Iran: Schwangeren-Register soll illegale Abtreibungen verhindern

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Frauen im Iran
Frauen im Iran

Um "kriminelle Abtreibungen" zu verhindern, sollen im Iran Frauen mit einem positiven Schwangerschaftstests amtlich registriert werden. Medizinische Labore müssen künftig bei einem entsprechenden Testergebnis die Daten der betreffenden Frau an die Behörden übermitteln.

Eine derartige Anweisung der Behörde zur Verbrechensprävention hat der iranische Medizinjournalist Mahdiar Saeedian auf Twitter geleakt. Darin heißt es wörtlich: "Eine Möglichkeit, Abtreibungen zu verhindern, besteht darin, eine Verbindung zwischen Laboratorien und Kliniken zu schaffen, um Mütter mit einem positiven Schwangerschaftstest bekanntzugeben."

Ein religiös-fundamentalistisches Regime raubt Frauen per Erlass die Entscheidungsmacht über den eigenen Körper: Welche konkreten Folgen diese Praxis für ungewollt schwangere Iranerinnen mit sich bringt, schilderte eine iranische Frauenrechtlerin dem US-Fernsehsender ABC News. Bei der Frau, die zum Schutz vor Verfolgung ihren wirklichen Namen nicht nennt, handelt es sich nach eigenen Angaben um eine 29-jährige Ingenieurin, die vor drei Jahren, kurz nach Antritt einer neuen Arbeitsstelle, nach einer Affäre schwanger wurde. Zwar gelang es ihr, illegal eine Abtreibungspille zu besorgen, doch nach der Einnahme sei es zu anhaltenden Blutungen gekommen, ohne dass der Körper den Embryo abgestoßen habe. "Aus Angst vor einer Verhaftung bin ich nicht ins Krankenhaus gegangen", berichtet sie weiter. Hilfe habe sie erst durch eine illegale Abtreibungsklinik erhalten.

Schwangerschaftsabbrüche sind im Iran verboten, Ausnahmen gelten nur in wenigen Fällen: wenn die Geburt das Leben der Mutter gefährden würde oder wenn eine vorgeburtliche Untersuchung auf schwere körperliche oder geistige Fehlbildungen des Fötus' hinweist. Dieser Ausweg steht jedoch ausschließlich verheirateten Frauen offen, allen anderen bleibt nur der – nicht selten lebensgefährliche – illegale Abbruch. Der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim zufolge kommt es in dem Land jährlich zu rund 9.000 legalen, aber mehr als 300.000 illegalen Abtreibungen. Wer einen illegalen Schwangerschaftsabbruch vornimmt, muss mit einer Geldstrafe und bis zu einem Jahr Gefängnis rechnen.

Konservative Politiker wollen diese rigorosen Vorschriften nun weiter verschärfen. Ein neuer, noch nicht verabschiedeter Gesetzentwurf verlangt zusätzlich zur medizinischen Diagnose auch das Urteil eines Richters und zweier islamischer Rechtsgelehrter, damit die Frau ihre Schwangerschaft abbrechen darf.

Indes beteuerte ein Vertreter der Justizbehörde in einem Interview mit dem staatlichen Lokalsender Mazandaran TV, dass das neue Schwangeren-Register lediglich zur Verhinderung von "unprofessionellen Abtreibungen" dienen solle. AktivistInnen wie "Sima" sehen darin freilich nicht mehr als eine Abwiegelungsstratgie, mit der man kritische Stimmen zum Schweigen bringen wolle. Nach ihrer Einschätzung wolle die Islamische Republik mit einer solchen Gesetzgebung einerseits die Kontrolle über die Körper der Frauen behalten und andererseits dem stockenden Bevölkerungswachstum im Land begegnen.

Der Iran betreibt eine offensive Bevölkerungspolitik. Der "Oberste Führer" des Landes, Ayatollah Ali Chamenei, drängte 2014 darauf, die Bevölkerung von damals 75 auf 150 Millionen zu verdoppeln, zwei Jahre zuvor hatte er alle staatlichen Gelder für Aufklärung und Familienplanung gestrichen. Heute leben im Iran rund 85 Millionen Menschen.

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