Missionare in Brasilien

Gottes Wort und das Coronavirus im Gepäck

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Sichtung einer isolierten Gruppe beim Über­fliegen des brasilia­nischen Bundesstaates Acre (2012)
Sichtung einer isolierten Gruppe beim Über­fliegen des brasilia­nischen Bundesstaates Acre (2012)

Eine Gruppe von evangelikalen Missionaren will isolierte indigene Völker im westlichen Amazonasgebiet Brasiliens mit dem Hubschrauber besuchen und zum christlichen Glauben bekehren. Dies berichtet das Online-Magazin Mongabay. Mit dem Vorhaben verstoßen die Missionare gegen die Anweisungen der Behörden und missachten den Wunsch der Indigenen, Kontakt mit der Mehrheitsbevölkerung zu zu vermeiden. Und, in Zeiten von Covid-19 besonders gravierend: Sie bringen Krankheitserreger mit, denen die Indigenen schutzlos ausgeliefert sind.

Traurige Bekanntheit erlangte die Missionsgesellschaft Ethnos 360 (auch: New Tribes Mission) mit ihrem Besuch bei den Zo'é, die als isolierte Gruppe im Norden des brasilianischen Bundesstaat Pará leben. Sie wollten die Indigenen "aus der Finsternis retten", wie es im Missionars-Sprech heißt, doch sie brachten ihnen nur Leid und Krankheit. Viele Zo'é starben nach dem Kontakt 1987 an Infektionen wie Malaria und Grippe. Als ein Team der "Abteilung für indigene Angelegenheiten der brasilianischen Regierung" (Fundação Nacional do Índio – FUNAI) die Region besuchte, zeigten sich die Beamten entsetzt über den desolaten Gesundheitszustand der überlebenden Zo'é. Daraufhin forderte die Behörde die Missionare 1991 auf, die Region zu verlassen. Man geht davon aus, dass zwischen 1987 und 1991 nicht weniger als 45 Zo'é verstorben sind. Nach dem Rückzug der Missionare hat die Bevölkerung wieder zugenommen: Seit 1991 ist die Gruppe von 133 auf schätzungsweise 250 Mitglieder angewachsen.

Die aktuellen Pläne der Missionsgesellschaft erhalten besondere Brisanz vor der Hintergrund der Covid-19-Pandemie, die auch in Brasilien grassiert. Derzeit gibt es dort 2247 Erkrankte und 46 Todesfälle (Stand: 25. März 2020). Zum Schutz ihrer Gemeinschaften haben die Initiatoren das Free Land Encampment, ein jährliches Treffen von 4.500 indigenen Entscheidern, Aktivisten und Journalisten, für 2020 abgesagt. Sie wollen verhindern, dass die Teilnehmenden das Virus weiterverbreiten und in ihre Gemeinschaften tragen.

Ein Teil der Indigenen Brasiliens gehört zu den isolierten Völkern. Die FUNAI untersagt den Kontakt zu ihnen. Doch es ist fraglich, wie lange das Verbot noch hält. Der rechtspopulistische Präsident Jair Bolsonaro macht aus seiner feindseligen Haltung gegenüber den Indigenen keinen Hehl, er will Bergbau und Energiegewinnung in ihren Gebieten erlauben, was die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage zur Folge hätte. Im Februar berief Bolsonaro einen ehemaligen Missionar von "New Tribes Mission", Ricardo Lopez Dias, an die Spitze der Abteilung für isolierte und kürzlich kontaktierte indigene Völker beim FUNAI. In Brasilien kennt man 115 isolierte indigene Gruppen, mehr als in jedem anderen Land der Erde.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen schlagen auch Menschenrechtsorganisationen Alarm. So sprach die Geschäftsführerin der Arns Commssion, Laura Greenhalgh, auf einer Versammlung des UN- Menschenrechtsrats im März, von der Gefahr eines Genozids durch Bolsonaro Poitik. Auch Douglas Rodrigues von der Abteilung für Präventivmedizin an der Universität von São Paulo sieht dringenden Handlungsbedarf. In der Vergangenheit seien Indigene durch Krankheiten wie Masern umgekommen, "aber diesmal sind Atemwegserkrankungen die großen Übeltäter, und das Coronavirus gehört dazu". 

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