Spektakuläre Töne in der jetzt veröffentlichten Begründung des Bundesverwaltungsgerichts zur prinzipiell erlaubten Abgabe von tödlichen Mitteln an Suizidwillige: Freitodhilfe durch Natrium-Pentobarbital als mögliche letzte Therapie – man mag es kaum glauben. Und die Reise zu einer Schweizer Sterbehilfeorganisation stelle "wegen der damit verbundenen Belastungen keine zumutbare Alternative" für die Betroffenen dar. So human klang es selten aus dem Mund Deutscher Richter. Allerdings mussten sie dafür einige juristische Klimmzüge vollbringen. Und die Umsetzung des letztinstanzlichen Urteils steht in den Sternen.
Seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum möglich gewordenen Erhalt des Suizidmittels Natriumpentobarbital (NaP) mehren sich von sterbewilligen Patienten entsprechende Anträge. Diese können an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gestellt werden. Gesundheitsminister Gröhe will solche "staatliche Selbsttötungshilfe" unbedingt verhindern. Das Gericht hatte auf das verfassungsmäßig begründete Persönlichkeitsrecht verwiesen, welches auch ein Lebensende durch Freitod einbeziehen kann. Dieses Recht greift eine sozialliberale Initiative für ihr Wahlkampfprogramm positiv auf – die FDP.
Auf einer Podiumsdiskussion des Humanistischen Salons Nürnberg über ethische Konflikte des beginnenden und sterbenden Lebens kritisierten der Ethiker Dieter Birnbacher und der Neurologe Frank Erbguth den neuen Sterbehilfe-Paragraphen 217 scharf.
Im Herz des Katholizismus, in Italien, wird gerade aktuell eine angeregte Debatte über das Thema Eutanasia (Sterbehilfe) geführt. Im Deutschen kann man den Begriff Euthanasie (Griechisch für "schöner Tod") nicht mehr so ohne weiteres verwenden, ist dieser Begriff doch seit der NS-Zeit mit der massenhaften Wegsperrung und Tötung von Menschen mit Behinderung assoziiert. In Italien wie auch in Belgien und den Niederlanden, steht der Begriff jedoch für die ethisch-philosophische Debatte um das Zulassen von aktiver oder passiver Sterbehilfe.
Wolfgang Klosterhalfen hat eine Verfassungsbeschwerde gegen den Ende 2015 eingeführten § 217 StGB eingereicht. Für den hpd erklärt er seine Beweggründe für diese Entscheidung.
Der 2. März 2017 dürfte in die deutsche Rechtsgeschichte eingehen: An diesem Tag hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die entscheidende Bresche in eine heftig verteidigte mittelalterliche Phalanx von Scheinheiligkeit, Ignoranz, Macht- und Finanzgelüsten geschlagen. Dadurch eröffnet sich Schwerstkranken in Deutschland ein Lichtblick, ihr Leben dann, wenn es ihnen zu schwer geworden ist, schmerzlos und endlich ohne eine beschwerliche Reise ins Ausland beenden zu können.
Als "bemerkenswertes Urteil und Schritt in die richtige Richtung" beurteilt die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.3.2017.
Unheilbar Schwerstkranke haben in "extremen Ausnahmesituationen" ein Recht auf Mittel zur Selbsttötung, wie das in der Schweiz dazu gebräuchliche Mittel Natrium-Pentobarbital (Nap). Das entschied gestern das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Richter machten verfassungsrechtliche Gründe geltend und verwiesen auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht – dies könnte Auswirkungen auf die laufenden Verfassungsbeschwerden gegen den rigorosen § 217 StGB haben.
Im Zuge des Ende 2015 verschärften Strafrechts (§ 217) sowie der Verbotsnorm § 16 Satz 3 der Musterberufsordnung (MBO) kommt das umfassende Kompendium der straf- und standesrechtlichen Regelung der ärztlichen Beihilfe zum Suizid passend. Die mit Summa cum laude ausgezeichnete Promotionsarbeit stellt eine umfassende Faktensammlung dar und bietet eine wertvolle Argumentationshilfe für die komplizierte Materie.
Schätzungen zufolge fallen rund die Hälfte aller Gesamtgesundheitsausgaben im letzten Lebensjahr an. Dr. Matthias Thöns vermutet eine der Hauptursachen für die Explosion der Gesundheitskosten am Lebensende in den finanziellen Interessen einer Interessensgruppe, die er "Sterbeverlängerungskartell" nennt. Warum sich diese Allianz in erster Linie nicht mehr um ihre Patienten, sondern um Gewinnmaximierung kümmert, erklärte der Palliativmediziner am Dienstagabend in Berlin.
Die Leiterin der "Bundeszentralstelle Patientenverfügung" beim Humanistischen Verband Deutschlands (HVD), Gita Neumann, hat bei der KORSO-Pressekonferenz am vergangenen Freitag über die aktuelle Situation nach dem Erlass des "Sterbehilfeverbotsgesetzes" berichtet. Der hpd dokumentiert das dort vorgetragene Statement.
Die 1998 gegründete schweizerische Selbstbestimmungsorganisation "DIGNITAS – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben" verzeichnet am Ende des Jahres 2016 9% Mitglieder mehr als Ende 2015; die Zahl der Länder, in welchen deren Mitglieder wohnhaft sind, hat sich innerhalb der Jahresfrist von 69 auf 84 erhöht. Zurzeit zählt der Verein 7.764 Mitglieder. Mit einer Zunahme von 473 Mitgliedern in einem Jahr brachte das Jahr 2016 das bisher stärkste Wachstum des Vereins.
Die Möglichkeit einer professionellen Hilfe zum Sterben wird von der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung befürwortet, mit großer Mehrheit der Bundestagsabgeordneten wurde sie jedoch verboten - genau vor einem Jahr, am 6. November 2015. Interessant ist, wer damals namentlich für das Strafgesetz gestimmt hat. Es steht derweil in Karlsruhe auf dem Prüfstand, sieben Verfassungsbeschwerden liegen vor.
Der südafrikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, der letzte Woche seinen 85. Geburtstag in Kapstadt feierte, hat offenbart, dass auch er später die Option zum assistierten Tod haben und nicht um jeden Preis am Leben erhalten werden möchte.
Die Heilsarmee im Kanton Neuenburg in der Schweiz muss die Durchführung von Freitodbegleitungen in ihrem Altersheim trotz ihrer religiösen Ausrichtung dulden. Das hat am Mittwoch das Schweizerische Bundesgericht entschieden.