BERLIN. (hpd) Papst Franziskus veröffentlicht ein Rockalbum mit dem Titel „Wake up!“. Beginnt das Oberhaupt der katholischen Kirche nun eine Karriere als Rockstar? Oder reicht es nur zum One-Hit-Wonder? Hpd-Gesellschaftskolumnist Carsten Pilger in einer Glosse über Starallüren, Rock und/oder Roll.
Der Papst veröffentlicht ein Musikalbum. „Kein Witz“, wie einige Medien nicht müde werden zu betonen, da es auf den ersten Blick ungewöhnlich scheint. Der Geschäftsbereich des heiligen Vaters, so nimmt der Leser ja eigentlich an, liege im Seelenheil, in der Nächstenliebe und – natürlich – im Glaube. Aber schließlich verkauft ja auch TV-Moderator Stefan Raab Duschköpfe und Immobilien-Unternehmer Donald Trump Steaks, warum also nicht mal Musik? Der derzeitige Stuhlinhaber im Vatikan gilt schließlich als unkonventionell, frisch und ist laut Handelsblatt einer, der in Predigten „lieber über soziale Ungleichheiten als über katholische Moralvorstellungen“ spricht. Über solche Moralvorstellungen spricht er nämlich dann doch lieber nicht öffentlich, als er offenbar einer US-amerikanischen Standesbeamtin Mut zusprach, die homosexuelle Paare aus Gewissensgründen nicht getraut hat.
Nun feiert Rockpapst Franziskus seinen Einstand mit dem Album „Wake up!“, dessen erste Single mit dem Titel „Wake up! Go! Go! Forward!“, was leider kein Cover vom 80er-Jahre-Hit von George Michaels Band Wham ist. Denn dieser Titel hieß bekanntlich „Wake me up before you Go-Go“ und es soll ja nicht der 78-jährige Bischof von Rom aufwachen, sondern seine Fans. Dabei ist der unter dem Genre Progressiv-Rock beworbene Track eher dazu geeignet, die Hörer in einen fast unchristlichen Schlaf zu versetzen.
Dabei wäre der auf modern getrimmten Ausflug in die Musikwelt nicht nötig gewesen. Franziskus gilt als modern und weltoffen. Etwas ungerecht ist das allenfalls seinem Vorgänger Benedikt XVI gegenüber, da auch Franziskus in gesellschaftlichen Themen als Vertreter einer eben nicht stets zeitgemäßen Interpretation der Welt auftritt. Vielleicht hätte er eher seine optische Verwandtschaft zu Star-Wars-Bösewicht Imperator Palpatine ausnutzen müssen – mit ein selbstironischer Auftritt in Verkleidung bei einer Star-Wars-Convention. Stattdessen veröffentlichte Benedikt wie sein Vorgänger Johannes Paul II ein Album – nicht mit Rockmusik, sondern zu klassischen Klängen.
Somit ist nicht nur die Botschaft von „Wake up!“ alter Messwein in neuen Schläuchen: Ein paar alte Papstreden, Musik darüber gelegt, fertig ist das Wohlfühlprodukt für Christen, denen der sonntägliche Kirchgang nicht hip genug erscheint. Hip ist es eher Geld für eine CD auszugeben, die in ein paar Jahren verschämt im Regal neben den Platten von Big-Brother-Jürgen oder Castingshow-Gewinnern steht. Der Käufer kann sich immerhin sicher sein, dass ihm diese Jugendsünde tatsächlich auch vergeben wird. Wirklich modern wäre es hingegen, wenn Papst Franziskus seine zweite Platte pünktlich zum Weihnachtsgeschäft herausgibt – ein Cover von „Last Christmas“ zusammen mit George Michael.
5 Kommentare
Kommentare
Klaus Bernd am Permanenter Link
"es soll ja nicht der 78-jährige Bischof von Rom aufwachen, sondern seine Fans"
es könnte auch sein, dass er seinen "Lieben Gott" meint ;-)
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Ich würde noch nicht kaufen. Bald gibts zur Absatzsteigerung, wie aus dem Fattikan verlautet, für 20mal hören eine Woche Sündenablass.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich warte auf die provokante Papst-CD, deren Haupttitel mit seinem progressiven Text mit Angela Merkels viel zu evangelischer Politik abrechnet: "Vatikann un Muttinich!" Ob hierauf mit einer deutschen Retour
Udo Endruscheit am Permanenter Link
B-Seite: Das Lied vom großen Gauckler.
Wolfgang am Permanenter Link
Dieser Artikel steht unter Glosse. Die ist aber von der Wahrheit gar nicht so weit entfernt, gelle?
Ach so, taktische Gründe. Verstehe.