William MacAskill und der Effektive Altruismus

Wie man Gutes noch besser wollen kann

BONN. (hpd) Der Philosoph William MacAskill erläutert in seinem Buch "Gutes besser tun. Wie wir mit effektivem Altruismus die Welt verändern können" eine Denkweise, die aus guten Absichten mehr gute Ergebnisse folgen lassen will. Auch an vielen praktischen Beispielen macht der Autor sein aufkläerisches Anliegen deutlich, wobei er aber auf der Ebene individuellen Agierens stehen bleibt, ohne die gesellschaftliche Dimension stärker zu berücksichtigen.

Gute Absichten müssen nicht immer zu guten Ergebnissen führen. Das ist ein Allgemeinplatz, der aber auch für Altruismus gilt. Dies will William MacAskill deutlich machen.

Der Professor für Philosophie in Oxford hat die Organisationen "Giving what we can" und "80.000 Hours" zur Förderung seiner Ideen von einem "effektiven Altruismus" gegründet.

Was damit gemeint ist, beschreibt er in seinem Buch "Gutes besser tun. Wie wir mit effektivem Altruismus die Welt verändern". Die Absicht besteht darin, eine neue Denkweise populär zu machen. Erkenntnisleitende Fragestellung ist dabei: "Wie können wir gewährleisten, dass unsere Bemühungen, anderen Menschen zu helfen, möglichst effektiv sind? Wie können wir vermeiden, ungewollt Schaden zu verursachen, und stattdessen eine größtmögliche Wirkung erzielen?" (S. 14). Antworten darauf wollen Auseinandersetzungen mit konkreten Fallbeispielen geben, wobei: "Effektiver Altruismus bedeutet, mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, möglichst viel Gutes zu tun" (S. 22).

MacAskills Betrachtungen gliedern sich dabei in zwei große Teile: Zunächst geht es ihm darum, die Bedeutung von fünf Schlüsselfragen der gemeinten Denkweise deutlich zu machen: "Wie viele Menschen profitieren davon – und in welchem Maß?" (S. 39), "Ist dies das Wirksamste, das Sie tun können?" (S. 56), "Ist dies ein vernachlässigter Bereich?" (S. 69), "Was wäre andernfalls geschehen?" (S. 83) und "Wie gut sind die Erfolgsaussichten, und wie viel wäre ein Erfolg wert?" (S. 97).

Dabei argumentiert der Autor nicht abstrakt, sondern exemplarisch. Bei Bildungsprogrammen für Entwicklungsländern stellt sich etwa die Frage, welche Maßnahmen bei Mädchen die Möglichkeiten für Schulbesuche verbessern. Es kann unterschiedliche Optionen geben: Geldzahlungen, leistungsabhängige Stipendien, kostenlose Schuluniformen oder die Entwurmung? Die letztgenannte Praxis hat den 15fach höheren Erfolg als finanzielle Anreize. Demnach wäre auch die bestmögliche Art einer Förderung, eben diese und nicht andere Maßnahmen umzusetzen.

Der zweite Teil betrachtet den effektiven Altruismus in Aktion. Dabei geht es um Fragen wie "Welche Hilfsorganisationen bewirken am meisten?" (S. 125), "Wie kann man als Konsument am meisten bewegen?" (S. 154), "In welchen Berufen kann man am meisten bewegen?" (S. 175) und "Welche Anliegen sind am wichtigsten?" (S. 212).

Bezogen auf die extreme Armut, den Strafvollzug in den USA, internationale Arbeitsmobilität, Massentierhaltung, globalen Temperaturanstieg, katastrophalen Klimawandel und andere globale katastrophale Risiken gibt es dezidierte Einschätzungen zu Ausmaß, Vernachlässigung und Lösbarkeit. Bezogen auf Ernährung und Tierwohl macht MacAskinn denn etwa darauf aufmerksam: "Wenn Ihnen das Wohl der Tiere am Herzen liegt, sollten Sie ihre Ernährung umstellen, indem Sie entweder auf die schädlichen Produkte verzichten (...) oder Vegetarier beziehungsweise Veganer werden. ... Wenn Sie etwas für das Wohl der Tiere tun wollen, dürften Sie mit Spenden noch mehr bewirken als mit einer Änderung Ihres Verhaltens" (S. 171).

Der Autor nötigt somit zur kritischen Reflexion auch und gerade über unser altruistisches Verhalten. Er macht dabei deutlich, dass auch gut gemeintes Agieren mitunter überaus kontraproduktiv wirken kann. Gerade darin liegt das aufklärerische Potential des Buchs, das zwar von einem Philosophen stammt, aber dafür eine hohe Praxisorientierung aufweist. Gleichwohl neigt MacAskill zu einer "Mathematisierung" – etwa mit seiner Rede von den qualitätskorrigierten Lebensjahren (QALY) - derartiger Verhaltensweisen. So sehr dies etwa bei Einsichten über die Effektivität von Maßnahmen wie der Verteilung von Mückenschutznetzen zur Bekämpfung der Malaria zielführend ist, so ergeben sich dann doch mit einer solchen Denkweise Probleme bei den 50.000 Dollar für die Ausbildung und Bereitstellung eines Blindenhundes. Außen vor lässt der Autor auch die politische Dimension: Die Frage des richtigen Helfens ist nicht nur eine für ein Individuum, sondern auch und gerade für eine besondere Gesellschaftsordnung mit einschlägigen Normen.

William MacAskill, Gutes besser tun. Wie wir mit effektivem Altruismus die Welt verändern können, Berlin 2016 (Ullstein-Verlag), 288 S., 18,00 Euro