Neuer atheistischer Blog in Österreich

Einen Athikan braucht das Land

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Logo des atheistischen Blogs "Athikan".

Der Athikan ist ein neuer Blog für Religions- und Theologiekritik mit Fokus aufs Christentum. Begründet wurde er vom Atheisten Balázs Bárány aus Österreich, der im Humanistischen Pressedienst sein Projekt vorstellt.

Im Gegensatz zu Österreich bietet Deutschland eine große Auswahl an religionskritischen und atheistischen Medienangeboten: Podcasts (z. B. "Ketzer 2.0" und "Man Glaubt Es Nicht"), Blogs wie Answers Without Questions, wissenschaftliche Institute wie die Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid) und das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) sowie den Humanistischen Pressedienst (hpd). Obwohl diese für den gesamten deutschen Sprachraum nützlich sind und auch in Österreich gerne rezipiert werden, muss leider festgestellt werden, dass das nur etwa ein Zehntel so große Österreich solche Medienangebote nicht hat.

Berühmte österreichische Blogger wie Niko Alm oder Organisationen wie die Atheisten Österreich veröffentlichen von Zeit zu Zeit Beiträge. Die Atheistische Religionsgesellschaft bloggt vor allem über ihren Kampf um die Anerkennung als Bekenntnisgemeinschaft, in letzter Zeit zum Beispiel in vier Teilen über ihren Transzendenzbegriff. Natürlich findet auch einiges auf Twitter und Facebook statt, das ist aber im freien Internet nicht so sichtbar und ohne Mitgliedschaft auf diesen Plattformen des Überwachungskapitalismus schwer zu verfolgen.

Der Autor dieser Zeilen und Begründer des Athikans schreibt seit einiger Zeit regelmäßig bei den Atheisten Österreich (AÖ) und vereinzelt beim hpd. Es hat sich im Frühjahr 2021 gezeigt, dass eine weitere Plattform für eine andere Art von Inhalten notwendig ist. So ist der Athikan entstanden. Der Name ist bei einem der damals wöchentlichen Online-Stammtische der Atheisten Österreich (die auch nach dem Lockdown regelmäßig stattfinden) als Scherz entstanden, wurde aber sehr positiv aufgenommen. Als Logo wurde ein stilisiertes Kreuz gewählt, das nur mehr an einer lockeren Schraube hängend hin und her schwingt, als Allegorie auf den Zustand des Christentums und der christlichen Theologie.

Der Auslöser für den ersten Beitrag war eine Stellungnahme österreichischer Pastoraltheolog*innen im "theologischen Feuilleton" feinschwarz zur Zukunft der Theologie. Insgesamt sind 17 Namen, großteils aktive oder ehemalige Universitätsprofessor*innen als Autor*innen genannt. Wohl durch die guten Kontakte dieser Personen wurde der Beitrag von verschiedenen anderen Seiten wie Religion beim Österreichischen Rundfunk (kategorisiert unter "Wissenschaft") oder auch der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien verlinkt. In dieser Stellungnahme sollte es um die Zukunft der Theologie gehen – oder die des Theologiestudiums oder der Priester-Ausbildung. Ganz klar geht das aus dem Artikel nicht hervor.

Von einem Text, den 17 Akademiker*innen zusammen erstellen, wäre eine besondere Qualität erwartbar, oder zumindest, dass eine fachfremde, mit Allgemeinbildung ausgestatte Person darin nicht gleich gravierende Fehler findet, einfach nur durch genaues Lesen und Zu-Ende-Denken der Argumente. Bei feinschwarz gibt es auch noch die Redaktion, die die Beiträge überprüfen könnte. Wie auch immer: Die Stellungnahme beschreibt die Wirklichkeit an mehreren Stellen ungenau, enthält innere Widersprüche und illustriert – vermutlich ungewollt – sehr gut den aktuellen Zustand der akademischen Theologie: Eine Beschäftigung, die sich für eine Wissenschaft hält, aber selbst aussuchen möchte, wo ihre Wissenschaftlichkeit durch die Dogmen ersetzt wird, auf die sie aufgebaut ist. Mit einer behaupteten, aber nirgends dargelegten und im Web nicht auffindbaren säkularen Aufgabe.

Die detaillierte Kritik des Textes ist ziemlich lang ausgefallen. Deswegen und auch wegen des sperrigen, eher speziellen Themas hat sich schnell herausgestellt, dass das kein für die Website der Atheisten Österreichs geeigneter Beitrag wird. Also wurde daraus der Startschuss für den Athikan.

Es war auch erwartbar, dass feinschwarz an einem so kritischen Beitrag kein Interesse haben würde, also wurde eine abgeschwächte, verkürzte Kritik nur der zentralen Widersprüche und Absurditäten des Textes als Leserbrief an feinschwarz geschickt. Dort wurde auf Nachfrage mitgeteilt, dass nicht alle Leserbriefe veröffentlicht werden. Somit war schnell der zweite Athikan-Beitrag fertig. Es gab noch einen dritten in diesem Themenkreis, als nach mehr als einem Monat doch noch ein Professor, einer der Autoren, per E-Mail halbherzig zu einzelnen Punkten Stellung nahm. Diese hatten mit der Realität ähnlich wenig zu tun wie das ursprüngliche Manifest und boten Anlass für einen weiteren Dekonstruktions-Beitrag.

Nach dem Zustand der akademischen Theologie kamen andere Themen dran: Zwei von denen, die auch wegen ihres allgemeineren Anspruches größeres Interesse fanden, sind "Die zehn Gebote aus säkularer Sicht" und "Wie du uns bekehren kannst", ein systematisch aufgebauter Fragenkatalog für theistisch religiöse Menschen, die ihre Weltsicht Schritt für Schritt, mit aufeinander aufbauenden statt wild herumschwirrenden Argumenten erklären und anderen nahebringen wollen. Bekehrungsversuche, die diesen Minimal-Standard nicht erreichen, sind sinnlos, weil sie die Essenz der dahinter stehenden Religion nicht erfassen.

Seit der Einrichtung des Athikans wurden pro Monat ein bis zwei Beiträge veröffentlicht. Dieser Takt soll nach Möglichkeit aufrechterhalten werden. Auch Beiträge von anderen, die zum Profil der Seite (Satire oder fundierte Kritik an Christentum und christlicher Theologie) passen, sind willkommen, genauso wie Entgegnungen zu den Beiträgen auf der Seite, soweit sie eine gewisse Qualität erreichen. Die Kontaktadresse dafür ist: feedback[at]athikan.at.

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