgeschichte hat eine Bundestagsfraktion einen Konfessionsfreien zum kirchen- bzw. religionspolitischen Sprecher benannt.

Beispielbild
Foto: © DBT/H.J. Müller 
Der aus Indien stammende 45-jährige Jurist Raju Sharma (Kiel) leitete bis zur Abwahl der Großen Koalition in Schleswig-Holstein im vorigen Jahr in der Kieler Staatskanzlei das Referat für Nationale Minderheiten, Heimatpflege, Kirchen und Religionsgemeinschaften. In den 70er und 80er Jahren lag sein politisches Engagement in der Friedensbewegung; Mitgliedschaft bei SDAJ, DKP und MSB; von 1992 bis 2005 Mitglied der SPD; Eintritt in die Linkspartei Schleswig-Holstein im Jahr 2005.

Da er künftig auch deren Bundesschatzmeister werden soll, ist anzunehmen, dass ihm die massive Subventionierung der Kirchen mit öffentlichen Geldern bekannt ist und er sie auch in ihrem Umfang einzuschätzen weiß. Immerhin erhalten die Kirchen neben den über 9,6 Milliarden Euro aus Kirchensteuern mindestens 22 Milliarden an direkten oder indirekten Zuschüssen von der öffentlichen Hand für ihre inneren Angelegenheiten. (Davon stammt allerdings nur ein sehr kleiner Teil aus dem Bundeshaushalt.)

Die übrigen Parteien nominierten durchweg engagierte Christen, die ihre Funktion eher als Lobbyisten der Kirchen denn als Sprecher ihrer Parteien verstehen.

So benannte die Union die Katholikin Maria Flachsbarth zur Beauftragten für Kirchen und Religionsgemeinschaften, die dem Kardinal-Höffner-Kreis angehört, einem Forum engagierter Christen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Für die SPD nimmt dieses Amt der evangelikal orientierte Siegmund Ehrmann wahr, der früher sogar CVJM-Vorsitzender von Neukirchen bei Moers war und heute dem Aufsichtsrat des zum Diakonischen Werk gehörenden „Neukirchener Erziehungsvereins“ vorsteht.

Kirchen- und Religionsbeauftragter der FDP-Fraktion wurde der gleichfalls streng evangelische Stefan Ruppert, der sich viele Jahre in der evangelischen Jugendarbeit hervortat.

Die Grünen-Fraktion behält den katholischen Krankenpfleger Josef Winkler als ihren Sprecher für „Kirchenpolitik und interreligiösen Dialog“. (Dieser interreligiöse Dialog ist für die Grünen also keine innere Angelegenheit der Religionsgemeinschaften, sondern eine politische Aufgabe der Partei.) Winkler wird unterstützt von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt, die auch als Vorsitzende der EKD-Synode amtiert damit nach der Ratsvorsitzenden, Landesbischöfin Margot Käßmann (Hannover), das zweithöchste Amt in der evangelischen Volkskirche wahrnimmt.

Gerhard Rampp