Bund fördert "Eckigen Tisch" mit 400.000 Euro

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Vergangenes Jahr übergaben Betroffenenvertreter den religionspolitischen Sprechern verschiedener Bundestagsfraktionen eine Petition, die das Parlament zum Handeln bei der Aufarbeitung sexueller Gewalt in der Kirche aufforderte. Im Bild ist die symbolische Überreichung von Matthias Katsch (Eckiger Tisch, rechts) an Lars Castellucci (SPD, zweiter von links) vor dem Reichstagsgebäude zu sehen.
Petitionsübergabe von Matthias Katsch an Lars Castellucci

Am Mittwoch haben die Abgeordneten des Haushaltsausschusses des Bundestages beschlossen, dass der Verein zur Unterstützung von Betroffenen sexueller Gewalt in der Kirche Eckiger Tisch in Zukunft mit 400.000 Euro aus dem Etat des Bundesinnenministeriums gefördert wird. Der Geschäftsführer der Organisation zeigte sich in einer ersten Stellungnahme hocherfreut über die Entscheidung.

"Bei Eckiger Tisch e.V. leisten Menschen, die selbst in Kindheit und Jugend Opfer von sexueller Gewalt durch Kirchenbedienstete wurden, bereits seit zwölf Jahren unschätzbar wertvolle Arbeit für andere Betroffene. In der Ampel-Koalition haben wir uns auf Initiative der SPD sehr schnell darauf verständigt, dass wir diese Arbeit finanziell unterstützen wollen", wird Martin Gerster, für den Etat des Bundesinnenministeriums verantwortlicher SPD-Haushaltspolitiker, in einer in seinem Namen versendeten Pressemitteilung zitiert. Man schaffe dafür nun einen eigenen Titel im Bundeshaushalt; "und zwar in dem Kapitel, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Bereich der Kirchen betrifft."

Der Zuschuss soll den Aufbau einer Geschäftsstelle und eine personelle Verstärkung des Vereins ermöglichen sowie online die Schaffung eines niedrigschwelligen Beratungsangebots und einer Austauschmöglichkeit.

Man lasse die Kirchen nicht aus ihrer Verantwortung für die Aufarbeitung von sexueller Gewalt und Missbrauch. Die Bundesregierung werde per Beschluss aufgefordert, mit dem Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) als Rechtsträger der Deutschen Bischofskonferenz über eine finanzielle Beteiligung an den Kosten zu verhandeln. "Entscheidend ist für uns Abgeordnete aber, dass auch bei einer Kostenbeteiligung die Unabhängigkeit der Selbstorganisationen und deren Arbeit in jedem Fall gewahrt bleibt", so Martin Gerster.

Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt brauche insgesamt mehr Tempo, mehr Verbindlichkeit und mehr Transparenz, findet Lars Castellucci, kirchen- und religionspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. "Sexualisierte Gewalt gehört zu dem Schlimmsten, was Kindern und Jugendlichen angetan werden kann. Häufig geht es um die Täter, während die Opfer viel zu wenig gesehen, gehört und unterstützt werden." Auch die Aufarbeitung könne nur mit den Betroffenen gelingen. Dazu müssten sie in ihrer Selbstorganisation gestärkt werden, wofür nun eine Basis geschaffen werde.

Man freue sich sehr über die beschlossene Förderung, teilte Matthias Katsch, Geschäftsführer des Eckigen Tisches, in einer Stellungnahme mit. "Wir sehen darin eine Anerkennung des Engagements von Betroffenen, die sich seit 2010 für die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals, für Hilfe und Entschädigung der Betroffenen eingesetzt haben. Auf diese Weise werden wir an den Aufarbeitungsprojekten im kirchlichen Raum aktiv mitwirken können und wir werden Betroffene und lokale Initiativen dabei unterstützen, sich zu engagieren. Die Vernetzung und der Austausch von Betroffenen ist ein wichtiger Aspekt der persönlichen Bewältigung, aber auch ein wichtiger Beitrag zur institutionellen und gesellschaftlichen Aufarbeitung sexueller Gewalt." Der Beschluss sei ein weiteres Zeichen, dass der Bundestag und die aktuelle Regierungskoalition den Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch und den Einsatz für die Opfer zu einem wichtigen politischen Thema mache.

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