Yoga und Islam

Glaubenshüter fürchten hinduistische Dehnübungen

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Wenn Muslim*innen Yoga machen – beten sie dann automatisch zu hinduistischen Göttern? Das Thema Yoga erhitzt in islamischen Kreisen die Gemüter. Das geht so weit, dass Islamisten mit Gewalt Menschen von ihrer Yoga-Matte reißen. Andere geben Tipps, wie Yoga islamisch betrieben werden kann – man benennt es einfach anders.

Am Internationalen Yogatag, am 21. Juni, haben Islamisten in der maledivischen Hauptstadt Malé eine Yoga-Veranstaltung gestürmt. In einem Stadion hatten 150 Personen ihre Körper nach den Regeln des Yogas gedehnt. Unter den Teilnehmenden waren auch Regierungsbeamt*innen. Die Angreifer zerrten die Menschen von ihren Yoga-Matten und verwüsteten das Gelände. Die Übungen seien ein Verstoß gegen die Lehren des Islams.

Yoga und Islam – ein schwieriges Thema

In Malaysia wurde Yoga schon vor über zehn Jahren mit einer Fatwa belegt – er sei unzüchtig und eine Gefahr für den Islam. Die obersten Glaubenshüter Malaysias haben eine Fatwa gegen die Körperertüchtigung erlassen – also ein religiöses Edikt gegen Yoga. Der Islam brauche keine fremden Hilfsmittel, die seine Lehre auch noch untergraben und verwässern könnten, heißt es im Edikt. Empört waren damals etwa die "Sisters in Islam". Eine ihrer Anführerinnen sagte: "Der Fatwa-Rat erweckt mit seinem Edikt den Eindruck, Yoga stelle eine Gefahr dar für den Islam. Dabei ist es für die meisten nur eine körperliche Übungsform wie etwa Tai Chi". Rechtlich bindend sind die Fatwas zwar nicht, doch wer dagegen handelt, sündigt.

Das staatliche Religionsamt in der Türkei hat schon 2009 die Bürger vor Yoga gewarnt. Bei Yoga handele sich um eine "neue Glaubensbewegung", die auf fernöstlichen Religionen basiere. Yoga sei ein ein "Zeichen für die Einsamkeit des modernen Menschen" und reine Geld- und Zeitverschwendung. Was Yoga-Lehrer*innen machen, wurde in der Zeitschrift des Religionsamts als "Missionarstätigkeit" beschrieben.

Islamischer Gelehrter: Yoga anders betiteln

Der Orientalist Mark Singleton hat an der University of London zur Geschichte des Hartha Yoga geforscht. Im Interview mit Geo stellt er fest: "Die Vorstellung, dass Yoga zu einer Religion gehören würde, ist also in historischer Betrachtung falsch". Zwar sei der Hinduismus die Wiege des Yoga, die früheste Erwähnung von Yogis in einem Hindu-Epos beziehe sich aber auf Buddhisten. Und: "Es existiert auch eine sehr interessante Strömung im Islam, manche Texte verbreiteten sich bis in die Türkei, und Sufismus und Yoga beeinflussten sich gegenseitig."

Auf der deutschsprachigen Plattform Fatwa Zentrum beantwortet der islamische Gelehrte Nureddin Yildiz Alltagsfragen zum "richtigen" islamischen Leben. Auf die Frage: "Ist es erlaubt, Yoga zu machen?" antwortet er: "Wenn Yoga nur als eine Abfolge von bestimmten Körperbewegungen betrachtet wird, kann kein Beleg gefunden werden, das Yoga als harâm einstufen würde." Und er empfiehlt der fragenden Person: "Nennen Sie es wenigstens nicht Yoga. Sagen Sie dazu Sport oder etwas anderes."

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