Rezension

Konventionelle Ernährung und ihre Folgen: Ein Plädoyer für eine "vegane Revolution"

Der Aktivist und Publizist Christian Vagedes legt mit "Die vegane Revolution. Gesünder leben, Tiere schützen und den Planeten retten" ein Buch zum den Themen des Untertitels vor. Einerseits korrigiert er locker formuliert viele Fehlschlüsse, andererseits geht es aber auch mit der inhaltlichen Struktur immer wieder etwas durcheinander.

In jedem Jahr werden 1.400.000.000 Schweine weltweit geschlachtet, wobei es sich bekanntlich um schmerzempfindliche wie soziale Lebewesen handelt. Aus ihrem Leiden heraus folgt nicht notwendigerweise ein Plädoyer für Vegetarismus oder Veganismus, gleichwohl wäre die Entscheidung dafür eine mögliche Folge menschlicher Reflexionen. Dazu kann noch eine Fülle von anderen Gründen vorgetragen werden, sie reichen von der Gesundheit über die Hungervermeidung und den Klimaschutz bis hin zur Ressourcenersparnis.

Argumente und Daten in diesem Sinne liefert Christian Vagedes, der als Akteur der veganen Bewegung bekannt geworden ist. Er gründete eine Gesellschaft, organisierte Messen und gibt eine Zeitschrift heraus. Seine Auffassungen finden sich komprimiert in dem Buch "Die vegane Revolution. Gesünder leben, Tiere schützen und den Planeten retten", worin einschlägige Erläuterungen in kurzen Kapiteln enthalten sind und in lockerer Schreibe und mit inhaltlichen Zuspitzungen vermittelt werden.

Beispielbild

Eine fiktive Aussicht steht am Beginn, betrachten doch Außerirdische die menschliche Praxis gegenüber Tieren. Ein solches Gedankenexperiment kann sehr erhellend sein, wobei es hier primär um die hohen Todeszahlen geht. Dabei lässt sich auch auf Doppelmoralen und Widersprüche hinweisen. Anspielungen auf das niedliche Lamm, das dann auf dem Teller landet, wären etwa ein solches Thema gewesen. Der Autor nähert sich dann aber mehr sprung- und wechselhaft den verschiedensten Punkten, was ebenso für inhaltliche Abwechslung wie für gelegentliche Unstrukturiertheit steht. So kommt er schon früh zum Käse, der als Nicht-Fleisch so harmlos wirkt. Vagedes verweist hier auf den hohen Wasserverbrauch, was anhand einer Graphik noch einmal genauer veranschaulicht wird. Derartige Informationen, die eben mit belegten Daten und näheren Hintergrundinformationen ergänzt werden, machen dann auch den besonderen Gebrauchswert der Monographie aus. Gleichwohl irritieren immer wieder die inhaltlichen Sprünge mit dann nötigen Verweisen.

Der Autor behandelt aber auch aktuell gerade sehr relevante Gesichtspunkte, wozu etwa der Hinweis auf den zwischen Pandemien und Tierausbeutung bestehende Zusammenhang gehört. Die einzelnen Kapitel beinhalten darüber hinaus inhaltliche Reflexionen, die sich auf bekannte Vorurteile und Zerrbilder beziehen. So werden mit anschaulichen Argumenten und Daten kursierende Fehleinschätzungen korrigiert, sei es, dass vegane Ernährung angeblich zu wenig Nährstoffe enthalte, sei es, dass der Regenwald angeblich durch Sojaanbau gefährdet sei, sei es, dass Kunstlederschuhe unbequemer als Lederschuhe seien. Auch bezogen auf Aspekte wie den Klimaschutz wird auf interessante Zusammenhänge verwiesen. So ist die durchschnittliche CO2-Einsparung in Kilogramm und pro Jahr bei einem Elektroauto minus 100 und bei veganem Essen minus 670. Derartige Aspekte machen auch immer wieder deutlich, dass die ausgewählte Ernährung auf dem persönlichen Teller in einem größeren Zusammenhang steht. Dies gilt in den Dimensionen für Mensch wie Tier wie Umwelt.

Das Aufzeigen von solchen Kontexten macht die Stärken von Vagedes aus. Indessen irritiert der Autor mitunter durch thematische Zwischenschübe. Warum der "Council on Foreign Relations" (CFR) bei all dem eine gewisse Relevanz haben soll, ist ebenso unklar wie die Bedeutung des heute kaum noch wichtigen Kulturphilosophen Oswald Spengler. Dann nutzt der Autor auch Fachbegriffe aus anderen Kontexten, womit seine Ausführungen mitunter eine schiefe Dimension bekommen. Extremismus und Fundamentalismus meinen andere Phänomene als Tierausbeutung. Und dann fehlen die passenden Inhalte zum "Die vegane Revolution"-Titel. Denn damit erwartet man nicht unbedingt nur, dass für eine Änderung der Ernährungsform plädiert, sondern auch ein für die Gesellschaft gangbarer Weg dorthin aufgezeigt wird. Es gibt diesbezüglich interessante Entwicklungstendenzen, ihre Potentiale gilt es auszuweisen. Der Autor konzentriert sich eher auf Begründungen für eine solche Entscheidung. Sie sind kontinuierlich wichtig, kann man aber auch besser strukturieren.

Christian Vagedes, Die vegane Revolution. Gesünder leben, Tiere schützen und den Planeten retten, Frankfurt/M. 2021 (Westend-Verlag), 224 S., 17,95 Euro

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