Fernsehkritik

Sterbehilfe – von den Bürgern gewollt, vom Staat verboten

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Kerstin Griese (MdB)
Kerstin Griese (MdB)

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Dr. Susanne Rih
Dr. Susanne Rih

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Nikolaus Schneider
Nikolaus Schneider

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Professor Doktor Karl Lauterbach (MdB)
Professor Doktor Karl Lauterbach (MdB)

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Jürgen Domian
Jürgen Domian

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Roger Kusch
Roger Kusch

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Anne Schneider
Anne Schneider

BERLIN. (hpd) Am Freitag wird der Bundestag darüber entscheiden, ob die seit 140 Jahren bestehenden Regelungen zur Suizidassistenz kriminalisiert werden sollen. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung (80 %) spricht sich für die Möglichkeit eines selbstbestimmten Sterbens aus - doch deren Stimmen wurden auch bei Plasberg nicht gehört. So wie es dem Großteil der Bundestagsabgeordneten scheinbar gleichgültig ist, was die Wähler wollen.

Das zeigte sich an den Einlassungen der SPD-Politikerin Kerstin Griese, die mit verbalen Nebelkerzen versuchte, in der Diskussion jegliche Fachkenntnisse zu verhindern. Das unterstütze auch die Redaktion der ARD-Sendung mit der Auswahl der Gäste. Wenn, dann kann man einzig den Moderator Jürgen Domian als Gesprächspartner bezeichnen, der für die Selbstbestimmung auch am Lebensende eintrat. Er war auch der einzige, der deutlich darauf hinwies, dass die politische Debatte an der Realität vorbeiläuft und warf den Politikern vor: "Sie missachten die Mehrheitsmeinung der Deutschen."

Es war interessant zu beobachten, dass es nach dem Einspieler über eine krebskranke Frau, die ihrem Leben selbstbestimmt ein Ende setzen möchte, nur einen kurzen Moment der Betroffenheit in der Diskussionsrunde gab – bis Frau Griese juristische Haarspalterei betrieb, die Palliativmedizinerin Dr. Susanne Rih auf den Segen der Palliativmedizin verwies und das Einzelschicksal der Frau dabei völlig aus den Augen verlor. Denn gerade in den Fällen, in denen Palliativmedizin nicht hilft oder abgelehnt wird, muss ein assistierter Suizid möglich sein. Doch darüber wollen die Gegner nicht reden.

Besonders augenfällig wird dies an der Person und den Auffassungen des ehemaligen Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche Deutschlands, Nikolaus Schneider. Er lehnt weiterhin Hilfe zum Suizid ab; hätte aber "aus persönlichen Gründen" seine Frau Anne "in die Schweiz" begleitet, wenn diese aufgrund ihrer Krebserkrankung den Wunsch gehabt hätte, sich beim Sterben helfen lassen zu wollen. Was er für sich aus Menschlichkeit und Liebe als Selbstverständlichkeit betrachtet, möchte er anderen Menschen nur eingeschränkt zugestehen. Anne Schneider kam am Ende der Sendung ebenfalls zu Wort und stellte klar, dass sie für ärztliche Hilfe im Falle eines selbstbestimmten Sterbens einsteht. Von ihr kommt der Satz des Abends: an ihren Mann gerichtet sagte sie: "Du liebst mich. Aber ich erwarte doch nicht, dass Ärzte mich lieben." Und deshalb fordert sie, dass ihr ein Arzt das tödliche Medikament bereitstellen dürfen solle und sie beim Sterben – wie auch die Familie – begleite.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach konnte mit seinen ruhigen, vernünftigen Argumentationen kaum durchdringen. So gingen seine Argumente leider viel zu häufig unter. Vor allem seine Parteikollegin zeigte großes Können darin, darauf gar nicht erst einzugehen. Die beste Leistung des Abends war der Gesichtsausdruck Lauterbachs, als über den Chef der Bundesärztekammer, Montgomery, gesprochen wurde.

Am Tisch saß zudem Roger Kusch aus dem Vorstand des Vereins Sterbehilfe Deutschland. Er sollte vermutlich den anderen an der Diskussion Beteiligten nach Wunsch des Moderators als Projektionsfläche für ihre Ablehnung dienen. Eine Rechnung, die nicht ganz aufging. Kusch ließ sich nicht provozieren.

Moderator Frank Plasberg hat in der Diskussion viel zu häufig unkritisch kommentiert und geleitet. So sprach er tatsächlich von "Selbstmord" – eine Bezeichnung, die jeden zusammenzucken läßt, der sich im letzten Jahr ein wenig mit dem Thema befasst hat. Immer wieder ließ er zu, dass Frau Giese ihre Nebelkerzen zündete und über die Tatsache, dass die Mehrheit der Bevölkerung keine Änderung des Status Quo fordert ging er einfach hinweg.

Als Fazit kann man Domian nur zustimmen, der fragte, weshalb man im 21. Jahrhundert noch über eine Selbstverständlichkeit diskutieren müsse. Der Mensch hat eine verbriefte Würde und jedem Einzelnen steht allein zu, darüber zu befinden, ob er sein Leben lebenswert findet.