Die beiden Journalisten Frederik Obermaier und Tanjev Schultz legen mit "Kapuzenmänner. Der Ku-Klux-Klan in Deutschland" eine Darstellung zum Thema vor. Leider fehlt es an Belegen und manche Einschätzung hätte man auch differenzierter begründen können, gleichwohl handelt es sich um ein informatives Buch zu einem keineswegs nur exotischen Phänomen im Rechtsextremismus.
Nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs entstand 1865 oder 1866 – die Quellen sind nicht eindeutig – ein rassistischer Geheimbund: der Ku-Klux-Klan. Mit weißen Kapuzen und weißer Kleidung wurde er bekannt, aber auch durch Lynchmorde an Schwarzen berüchtigt. In den 1920er und dann in den 1960er Jahren erlebte er eine Renaissance in den USA. Auch heute bestehen noch verschiedene Gruppierungen, die ganz offen mit der dortigen neonazistischen Szene zusammenarbeiten. Dabei gibt es auch Ableger in anderen Ländern, und Deutschland gehört dazu.
Zuletzt fand der rechtsextremistische Geheimbund hierzulande größeres Interesse dadurch, dass auch Polizeibeamte ihm angehörten. Da stellt sich die Frage, ob auch in der Bundesrepublik der Klu-Klux-Klan von Relevanz ist. Ihr gehen Frederik Obermaier, Redakteur der Süddeutschen Zeitung, und Tanjew Schultz, Professor für Journalismus an der Universität Mainz, in ihrem Buch "Kapuzenmänner. Der Ku-Klux-Klan in Deutschland" nach. Es will mit Fakten und nicht mit Fiktionen einen Überblick liefern.
Dies betonen die beiden Autoren zu Beginn ausdrücklich, hatte doch 1994 ein TV-Journalist ein Klu-Klux-Klan-Treffen inszeniert, um den dazu passenden Film gut verkaufen zu können. Dieser Betrug erklärt wohl mit, warum danach Journalisten beim Thema längere Zeit eher zurückhaltend blieben.
Obermaier und Schultz stützen ihre Darstellung auf die unterschiedlichsten Quellen. Dazu gehören Akten von Gerichten und Sicherheitsbehörden ebenso wie Gespräche mit Aussteigern und Experten. Auch Besuche historischer Archive gehören zu ihrer Informationsbasis. Denn Ku-Klux-Klan-Gruppen gab es bereits zu Beginn der Weimarer Republik. Deutsch-Amerikaner hatten sie gegründet und in diesem Kontext bereits früh politische Verbrechen begangen. Auch in den 1930er Jahren gab es Kontakte, wobei die Nationalsozialisten aber keine näheren Interessen an einer Kooperation hatten. Und dann entstanden ab Ende der 1950er Jahre einzelne Kleingruppen, meist initiiert von in der Bundesrepublik Deutschland stationierten US-amerikanischen Soldaten.
Nachdem diese Entwicklung ausführlicher dargestellt wurde, springen Obermaier und Schultz in die 1990er Jahre, wo der Klanführer Dennis Mahon von dem deutschen Neonazis Carsten Szczpanski eingeladen wurde. Dieser war ebenso wie der Neonazi Thomas Richter gleichzeitig ein V-Mann der Verfassungsschutzbehörden. Beide unterhielten intensive Kontakte zu den Ku-Klux-Klan-Gruppen, die im Laufe der Zeit an verschiedenen Orten in Deutschland entstanden.
Die Autoren gehen näher auf deren Entwicklung in Baden Württemberg und Berlin ein. Besondere Aufmerksamkeit findet dabei die Tatsache, dass einige Polizeibeamte in derartigen Gruppen aktiv waren. Dies galt auch für den Vorgesetzten der Polizistin, die vom NSU ermordet worden war. Bilanzierend heißt es: "Der Ku-Klux-Klan ist kein Hirngespinst. Er existiert auch hierzulande, mal klein und kümmerlich, dann klein und gefährlich – und mitunter mit weit größerem Gewaltpotential, als Polizei und Politik eingestehen wollten." (S. 239).
Die Autoren haben eine journalistische Darstellung vorgelegt – leider ohne genaue Belege für die jeweiligen Inhalte. Einschätzungen wie die zitierte Bilanz stehen häufig im Raum, ohne sie differenzierter zu erläutern. Gleichwohl hat man es mit einem informativen Band zu tun, der ersten Monographie zur Situation in Deutschland.
Besonders erschreckend sind die Ausführungen zu den Ku-Klux-Klan-Mitgliedern bei der Polizei. Zwar handelte es sich um absolute Ausnahmen, aber so etwas darf in einer Sicherheitsbehörde nicht vorkommen. Berechtigt wird kritisiert, dass die Betroffenen nach ihrer Enttarnung mit einer Versetzung davon kamen. In diesem Kontext wäre übrigens eine genauere Aufarbeitung des Falles um den Vorgesetzten des NSU-Mordopfers wünschenswert gewesen, denn dieser gesamte Vorgang ist bis heute noch nicht überzeugend aufgeklärt.
Auch bei Berücksichtigung der erwähnten Einschränkungen handelt es sich doch um ein beachtenswertes Buch über eine keineswegs nur exotische Erscheinungsform des Rechtsextremismus.
Frederik Obermaier/Tanjev Schultz, Kapuzenmänner. Der Ku-Klux-Klan in Deutschland, München 2017 (Deutscher Taschenbuch-Verlag), 260 S., ISBN 978-3-423-26137-1, 16.90 Euro