Rezension

Colin Goldners kleiner Sammelband "Vegan's Digest"

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Colin Goldner, ein durch Esoterik-Kritik bekannt gewordener Wissenschaftsjournalist, hat den kleinen Sammelband "Vegan's Digest" veröffentlicht. Darin werden in 28 Kommentaren viele gegenüber dem Veganismus bestehende Zerrbilder widerlegt. Außerdem nimmt er esoterisch geprägte Auffassungen auch und gerade zu gesundheitlichen Fragen ins Visier. In aufklärerischer Absicht werden damit immer wieder polemische Formulierungen mit informativen Sachargumenten verbunden.

Wer ein veganes Restaurant aufsucht, wird mitunter mit esoterischer Werbung konfrontiert. Damit entsteht der Eindruck, es würde hier einen Einklang geben. Dagegen argumentiert Colin Goldner seit Jahren an. Der promovierte klinische Psychologe hat zu Tierrechten und Veganismus zahlreiche Veröffentlichungen vorgelegt, worin er Erkenntnisse aus den unterschiedlichsten Wissenschaftsdisziplinen vorträgt. Danach lässt sich ein Appell für eine vegane Ernährung eben nicht esoterisch, sondern streng wissenschaftlich begründen. Für diese Grundposition wirbt er auch in regelmäßigen Kolumnen, die im Magazin Kochen ohne Knochen erscheinen. 28 dieser Beiträge finden sich jetzt in einem Sammelband. Er trägt den etwas ideenlosen und irritierenden Titel "Vegan's Digest". Es handelt sich um eine Ansammlung ganz unterschiedlicher Beiträge, die noch nicht einmal alle um Ernährungsfragen oder Veganismus kreisen. Auch und gerade Einwände gegen esoterische Erkenntnisvorstellungen und Gesundheitspraxen sind mehrfach ein Thema.

Cover

Am Anfang steht ein Beitrag, der sich kritisch mit der Berichterstattung auf Spiegel Online beschäftigt, worin zum Veganismus immer wieder Zerrbilder auszumachen sind. Goldner liefert hier bedeutsame Klarstellungen auf engem Raum. In einer solchen Konzentration ersetzen sie gar dicke Monographien. Dem folgen dann Kommentare zu ganz unterschiedlichen Themen: Da geht es um das Leben von Tieren im Zoo und vegane Ernährung für Hunde, um Quacksalberei bei alternativer Tierheilkunde und christliche Bilder von Tierheiligen, um Indiens heilige Kühe und die bei muslimischen Opferfesten vorkommenden Schlachterorgien, einmal um telepathische Tierkommunikation und Happy Vegan Coaching-Phänomene. All diese Beiträge durchziehen gelegentlich sarkastische Kommentare. Dominierend sind demgegenüber aber die wissenschaftlichen Argumente, welche das Gesagte jeweils untermauern, wobei aber leider keine genauen Belege angegeben werden, handelt es sich doch eben um Kommentare.

Es gibt auch Beiträge zu etwas merkwürdigen Kontexten: So wird doch immer wieder mit postulierter Ernsthaftigkeit darauf hingewiesen, dass angeblich Hitler ein Vegetarier gewesen sei. Die diesbezüglichen Fakten werden von Goldner geradegerückt. Berechtigt macht er in seinen Ausführungen darauf aufmerksam, dass auch Belege dafür nicht wirklich relevant wären. Gleiches gilt für eine vegane Kochshow von zwei Neonazis auf YouTube, handele es sich dabei doch um Bemühungen zum Einwirken auf die vegane Szene. Und dann ist auch noch eine Kritik einer linken Veröffentlichung interessant, welche einen von Menschenhass und Tierliebe bestehenden Zusammenhang postuliert. Gekonnt nimmt Goldner die absonderlichen Postulate auseinander. Zwar gibt es tatsächlich bei Personen ein solches Phänomen, daraus lässt sich aber keine Verallgemeinerung ableiten. Eine Aneinanderreihung von Einzelfällen reichte wohl dem linken Konkret-Verlag, um ein solches mittlerweile aber vergessenes Buch ohne größeren Einfluss auf den Markt zu werfen.

Goldner widmet sich in den Kommentaren außerdem noch anderen esoterischen Phänomenen, wobei es meist um die gesundheitliche Dimension bei angeblichen Wirkungen geht. Kritische Anmerkungen zu anthroposophischer Heilkunde oder homöopathischen Zuckerkügelchen gehören dazu. Berechtigt wird auf die geringe Aussagekraft von Statements wie "Wer hilft, hat recht" verwiesen. Auch Ayurveda und die Urintherapie werden ebenso wie die Astrologie und der Mondglaube thematisiert. Gelegentlich kann sich der Autor nicht bremsen, wenn er von "Hirnriss" oder "Humbug" schreibt. Berechtigt könnte er fragen, wie man so etwas denn sonst nennen sollte. Denn auch hier dominieren die Fakten und Sachargumente. Gern hätte man zu vielen Aspekten, die Goldner behandelt, eine ausführlichere Darstellung mit entsprechenden Nachweisen gelesen. Denn Aufklärung im Namen der Wissenschaft ist auch hier nach wie vor nötig. Sie würde etwa auch den Aberglauben gegen und nicht im Veganismus ins Zentrum stellen.

Colin Goldner, Vegan's Digest, Aschaffenburg 2022, Alibri-Verlag, 147 Seiten, 14 Euro

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