Rund 250 Millionen Euro aus allgemeinen Steuergeldern bringt die öffentliche Hand für die "Luther-Dekade" auf. Der 500. Jahrestag seines angeblichen "Thesenanschlags" soll sogar als bundesweiter Feiertag begangen werden. Doch war Martin Luther ein Mann, den man feiern sollte? Nein, sagt die Giordano-Bruno-Stiftung (GBS), die in ihrer heute veröffentlichten kritischen Luther-Broschüre aufzeigt, dass der Reformator einer der "wirkmächtigsten Vertreter des Judenhasses von Golgatha bis Auschwitz" war.
Für Adolf Hitler war Martin Luther "ein großer Mann, ein Riese", der "den Juden" sah, "wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen." Auch für den evangelischen Landesbischof Martin Sasse, der 1938 (nach der Reichspogromnacht) das Heft "Martin Luther über die Juden: Weg mit ihnen!" herausgab, war der Reformator ein leuchtendes Vorbild, der "größte Antisemit seiner Zeit, der Warner seines Volkes wider die Juden".
Die Nationalsozialisten setzten um, was Luther 400 Jahre zuvor in seiner Hetzschrift "Von den Juden und ihren Lügen" gefordert hatte, nämlich Zwangsarbeit und Zwangsunterbringung für Juden sowie das Niederbrennen ihrer Synagogen. Von Martin Luther übernahmen die Nazis auch den Leitspruch ihres Hetzblattes "Der Stürmer": "Die Juden sind unser Unglück!" Kein Wunder also, dass sich "Stürmer"-Herausgeber Julius Streicher 1946 beim Nürnberger Prozess mit Berufung auf Martin Luther verteidigte: "Dr. Martin Luther säße heute sicher an meiner Stelle auf der Anklagebank, wenn dieses Buch von der Anklagevertretung in Betracht gezogen würde. In dem Buch ‚Die Juden und ihre Lügen‘ schreibt Dr. Martin Luther, die Juden seien ein Schlangengezücht. Man solle ihre Synagogen niederbrennen, man solle sie vernichten."
Den meisten protestantischen Theologen sind diese geschichtlichen Zusammenhänge wohlbekannt, weshalb sie auf kritische Nachfragen durchaus einräumen, dass es bei Martin Luther "dunkle Flecken" und "beschämende Aussagen" gebe. Allerdings legt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) großen Wert darauf, dass hierdurch das öffentliche Bild des Reformators nicht beschädigt wird. Daher soll die Beschäftigung mit Luthers "dunklen Flecken" möglichst Fachkreisen vorbehalten bleiben, während für die breite Bevölkerung das Loblied auf den Verkünder der "Freiheit des Christenmenschen" angestimmt wird - angereichert mit allerhand harmlos-lustigem Luther-Tand wie etwa "Luther-Lutschern", "Luther-Bonbons" oder "Luther-Playmobilfiguren".
Die Giordano-Bruno-Stiftung möchte diesem unkritischen, geschichtsverfälschenden Luther-Bild entgegenwirken. Zu diesem Zweck lässt sie den Reformator in der Broschüre selbst zu Wort kommen. Dabei zeigt sich, dass Luther nicht nur ein besonders verhementer religiöser Judenhasser (Antijudaist) war, der den Begriff der "Judensau" wie kaum ein Zweiter popularisierte, sondern dass er auch im Sinne eines vormodernen Rassismus (Antisemitismus) gegen "die Juden" agitierte. So schrieb Martin Luther im Jahr 1543: "Das israelitische Blut ist vermischt, unrein, verwässert und verwildert worden. … Dieser trübe Bodensatz und stinkender Abschaum, dieser verschimmelte Sauerteig und sumpfige Morast von Judentum sollte die Erfüllung des Messias verdient haben, aber doch nichts weiter ist als ein fauler, stinkender, verrotteter Bodensatz vom Blut ihrer Väter?"
Neben Luthers unbändigen Judenhass werden in der GBS-Broschüre auch die menschenverachtenden Positionen des Reformators gegenüber Frauen, "Hexen", Behinderten und aufständische Bauern dokumentiert. Allerdings kann eine 12-seitige Broschüre nur einen kurzen Einstieg in Luthers Weltbild bieten. Daher verweist der Text zur weiteren Vertiefung auf die aktuelle dreibändige Edition der judenfeindlichen Schriften Luthers, herausgegeben von Karl-Heinz Büchner, Bernd P. Kammermeier, Reinhold Schlotz und Robert Zwilling (allesamt Mitglieder der GBS-Regionalgruppe Rhein-Neckar). Außerdem bezieht sich die Broschüre auf die von der GBS-Rhein-Neckar konzipierte Ausstellung "Von Golgatha nach Auschwitz" sowie auf das gleichnamige Buch von Reinhold Schlotz. Buch und Ausstellung ordnen Luthers Denken historisch ein und belegen anhand zahlreicher Quellen, dass die christliche Judenfeindschaft zwar keine hinreichende, wohl aber eine notwendige Voraussetzung für den Holocaust war.
Wer die Broschüre "Martin Luther: Volksheld – Antisemit – Hassprediger" im Luther-Jahr verteilen oder als Korrektiv zu den offiziellen EKD-Materialien im Unterricht einsetzen möchte, kann gedruckte Exemplare kostenfrei beim Stiftungssekretariat bestellen. Die Onlineversion der Luther-Broschüre ist ab sofort als pdf-Datei über die GBS-Website verfügbar.
Übernahme von der Webseite der GBS.
6 Kommentare
Kommentare
Stefan Dewald am Permanenter Link
Im Rhein-Neckar-Raum kann diese Broschüre gerne bei einer unserer Veranstaltungen persönlich abgeholt werden. Und wenn es ein bisschen mehr sein darf (z.b.
http://gbs-rhein-neckar.de
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Zudem könnte man über den reaktionären Theologen (denn das war er im Grunde) noch eine Extrabroschüre auflegen.
Die Lektüre der aktuelle Ausgabe von "Aufklärung und Kritik" zu Luther lässt selbst den Informierten zum Thema Luthers Theologie noch atemlos zurück.
Ceterum censeo: Luther ist in jeder Hinsicht ein Scheinriese.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Der Kompaktheit der Broschüre ist es geschuldet, dass wir hier nicht ausführlicher auf Luther eingehen konnten. Lediglich die 2.
In der Tat wäre gerade seine Theologie ein Thema für sich. Wenn demnächst der 3. Band unserer Reihe "Luthers judenfeindliche Schriften" erscheint und man sich die Mühe macht, "Von den letzten Worten Davids" zu lesen, dann tritt dem Leser in diesem Text der Theologe Luther in Reinform entgegen. Allein seine Ausführungen zur Trinität verdienten den Deutschen Comedy-Preis - allerdings unfreiwillig.
Luther steckte mit seinem Kopf im finstersten Mittelalter, weshalb er nicht in die Zukunft reformieren wollte, sondern in die Vergangenheit. Bei Muslimen nennt man solche Geistergläubigen "Salafisten". Auch seine Uminterpretation des AT zur Verkündigungsorgie für seinen heißgeliebten Jesus (samt Verfälschungen der von ihm selbst übersetzten Bibelverse) werfen ein deutliches Licht auf Luther und seine theologischen Absichten.
Er wich damit in keiner Weise vom christlichen Mainstream ab, aber er übersteigerte das Ganze auf höchst skurrile Art, die von der heutigen Theologie nicht mehr wirklich ernst genommen wird. Es wäre ja auch zu peinlich, wenn die Gemeinde nach der (lutherschen) Predigt in Gelächter ausbrechen würde...
Kay Krause am Permanenter Link
um es kurz zu machen: wer Luther feiert aufgrund seiner großartigen Taten und den nebenbei angefallenen Schmutz unbeachtet läßt, der kann auch Adolf Hitler und dessen Gesocks feiern.
Meine Güte, ja, nebenbei hat er ein paar Juden umgebracht, aber das zählt doch nicht bei all den großen Taten?!
Jürgen W. Konrad am Permanenter Link
Diese Broschüre am 31. Oktober in jedem deutschen Briefkasten – das würde mir gefallen!
Arno Gebauer, ... am Permanenter Link
„Was Hitler getan, hat Luther geraten, mit Ausnahme der direkten Tötung durch Gaskammern“ (Philosoph Karl Jaspers).
Es ist nicht mehr nachvollziehbar, warum in Deutschland diesem geistigen Brandstifter des Holocaustes immer noch gedacht wird.
Es hat nichts reformiert, sondern nur gespalten.
Nach der These Napoleons ist die Geschichte der Summand aus einhundert Lügen, auf die sich die Forscher geeinigt haben.
Aus Sicht der Menschenrechte war Luther ein übler Verbrecher!
Gruß Arno Gebauer