BERLIN. (hpd) In der Silvesternacht kam es an verschiedenen öffentlichen Orten zu sexuellen Übergriffen auf Frauen. Viele der gesellschaftlichen Akteure, welche in der aktuellen Debatte meinen, dass Frauen stärker vor sexualisierter Gewalt geschützt werden müssen, sprechen in anderen gesellschaftspolitischen Bereichen Frauen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ab.
Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung hat sich angesichts der sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht mit einer Pressemitteilung zu Wort gemeldet. “Erinnert sei daran, dass erst 1997 von der Gesetzgebung Vergewaltigung in der Ehe überhaupt als Straftat anerkannt wurde. Mit dem Paragrafen 218 gilt ein Schwangerschaftsabbruch heute noch dem Grundsatz nach als Straftat. Wer für die Rechte von Frauen eintreten will, muss für die ersatzlose Streichung dieses Paragrafen eintreten!”
In der Pressemitteilung wird darauf hingewiesen, dass ein Großteil der medialen und politischen Debatte darauf hinaus läuft, “dass die Verletzung der Rechte von Frauen ausschließlich in Zusammenhang mit der Herkunft und/oder Religion der Täter zu begründen sei, während sich Frauen nach der aktuellen Rechtslage in Deutschland noch nicht einmal selbstbestimmt für oder gegen eine Schwangerschaft entscheiden dürfen. Die AfD und selbst MandatsträgerInnen der CDU/ CSU und ihre Jugendorganisation rufen alljährlich zum ‘Marsch für das Leben’ auf. Zu dessen Forderungen gehört unter anderem eine Verschärfung des Paragrafen 218 StGB, womit selbst im Falle einer Vergewaltigung Frauen den Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch verwehrt würde.”
Konservative und RechtspopulistInnen benutzen die aktuelle Debatte über sexuelle Übergriffe in Köln und an anderen Orten auf Frauen an Silvester bewusst, “um Stimmung gegen geflüchtete Menschen zu machen. Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung stellt sich explizit gegen diesen Versuch, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung für die Propagierung ihrer rassistischen Agenda zu instrumentalisieren.”
Das Bündnis fordert “…eine bessere Betreuung von Betroffenen sexueller Gewalt, weitergehende Präventionsmaßnahmen und eine ehrliche Debatte über Gewalt gegen Frauen, die eng mit struktureller und institutionalisierter Frauenfeindlichkeit in der Gesellschaft zusammenhängt und nicht auf den kulturellen und/oder religiösen Hintergrund der möglichen Täter reduziert werden darf.”
Auch dieses Jahr beteiligt sich das Bündnis wieder an der Demonstration in Berlin zum internationalen Frauen*kampftag, die diesmal am 6. März stattfinden wird, und organisieren die Proteste gegen den Aufmarsch der christlich-fundamentalistischen AbtreibungsgegnerInnen am 17. September. Sexismus und Rassismus dürfen keinen Platz in der Gesellschaft haben.
4 Kommentare
Kommentare
Arno Gebauer, ... am Permanenter Link
Guten Tag,
die Bibel gilt leider immer noch als moralisches Vorbild.
In ihr wird die Frau (das Weib), den Sklaven, dem Rind und dem Esel
als Sache gleichgestellt, denn „das Weib“ wurde nur aus einer Rippe
des Mannes und nicht von dem fürchterlichen Christen-Gott selbst
erschaffen.
Die Folgen dieser blödsinnigen christlichen Wert-
vorstellung von Frauen sind Unterdrückung, Unterordnung,
Bevormundung, usw., unter welchen alle Frauen heute immer noch
leiden müssen.
(Siehe auch: http://www.reimbibel.de/Frauen.htm)
In der Bibel ist also festgeschrieben, dass Männer gegenüber Frauen
privilegiert sind!
Der bibelkundige Verbrecher M. Luther hat ja auch vorgegeben,
welche Rolle der Frau aus theologischer Sicht zuzuteilen ist.
Durch den Verbrecher M. Luther wurde die Einstellung zur Sexualität
und zu den Frauen sehr negativ beeinflußt.
In der Bibel gilt der Mann offenbar als vollkommener Mensch.
Die Kirche war schon immer Teil des Problems der Frauen-
Unterdrückung in unserer Gesellschaft, nie Teil der Lösung.
Alle Befreiungen aus den Kirchenfesseln haben die Frauen
bis jetzt gegen die Kirchen durchführen müssen.
Das Christliche in der Politik behindert die gesellschaftliche
Entwicklung.
Wenn Frauen Kirchen ehrenamtlich unterstützen, ist das so,
als wenn Kälber ihre Metzger selbst aussuchen.
Die Kirchen sollen verschwinden.
VBiele Grüße
Arno Gebauer
Norbert Schönecker am Permanenter Link
"In ihr wird die Frau (das Weib), den Sklaven, dem Rind und dem Esel
als Sache gleichgestellt, denn „das Weib“ wurde nur aus einer Rippe
erschaffen."
Gerade der Schöpfungsmythos, den Sie zitieren, betont die Einheit zwischen Mann und Frau: "Sie werden ein Fleisch". Im ersten Schöpfungsmythos heißt es noch deutlicher: "Als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie."
"In der Bibel gilt der Mann offenbar als vollkommener Mensch." - Nein, eben nicht. Gottebenbildlich sind Mann und Frau zusammen (ein Argument, das alle Gegner des Zölibats kennen, aber sofort vergessen, wenn es darum geht, die Frauenfeindlichkeit der Christen zu kritisieren).
Zweifellos gibt es in der Bibel auch arg diskriminierende Stellen. Aber im AT finden wir auch Frauen als Prophetin, als Lehrerin, als Retterin des Volkes, als Händlerin. Das gab es im Altertum nicht überall.
Die Katholische Kirche kennt im Mittelalter Ordensgründerinnen, Theologinnen und Äbtissinnen. Bischöfen (und natürlich auch allen anderen Männern) war das Betreten eines Frauenklosters verboten. Die Kirche hat schon im Mittelalter politisch aktive starke Frauen wie Katharina von Siena und Elisabeth von Thüringen heiliggesprochen und damit deren Tätigkeit legitimiert.
Die heilige Gertrud (eine hoch gebildete Mystikerin) wird "die Große" genannt - ein Beiname, den ich aus außerkirchlichen alten Quellen nicht kenne. Dort kenne ich nur große Männer.
Dass die Frau einer Ehe ausdrücklich zustimmen muss, war ein großer juristischer Fortschritt, den die Kirche selbst eingebracht hat.
Das Ansehen der Frau in der Kirche war also nicht so durchgängig schlecht, wie Sie es darstellen.
Eine "ehrliche Debatte", wie in der Überschrift formuliert ist, sollte ein umfassendes Bild zeigen und auch positive Seiten zeigen. Was ich gerne tue.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Im ersten Schöpfungsmythos heißt es noch deutlicher: "Als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie."
Da Sie ja ein wenig die Bibel zu kennen scheinen, werden Sie auch sicher wissen, dass Gen. 1,27 der Rest eines Einschubes aus anderer Quelle ist und dort völlig deplatziert wirkt. Diese in der Tat gleichberechtigte Frau war Lilith, die dem Manne nicht untertan war und deshalb im Flammenkleid in den Himmel verbannt wurde.
Erst später wurde die untertänige Eva aus Adams Rippe geschnitzt.
"Zweifellos gibt es in der Bibel auch arg diskriminierende Stellen."
Damit ist doch eigentlich schon alles gesagt. Oder würden Sie es auch so formulieren: "Zweifellos gibt es in Mein Kampf auch arg diskriminierende Stellen."?
"Aber im AT finden wir auch Frauen als Prophetin, als Lehrerin, als Retterin des Volkes, als Händlerin."
Ja, so wie die Frau auch im Koran teilweise verehrt wird. Aber stets nur die im Sinne der Männerreligion reine Frau, die sich Gott unterwirft - dem MÄNNLICHEN GOTT.
"Bischöfen (und natürlich auch allen anderen Männern) war das Betreten eines Frauenklosters verboten."
Was ist an Geschlechterapartheit toll? Hatten sich etwa die Bischöfe nicht im Griff?
"Eine "ehrliche Debatte", wie in der Überschrift formuliert ist, sollte ein umfassendes Bild zeigen und auch positive Seiten zeigen. Was ich gerne tue."
Wie bei "Mein Kampf": Die positiven Seiten (die es eben auch in "Mein Kampf" gibt) heben nicht den ideologischen Unrat auf, der sich ansonsten in diesen Büchern befindet. Sie wären auch kein aufrichtiger Frauenfreund, wenn Sie Ihre Frau nur einmal die Woche schlagen und sechs Tage in Ruhe lassen...
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung stellt sich explizit gegen diesen Versuch, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung für die Propagierung ihrer rassistischen Agenda zu instrumentalisieren.”
Das ist ein ganz entscheidender und gleichzeitig höchst kitzliger Punkt in der Debatte. Die im Bericht dargestellte Position kann ich zu 100% unterschreiben, deshalb lege ich viel Wert auf höchst präzise Differenzierung bei der Frage der Ursachen, warum es Männer gibt, die die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen nicht respektieren.
Zunächst wird kein Mann als Sexualstraftäter geboren (von wenigen pathologischen Ausnahmen abgesehen). Sexualität ist eines der Bindemittel (sicher eines der urtümlichsten, auf jeden Fall ältesten) zwischen Männern und Frauen. Die biologische Notwendigkeit liegt auf der Hand.
Mit wachsender Intelligenz veränderte sich die Gesellschaft und damit die Rollen von Mann und Frau. War die Frau als Hüterin der Fruchtbarkeit in der Altsteinzeit noch die beherrschende Person, schlugen Männer während der neolithischen Revolution zurück und erfanden a) die Sesshaftigkeit, b) den dazu notwendigen Ackerbau, später c) die Viehzucht. Dadurch emanzipierte sich der Mann von der Fruchtbarkeit, in dem er sie kontrollierte. Dies wollte er nie wieder aus der Hand geben und erfand entsprechende männliche Götter, die nun auch die Frau "höchst offiziell" ins 2. Glied stellten. Der Mann behandelte die Frau künftig als kontrollierbaren Acker.
Jahrtausende später mündete diese erniedrigende Behandlung von Frauen im Monotheismus, in dem dies von Anfang an fixiert wurde. So wurden auch Christentum und Islam frauenerniedrigend. Nur "reine" Frauen, die sich perfekt dem Mann unterordneten (zum Beispiel als Gebärmaschine für den "heiligen" Geist), galten als verehrungswürdig. Doch alle anderen Frauen, vor allem die weisen Frauen - als Hexen beschimpft - galten allen Monotheismen seit jeher als Gräuel.
Ergo. Die Monotheismen haben die neolithische Emanzipation des Mann von der Fruchtbarkeit der Frau in ihrer erniedrigenden Weise zementiert. Dies führte in Europa zu Frauengegenbewegungen, die hier ein Korrektiv verlangten. Nach und nach erkämpften sie sich (besonders hervorzuheben: Elisabeth Selbert) Rechte, die Religionen ihnen gerne dauerhaft vorenthalten hätten. Der Kampf aller Monotheismen gegen Gesetzesänderungen zugunsten von Frauen spricht hier Bände.
Deshalb gibt es bei den Vorfällen in Köln eine religiös/kulturelle Ursache, keine rassische oder gar männliche. Männer können sehr wohl gleichberechtigt (in beide Richtungen) leben, auch solche aus der arabischen Kultur. Doch eine Machismo-Kultur, die wir leider sehr konzentriert in arabischen Ländern antreffen, aber auch anderswo, wo Monotheismen das gesellschaftliche Sagen haben, indoktriniert Männer zu ihrem frauenerniedrigenden Verhalten. Und weil das für Männer ein bequemes Leben bedeutet, ist der innere Widerstand dagegen eher überschaubar.
Hier ist der Knackpunkt in der Debatte: Dürfen wir gegen Flüchtlinge sein, weil sie einer Machismo-Kultur entstammen? Meine Antwort: Nein! Aber wir müssen ganz klar die Ursachen für diese Machismo-Kultur erkennen und benennen. Es gibt keine Machismo-Rasse, aber sehr wohl eine Machismo-Kultur. Und an Letzterer wird von allen Monotheismen in unterschiedlicher Intensität festgehalten, als hinge ihr Leben davon ab.
Die Debatte um sexuelle Selbstbestimmung der Frauen muss also zwangsläufig auch in eine Debatte um die kulturell-religiösen Hintergründe dieses Verhaltens münden. Immer nur von Einzeltätern oder Verbrechen zu sprechen, als sei dies eine Frage normaler Kriminalitätsstatistik, geht am Thema und vor allem an einer möglichen Lösung total vorbei.
Wir als moderne Gesellschaft haben seit 1918 (Frauenwahlrecht in Deutschland) den Kirchen nach und nach ihre frauenerniedrigenden Gesetze genommen und entschärft. Noch nicht alle und der Widerstand ist noch gewaltig, aber es geht voran.
Dies ging nur mit einem dramatischen Umdenken in der Gesellschaft. Dieses gleiche Umdenken müssen wir von allen zu uns einreisenden Machismo-Migranten verlangen. Leider haben die keine 100 Jahre Zeit, ihr Frauenbild zu ändern. Wir sollten also mit Migranten reden, die z.B. aufgrund ihrer eigenen Sozialisation bereits den Macho in sich überwunden oder nie verinnerlicht haben.
Wir sollten versuchen, mit diesen "Immunisierten" Kurse zu organisieren, wie sie ihren Macho-Kollegen aus dem gleichen Land nahebringen, dass Frauen bei uns anders leben dürfen, weil sie gleichberechtigt und gleichwertig zu Männern sind - und nicht, weil sie unreine Schlampen oder Huren wären, die Freiwild seien.
Dieser schwierige Prozess wird einfacher, wenn auch unsere Gesellschaft bekennt, welchen Schaden die christliche Religion bei der Emanzipation der Frau angerichtet hat. Schonungslos! Letztendendes: welchen Schaden die Idee des patriarchalen Monotheismus insgesamt anrichtet.
Denn wer sich zunächst an die eigene Nase fasst, kommt glaubwürdiger rüber. Da sind dicke Bretter zu bohren, aber wenn wir nicht anfangen, gibt es Jahr für Jahr mehr Chaos. Alle gesellschaftlichen Kräfte müssen daran mitwirken - auch die "C"-Parteien...