Studie

Differenziertes Bild von Flüchtlingen in der Bevölkerung

welcome-refugees-1032253_1920.jpg

Bei ihrer Forderungen nach einer restriktiven Flüchtlingspolitik brüsten sich konservative und rechte Politiker gern damit dass sie "die Sorgen der Bürger ernst nehmen". Ein differenzierteres Bild von der Stimmung in der Bevölkerung zeichnet eine aktuelle Untersuchung der Uni Köln. So bewertet beispielsweise der Großteil der befragten Anwohnerinnen und Anwohner mit einer Flüchtlingsunterkunft in der Nachbarschaft die Einrichtung positiv.

Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler um Professor Dr. Jürgen Friedrichs, Felix Leßke und Vera Schwarzenberg vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität zu Köln rund 2200 Personen in jeweils zwei Stadtteilen von Hamburg, Köln und Mülheim/Ruhr befragt. Alle lebten in Wohngebieten mit einer Flüchtlingsunterkunft. Die Befragung fand in zwei Etappen statt: Die ersten, mündlichen Interviews erfolgten zwischen Frühling 2016 und Winter 2017, die zweite, schriftliche Befragung im Frühling 2018.

Insgesamt äußerten 47,3 Prozent der Befragten Mitgefühl für Flüchtlinge, 26,5 Prozent haben ein positives Bild von Flüchtlingen. Eine negative Einstellung zeigten nur 5,1 Prozent, allerdings stimmten 10 Prozent der Aussage zu, dass zu viele Geflüchtete aufgenommen worden seien, 12,1 Prozent sprachen sich für einen kontrollierten Zuzug aus.

Dass aktuelle Ereignisse zumindest eine Zeitlang die Stimmung prägen, wurde am das Beispiel der Silvesternacht 2015/16 deutlich. So gaben 32,1 Prozent der Befragten an, die Übergriffe hätten ihre Einstellung zu Flüchtlingen beeinflusst. Bei 8,8 Prozent sei dies vorübergehend der Fall gewesen, bei 59 Prozent gar nicht.

Als weiterer möglicher Einflussfaktor erwies sich der soziale Status der Befragten. Weiter zeigten sich in wohlhabenden Stadtteilen höhere Zustimmungswerte zu Flüchtlingen als in weniger prosperierenden Regionen. In den wohlhabenden Gegenden Hamburg-Harvesterhude und Köln-Rondorf 80 und 84 Prozent, in den sozial schwächeren Gebieten Mülheim, Mitte und Ostheim (Köln) dagegen nur 62 und 67 Prozent.

Überraschend hoch fiel die Zustimmung zur jeweiligen Flüchtlingsunterkunft in der Nachbarschaft aus. Insgesamt äußerte die überwiegende Mehrheit von 72 Prozent dazu eine positive Einstellung, nur 6 Prozent zeigten sich ablehnend. Auch die Forscher hatten das nicht erwartet, sagt Studienleiter Friedrichs: "Wir nahmen zunächst an, dass man zwar Flüchtlingen gegenüber generell positiv eingestellt sein könnte, vor der eigenen Haustür aber dennoch keine Flüchtlingsunterkunft akzeptieren würde. Das trifft nicht zu." Bei der zweiten Befragung hatte sich die Zustimmung sogar auf 94,9 Prozent erhöht. Als Grund vermuten Friedrichs und sein Team Gewöhnungseffekte und positive Erfahrungen.

Die Resultate der Kölner Studie fügen sich in eine zweite aktuelle Erhebung ein. Im aktuellen "Integrationsbarometer" kommt der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) zu dem Schluss, dass das Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft "überwiegend positiv wahrgenommen" wird, "und zwar in allen Bevölkerungsgruppen". Auch hier spielen persönliche Erfahrungen offenbar eine wichtige Rolle. Die Studie basiert auf einer repräsentativen bundesweiten Befragung von rund 9300 Personen.