Der Deutsche Ärztetag distanziert sich von der Homöopathie

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Es ist das klarste Statement, das die deutschen Mediziner jemals zur Homöopathie abgaben: Auf dem 128. Ärztetag in Mainz distanzierten sich die Delegierten am 11. Mai durch einen Beschluss von der umstrittenen Heilmethode. Dennoch fiel die Abstimmung mit 119 Ja-Stimmen bei 97 Gegenstimmen relativ knapp aus.

Im Beschluss stellt der Ärztetag fest, "dass Homöopathie in Diagnostik und Therapie in der Regel keine mit rationaler Medizin, dem Gebot der bestmöglichen Behandlung sowie einem angemessenen Verständnis medizinischer Verantwortung und ärztlicher Ethik vereinbare Option darstellt".

Udo Endruscheit, Sprecher des Informationsnetzwerks Homöopathie (INH), sieht darin einen weiteren deutlichen Schritt, nachdem bereits die Mehrheit der Landesärztekammern sowie die Bundesärztekammer Globuli & Co. aus ihren Weiterbildungsordnungen für Ärztinnen und Ärzte (siehe hier und hier) gestrichen haben: "Offensichtlich hatte auch die Zögerlichkeit der Politik, die gerade erst einen Vorstoß zum Ende der Erstattungsfähigkeit von Homöopathie in der gesetzlichen Krankenversicherung selbst wieder zurückgenommen hatte, den Delegiertenantrag mit initiiert."

Die Ärztinnen und Ärzte appellieren an die Politik, die Homöopathie aus den Abrechnungssystemen zu streichen – sowohl bei der Kassen- als auch bei der Privatabrechnung. Weiter fordern sie, dass homöopathische Mittel den rechtlichen Status als Arzneimittel verlieren sollen, das würde auch ein Ende der Apothekenpflicht bedeuten. Zudem sei es notwendig, den Binnenkonsens im Arzneimittelgesetz zu revidieren. Der sogenannte Binnenkonsens ist eine rechtliche Regelung und erklärt die Homöopathie sowie zwei andere Verfahren zu den "besonderen Therapieformen". Die Krankenkassen dürfen sie bezahlen, "wenn ihre Wirksamkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapieform anerkannt ist". Sprich: Homöopathen dürfen entscheiden, ob Homöopathie Kassenleistung sein kann – obwohl sie nach aktuellem Forschungsstand nicht über den Placeboeffekt hinaus wirkt. Noch.

Es überrascht kaum, dass der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) den Ärztetags-Beschluss als Diskriminierung ihrer Therapieform und als Bevormundung von Patientinnen und Patienten auffasst. Bereits im Vorfeld hatte der DZVhÄ Ängste vor einem angeblich drohenden "Verbot der Homöopathie" geschürt.

Darauf laufe die Entscheidung natürlich nicht hinaus, sagt dazu Udo Endruscheit. Dennoch sei sie mehr als nur ein Signal. Schließlich verorte sie die Homöopathie in der Regel außerhalb der Grenzen wissenschaftsbasierter Medizin und neuzeitlicher ärztlicher Ethik und wolle – entsprechend den Ethikregeln von WHO und Weltärztebund – insofern auch keine uneingeschränkte Therapiefreiheit gelten lassen.

Zwar dürfte angesichts des knappen Wahlausgangs von 116 Zustimmungen zu 97 Gegenstimmen noch immer einige Überzeugungsarbeit erforderlich sein, so Endruscheits Einschätzung. Dennoch dürfte der Beschluss "als Auftrag an die Bundesärztekammer zu verstehen sein, eben solche Überzeugungsarbeit in der Ärzteschaft zu leisten – und bei seinen politischen Bemühungen den Appellen zu einem Ende gesetzlicher Privilegierung von Homöopathie Geltung zu verschaffen".

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