Ein Einblick in die Psyche christlicher Weltuntergangs-Prepper

Gott, Familie und Waffen

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Screenshot aus einer der Videokonferenzen, die die besagten Prepper abhalten
Screenshot

Sie tragen "Patriot", "Jesus" oder "Tactical" im Benutzernamen. Manchmal auch schlicht "Mom" oder "Sparky". Eine Gruppe christlicher US-Prepper tauscht sich regelmäßig per Videokonferenz aus. Sie verbindet eine Gruppenidentität, an deren Spitze zwei Dinge stehen: der zweite Verfassungszusatz (Waffenfreiheit) und männliche Dominanz.

Prepper sind Menschen, die sich auf den Zusammenbruch der Gesellschaft vorbereiten. Sie trainieren und horten Versorgungsgüter, um vorbereitet zu sein (engl.: prepare). Der Mann auf dem Bild gehört dazu. Er heißt John1 und stammt aus Arizona. "Niemand kann dich besser schützen als du selbst" ist sein Motto. Das Emblem auf seiner Kappe weist ihn als Three Percenter aus. Die in weiten Teilen extreme Anti-Regierungsbewegung hängt der widerlegten These an, dass im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg nur drei Prozent der Amerikaner gegen die Briten gekämpft hätten. Sie begreifen sich als den harten Kern unter den Patrioten.

John arbeitet hart. Er ist als Tischler für eine Wohnmobil-Ferienanlage tätig. Gleichzeitig lebt er mit seinen beiden Söhnen (19 und 16) in einem Trailerpark. Pistolen, Maschinengewehre und Munition liegen offen in der Wohnung herum. Nach arizonischem Recht ist das legal. John bringt seinen Söhnen den Umgang mit den Schusswaffen bei. Er selbst trainiert nahezu wöchentlich. Wenn John spricht, wählt er seine Worte mit Bedacht. Er äußert sich nie rassistisch, toleriert aber, wenn andere das tun. Auch ist er alles andere als weltfremd. So richtet er für seinen Sohn im Haus eine Quarantäne-Zone ein, als sich dieser mit Covidverdacht selbst isolieren muss. Er ist ein sorgender Vater, der versteht, was es bedeutet, sich und andere zu schützen.

Johns Wut richtet sich allein gegen die Regierung. Dabei bleiben seine Ängste meist abstrakt. Doch seine Familie nicht beschützen können, das hängt für ihn konkret am geltenden Waffenrecht. Manchmal bittet John um Gebete. Angesichts der sozialen Lage und dem Gefühl der Machtlosigkeit, das die Covid-Pandemie verschärft hat, sagt er einmal: "Wir haben sonst nichts mehr." John ist kein christlicher Fundamentalist, der mit Bibelstellen um sich wirft. Doch genauso pauschal, wie er sich gegen die Regierung positioniert, sprechen sich Teile seines Umfelds gegen andere Gruppenidentitäten aus. Einer, der sich als letzte Gehirnzelle einer namentlich hier nicht genannten Demokratin bezeichnet, bringt es auf den Punkt: Er bekämpfe die Entmännlichung der Gesellschaft. John schweigt. Die anderen in der Runde stimmen dem zu.

John steht vor seinem Trailer und filmt den Regen. Nach einer langen Trockenzeit im Wüstenstaat Arizona deutet er den Schauer als Gottes Gnade. Auch die anderen Prepper glauben, dass Gott in ihr Leben eingreift. Einer von ihnen vergleicht die Spaltung des US-Gesellschaft mit einer Bibelstelle, auf die der Untergang folgt. Insgesamt berufen sich die christlichen Prepper jedoch weniger auf Gottes Willen, wie es bibeltreue Fundamentalisten tun, sondern mehr wie Patriarchen: "Wir haben Essen auf dem Tisch und unsere Rechnungen sind bezahlt", sagt einer der Prepper über sich und seine Familie, dann zieht er den Schluss: "Ich denke, Gott passt wirklich auf uns auf." Für ihn und die anderen bedeutet gutes Christsein, die eigene Familie versorgen zu können. Und Gott scheint wirklich mit allem einverstanden, solange dies gelingt.

Manchmal schließt sich John in seinem Schrank ein. Dort filmt er persönlichere Videobotschaften. Einmal fragt er in die Preppergemeinde angesichts eines möglichen Untergangs: "Was ist eigentlich mit denen, die es nicht geschafft haben, sich vorzubereiten? Wir haben sie ja gewarnt. Würdet ihr ihnen helfen, wenn sie dann an eure Tür kämen? – Ich würde", sagt John.

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  1. Name geändert ↩︎