Feierstimmung zum "Kirchenaustritt"

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Säuglinge und auch größere Kinder können in Deutschland Mitglieder einer Steuergemeinschaft werden. Dies gilt, wenn Eltern ihre einwilligungsunfähigen Kinder in eine Liegenschaft der Gemeinschaft der Erbsünder zwingen und von einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin, die lustige Kostüme tragen, mit Wasser übergießen lassen. Der Vorgang wird Taufe genannt, ist aber letztlich nichts anderes als eine Vereinsmitgliedschaft mit langfristig erheblichen finanziellen, in bestimmten Fällen auch psychischen Folgen.

Wer sich für die rechtlichen Einzelheiten interessiert und verstehen möchte, warum Kirchenaustritt in Gänsefüßchen steht, dem sei die Erläuterungen des Instituts für Weltanschauungsrecht empfohlen. Es ist ein Genuss, diese irren Regelungen zu lesen. Berichten möchte ich aber von einem Tag der Freude. Aber fangen wir am Anfang an.

Zwar hatte ich meine Eltern bereits in der 8. Klasse darum gebeten, nicht am katholischen (!) Religionsunterricht teilnehmen zu müssen, was sie mir auch erfüllten. Allerdings erfolgte dies eher aus Desinteresse und nicht aufgrund einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Glaubensinhalten. Ähnlich verliefen die folgenden Jahre mit dem Höhepunkt einer verweigerten Firmung, was in der Kleinstadt im hohen Norden eigentlich auch keinen interessierte. Ich denke, in so mancher kleinen Gemeinde in südlichen Gefilden hätte dies zu schweren Konsequenzen geführt.

So kam es letztlich dazu, dass ich erst anlässlich meiner Anmeldung zum Eheschluss, im Zimmer nebenan, meinen "Kirchenaustritt" erklärte. Es war also mehr eine Sache der Effizienz denn der Ratio.

Diese Form der Ignoranz führte leider auch dazu, dass mein Sohn, der nur wenig später geboren wurde, auf Wunsch der Mutter in eine Kirche verschleppt und einem Exorzismus (Taufe, die Lutheraner praktizieren allerdings keinen Exorzismus mehr) unterzogen wurde. Auch ich war dem (Aber-)Glauben verfallen, dass die Kirchen zwar seltsame Dinge verlautbaren, aber doch auch Gutes für die Gesellschaft bewirken. Dass dieses Gute (Kindergärten, Altersheime, Krankenhäuser usw.) gar nicht von den Kirchen finanziert wird, sie einfach nur ihre Fassade davor klatschen und den Mitarbeitern auch noch grundlegende Arbeitsrechte staatlich legitimiert vorenthalten, war mir überhaupt nicht bekannt.

Aber man lernt ja nie aus und je mehr man sich mit dem realen Verhältnis zwischen Staat und Kirchen in Deutschland beschäftigt, umso größer wird das Entsetzen.

Aber genug gejammert, jetzt wird zurückgetauft!

Vater und Sohn mit der Austrittserklärung, Foto: I. Eitelbach
Vater und Sohn mit der Austrittserklärung, Foto: I. Eitelbach

Die Zeit der Aufklärung war mittlerweile gekommen und so sollte der Tag der Apostasie, mein Sohn ist mittlerweile 20, auch gebührend gefeiert werden. Allerdings sollte man wissen, dass sich Staat und Kirche für diesen Fall nicht so leicht geschlagen geben. So ist zunächst einmal zu klären, wie so ein Austritt (eigentlich ist es nur eine Erklärung gegenüber dem Staat, dass man die Steuergemeinschaft verlässt), eigentlich vonstatten geht. Im nördlichsten Bundesland muss man dazu im Standesamt vorsprechen und zwar in der Gemeinde, in der man gemeldet ist. Für Schüler ist dadurch schon einmal die Schwierigkeit der Öffnungszeiten zu bewältigen. Meinem Sohn und mir gelang aber im zweiten Anlauf ein gemeinsamer Termin. Spätestens an dieser Stelle wird der geneigte Leser fragen, warum denn der Alte unbedingt dabei sein musste. Nun, die Erklärung hat wie fast immer bei Geschäften mit den Kirchen einen finanziellen Hintergrund. Säuglinge gelangen ohne großes Federlesen in den Schoß der Jesuskonzerne, raus geht es aber nur, wenn man den kirchlichen Klingelbeutel, bzw. den des Erfüllungsgehilfen, mit Barem füllt.

Die Mutter wollte nicht bezahlen, der Sohn ist ohne Einkommen, also blieb mir nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen. Bei uns ist es ein ziemliches Schnäppchen, nur 20 Euro wurden fällig und es hat sich gelohnt. Die Standesbeamtin war eine äußerst freundliche Person, die uns kurz und schmerzlos behandelte. Meiner Bitte, ein Beweisfoto von meinem Sohn, mir und der Urkunde zu machen, nahm sie fröhlich auf und gab zu Protokoll, dass ihr sowas noch nie passiert sei. Immerhin meinte sie, dass es doch irgendwie fairer sei, wenn der Kircheneintritt im Erwachsenenalter vollzogen würde, wenn man davon ausgehen kann, dass die jeweilige Person weiß, was sie tut. Die Saat der Aufklärung geht also auch in deutschen Amtsstuben auf.

Als könnte der Tag nicht noch schöner werden, wurden wir bei Oma zum zweiten Frühstück erwartet, wo uns offenbart wurde, dass auch meine Mutter gerade aus der Kirche ausgetreten war. Halleluja!

Die Austrittserklärung wird einen besonderen Platz einnehmen. Zwar ist eine Rasterfahndung nach Menschen, denen man aus fadenscheinigen Gründen doch noch Kirchensteuer abjagen kann, wie in Berlin und Brandenburg, in Schleswig-Holstein noch nicht üblich, aber man weiß ja nie, was die Konzerne sich noch alles einfallen lassen, wenn denn eines Tages die Einnahmen einbrechen sollten.

Wir werden diesen denkwürdigen Tag in Ehren halten und jährlich begießen.