Frecher Mario 2014

Liberalitas Bavariae oder die mörderische Frage, was Kunst darf

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MÜNCHEN. (hpd) An einem wunderschönen Abend des Brumaire im Jahr 2014 findet man sich zusammen. In der wunderschönen Seidl-Villa im Mühsam-Saal, gelegen mitten in Schwabing, gibt es was zu erleben, was wahrscheinlich weltweit seinesgleichen sucht. Eine engagierte kleine südbayerische Körperschaft verleiht in der Woche 2 nach NUHR zum vierten Mal einen Kunstpreis an Künstler, die sich malend, musizierend, bildhauernd, filmend oder wie auch immer künstlerisch mit Allmachtsansprüchen, ewig währenden Wahrheiten und den angeblichen Besitzern derselben auseinander setzen.

Unter den bislang insgesamt über 1.400 Einsendungen seit der Erstausschreibung im Jahre 2008 finden sich die unterschiedlichsten Kunstwerke, überwiegend Malereien, Karikaturen und Comics, aber auch Lieder (z.B. die Erste Allgemeine Verunsicherung – EAV- mit “Mein Gott”), preisgekrönte Kurzfilme (“Judas und Jesus” von Olaf Encke und Claudia Romero), originelle Videoclips (Leo Lukas “Sehr geehrter Islam”) und Gedichte, Dialoge, Plastiken, Kleidungsstücke etc. Nicht wenige der eingereichten Kunstwerke haben das Zeug in sich, mehr oder minder haarscharf an den Krallen des § 166 StGB vorbeizuschlittern oder gar drin hängen zu bleiben.

Namhafte Laudatoren, Schutzpatrone und sympathisierende Künstler begleiten den Frechen Mario von Anfang an… Jacques Tilly, Michael Schmidt-Salomon, Gerhard Haderer, Nico Alm, Gunkl, Lisa Fitz… Und in diesem Jahr gesellt sich ein Oberpfälzer Freigeist und Humanist dazu, der beim BR (Bayerischen Rundfunk) moderiert. Matthias “Matuschke” Matuschik grüßt den Frechen Mario als “gstandner Atheist, der ein Hund ist und sich nix sch…” (wie man in Bayern sagt): “Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit sind Teile unserer höchsten Güter. Mühsam errungen im Laufe der jüngeren Geschichte der Menschheit durch kämpferische Freigeister. ‘Ich bin nicht einverstanden mit dem, was sie sagen, aber ich würde bis zum Äußersten dafür kämpfen, dass sie es sagen dürfen.’ (Voltaire, 1694–1778). Und natürlich zeichnen, parodieren, bildhauern…. Diese Haltung eines weltberühmten Aufklärers sollte allen Demokraten Beispiel und Ansporn sein. Für nichts weniger steht der ‘Freche Mario’ und alle, die sich trauen, dran teilzunehmen. Herzliche Grüße von Matuschke.”

Wer nach Bayern kommt muss wissen, dass er es mit Bayern zu tun hat *

Bayern ist anders…, zumindest anders als die meisten Nicht-Bayern glauben. Das Land in Besitz der Christsozialen Union ist nicht nur die Heimat von Franz Josef Strauß, Alois Hundhammer und Josef Ratzinger, sondern auch die Heimat von Herbert Achternbusch, Karlheinz Deschner und Sigi Zimmerschied. Hochachtung ungeachtet von Herkunft, Bekenntnis und Vermögensstand zollt der gstand’ne Bayer denen, die sich was trauen und sogenannte “Hund’” sind. Das hilft jetzt den Hunden nicht immer, aber ist schon mal was. Und “Hund’” sind beim Frechen Mario zugange.

München ist die einzige deutsche Großstadt, in der die Karikaturen aus den Wettbewerben des Frechen Mario seit 2008 alle zwei Jahre wieder auf dem größten Straßenfest der Stadt allen gezeigt werden. Beim “Nationenfest” in Wasserburg ist der Freche Mario seit 2012 eingeladen, und die “Galerie der Kirchenkritik” des streitbaren gottlosen Wolfgang Sellinger mitten im katholischen Eichstätt gleich beim Dom ist eine vermutlich zumindest deutschlandweit einzigartige Einrichtung. In diese illustre Runde passt der Freche Mario, der von einem waschechten Münchner – dem ehemaligen Unternehmer und jetzigem Giordano-Bruno-Stiftungskurator Wolf Steinberger – in Erinnerung an seinen früh verstorbenen Sohn ins Leben gerufen wurde.

Morituri te salutant – Liberale, hört die Signale

Also, den juristischen Schuss eines bekennenden Moslems gegen den Kabarettisten Dieter Nuhr wegen Beleidigung des Islam (s.hpd), den hat doch glatt sogar die Bayerische FDP gehört, noch vor allen anderen. Und sogleich entschlossen – wie es doch ihre Art ist - Fakten geschaffen. Dieser Paragraf 166 StGB, der ja immerhin seit 1969 neu aufgestellt worden ist, und den die Herrschaften Stoiber, Beckstein und Merk noch verschärfen hätten wollen, der gehört jetzt aber radikal weg! Meint die Bayerische FDP. Also, meint ein Teil der Bayerischen FDP. Also, ähem, prüft ein Ausschuss der Bayern-FDP gerade daraufhin, ob sich genügend Liberale finden, die da also vielleicht doch bitte auch dafür sind. Ein Schelm, der Böses dabei denkt und überhaupt, die Hoffnung stirbt sowieso zuletzt, vermutlich sogar noch nach der Bayerischen FDP. Und uns soll es eh‘ recht sein.

And the winner is… the Big Unknown

Die Zeiten sind ja so, wie man kaum meint, dass sie sind. Im 21.Jahrhundert noch einen Paragrafen, der die religiösen Gefühle von Mimosen oder sonstigen Leberwürsten schützt. Die Zeiten sind auch so, dass wer bei kirchlichen Trägern von Sozialeinrichtungen arbeitet, auf die allen anderen Bürgern zustehenden Rechte verzichten muss… ach…., ja leider, gäll?

Und so eine oder so einer hat doch glatt den ersten Preis gemacht beim diesjährigen Wettbewerb, bei über 300 Einsendungen. Kann sich nicht zeigen, weil er/sie Angst um seine Arbeit hat… also, wir verhandeln mit dem Rechtsanwalt, wohin wir das Preisgeld schicken sollen. Ein bis dahin unter 1.400 Einsendungen noch nie aufgetretener Fall.

Der zweite Preis geht an Piero Masztalerz, der vor zwei Jahren den dritten Preis gemacht hat. Und der dritte Preis geht in diesem Jahr an Steve Geshwister für eines seiner nachdrücklichen Aquarelle. Die Preisträger Masztalerz (aus Hamburg) und Geshwister (aus München) waren vor Ort anwesend. Sie wurden begeistert empfangen und von Erwin Schmidt (Vorsitzender des bfg Bayern) und René Hartmann (Vorsitzender des IBKA e.V.) auf das Herzlichste begrüßt.

Eine kleine Ausstellung mit Werken aus dem diesjährigen Frechen Mario umrahmte die Preisverleihung, die auf großen Zuspruch stieß. 2016 gibt es den nächsten Frechen Mario.. vorwärts und nicht vergessen; noch isses nicht so weit, dass der Freche Mario nimmer frech sein muss.

 

*frei nach Franz Kotteder (Roc vom Doc; über den damaligen bayr. Ministerpräsidenten Max Streibl)