Kommentar

Frauen, die Männer trainieren? Na klar!

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Fußball

TRIER. (hpd) Die meisten Sportarten, die wir kennen, sind nahezu unumstrittene Männerdomänen. Sogar innerhalb der Frauenabteilungen bei Sportarten wie Fußball oder Handball ist es mehr Regel als Ausnahme, dass Männer Frauen trainieren. Doch wie wäre es mal umgekehrt?

Vermutlich würden sich einige Akteure zu Wort melden und schlicht behaupten, Frauen seien gar nicht dazu in der Lage, weil sie an das Leistungsniveau nicht heranreichen könnten. Doch spielt das bei einem Trainingsjob tatsächlich eine Rolle? Ein Beispiel beweist das Gegenteil:

Vor fast einem Jahr gab der britische Tennis-Profi Andy Murray die frühere Weltranglisten-Erste und mehrfache Grand Slam-Siegerin Amélie Mauresmo als neue Trainerin bekannt. Prompt hagelte es harsche Kritik gegenüber seiner Entscheidung und Mauresmo wurde für sämtliche darauf folgenden Niederlagen, die nun mal zum Sport dazugehören, verantwortlich gemacht. Dass Murray 2014 ernst zu nehmende Rückenprobleme hatte, spielte für die Kritiker keine Rolle. Nach einigen sportlichen Engpässen gehört Murray nun wieder zu den Top 5 der Weltrangliste und betont weiterhin eine außerordentlich gute Zusammenarbeit mit ihr. 

Warum kann eine solche Konstellation auch funktionieren? Ganz einfach: Bei sportlichen Belangen in Geschlechterschubladen zu denken ist absolut kleingeistig, denn es kommt allein auf den persönlichen Umgang untereinander an. Auch die Tennis-Legende Martina Navratilova betont: „Das Geschlecht ist vollkommen irrelevant. Es hängt alles von deiner Persönlichkeit ab, wie du spielst, was du siehst und wie du dich auf deinen Spieler einlässt.“ Murray selbst brachte den Aspekt zum Ausdruck, dass er sich gegenüber Mauresmo besser öffnen kann, um an persönlichen Defiziten effektiver arbeiten zu können. Es gibt im Endeffekt also keine nachvollziehbaren Gründe jemanden für eine solche Entscheidung zu kritisieren.

Es gibt aber denkbare Ursachen, die solche Kritik auslösen: Teile des Profisports sind auch heute noch eher von Männern dominiert. Die Art und Weise wie Kritik geäußert wird, weist darauf hin, dass sich Teile des männlichen Profisports von einer Präsenz von Frauen als Übungsleiterinnen eingeschüchtert fühlen. Sie scheinen immer noch in traditionell-konservativen Rollenverständnissen zu denken und wollen nicht, dass an ihren privilegierten Positionen gerüttelt wird. Denn es ist Tatsache, dass weiblicher Profisport weitaus weniger mediale Aufmerksamkeit findet, in der Gesellschaft weniger Beachtung erhält und natürlich nicht so großzügig finanziert wird wie männlicher Profisport. 

Aus diesen Umständen heraus sei ein kurzes Gedankenspiel dargelegt: Wie würde die Öffentlichkeit in Deutschland reagieren, wenn eine überaus kompetente Person wie Sylvia Neid Nachfolgerin von Bundestrainer Joachim Löw werden würde? Höchstwahrscheinlich würde ein regelrechter Aufstand in der Fußballwelt ausbrechen und eine Flut frauenverachtender Pressestatements wäre die Folge, denn wir leben nicht in einer gleichberechtigten Gesellschaft, in welcher Geschlechterunterschiede keine Rolle spielen. Doch es ließe sich Abhilfe leisten, um für solche Projekte zu sensibilisieren: Sportministerien- und –verbände könnten dazu übergehen, Sportlerinnen und Sportler, sei es im Profi- oder Amateurbereich, für Aufklärungskampagnen anzuwerben, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie Andy Murray. Auf diese Weise könnten wir uns peinliche Blamagen, wie sich Kritiker Murrays welche geleistet haben, für die Zukunft ersparen.